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Ferdinand Graf Zeppelin

Ferdinand Graf Zeppelin

Titel: Ferdinand Graf Zeppelin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Haug
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signalisiert, sich einmal intensiver mit den Vorschlägen des Grafen befassen zu wollen. Es war ein ewiger Kreislauf: niemand mochte sich ernsthaft mit seinen Vorschlägen auseinandersetzen, keiner der zuständigen Beamten hielt die Sache mit dem Luftschiffen für wirklich durchführbar.
    Allein die gewaltigen Dimensionen seines Fluggerätes schienen das Vorstellungsvermögen seiner Gesprächspartner bei weitem zu überfordern. »Ein über einhundert Meter langes und mehr als zehn Meter breites Luftgefährt wollen Sie bauen, Exzellenz?! Wie soll denn ein solches tonnenschweres Ungetüm jemals in den Himmel steigen können? Das ist ein Ding der Unmöglichkeit!«
    »Nein, ganz im Gegenteil sogar: bei diesen Ausmaßen handelt es sich schlichtweg um eine Notwendigkeit«, begegnete der Graf solchen Vorhaltungen genauso beharrlich wie energisch. »Es ist sogar eine im Grunde genommen ganz einfache Rechnung: wenn sie mehrere Personen und dazu noch eine gewisse Nutzlast über den Himmel transportieren wollen – ob es sich dabei nun um Post, militärisches Gerät oder Waren handelt – dann benötigen sie für den Auftrieb des Flugkörpers einen Stoff in seinem Inneren, der leichter ist, als Luft. Wasserstoffgas beispielsweise. Wenn ich nun die Auftriebseigenschaften dieses Gases in Relation zu dem Gewicht der zu transportierenden Lasten stelle – dazu kommt dann noch das Gewicht der Motoren und der Konstruktion als solcher – dann ergibt sich aus diesen Berechnungen zwangsläufig die Größe des Luftschiffes. Das alles hat folglich mit jener Gigantomanie, die man mir dabei unterstellen will, nicht das Geringste zu tun. Es ist vielmehr eine physikalische Notwendigkeit!«
    Allein am verständnislosen Gesichtsausdruck des jeweiligen Gegenübers sah sich Ferdinand von Zeppelin jedoch nicht nur mit Skepsis konfrontiert, sondern mit einer völligen naturwissenschaftlichen Ahnungslosigkeit, die selbst seine logische Argumentation nicht hatte überwinden können. Die eine Hälfte seiner Gesprächspartner verfügte schlichtweg über keinerlei physikalische Grundkenntnisse und die andere Hälfte … mochte ihm – aus welchen Gründen auch immer – einfach keinen Glauben schenken!
    Schlimmer noch: die meisten hielten ihn für verrückt. Für einen Fall fürs Irrenhaus. Den Narren vom Bodensee hatten sie ihn in Stuttgart genannt. Es war in der Tat zum Verrücktwerden! Denn wie sollte er die Verantwortlichen in Militär und Politik von der Machbarkeit seiner Vorschläge überzeugen können, wenn sie ihm noch nicht einmal die Möglichkeit geben wollten, seine Pläne vorzustellen. Aber ohne das Wohlwollen der obersten Stellen würde man ihm auch keine Experten zur Seite stellen, mit denen er die Konstruktion eines ersten Luftschiffes beginnen konnte. Von den gewaltigen Summen, die dafür aufzubringen waren, ganz zu schweigen!
    Der Narr vom Bodensee!
    In Württemberg schienen die Türen wie vernagelt – selbst bei der Daimler-Motorengesellschaft hatte man wenig Neigung gezeigt, Zeppelins Vorschlag von einer gemeinsamen Konstruktion eines lenkbaren Luftschiffes aufzugreifen. Noch nicht einmal die DMG! Wo es doch niemand anders als Gottlieb Daimler gewesen war, der vor drei Jahren das Wölfertsche Luftschiff mit einem seiner Verbrennungsmotoren ausgerüstet und damit Geschichte geschrieben hatte. Klar, Daimler selbst war nach dem Tod seiner Ehefrau in eine persönliche Krise geraten und hatte inzwischen fatalerweise Investoren in seine Firma aufgenommen, die mittlerweile ausgerechnet ihm und Maybach diktierten, was sie zu konstruieren hätten – und was nicht! Die Erfinder des Explosionsmotors: nur noch Befehlsempfänger in ihrer Firma! Und dieser Aufsichtsratsvorsitzende der DMG, der Rottweiler Pulverfabrikant Duttenhofer, hatte Zeppelins Vorschlägen kühl die Schulter gezeigt. Mehr als die ernüchternde Empfehlung, auf seine eigenen Kosten den Stuttgarter Ingenieur Groß beratend mit in die Luftschiff-Planung einzubinden, war bei dem Gespräch nicht heraus gekommen. Auf eigene Kosten. Auf eigenes Risiko. Auf eigene Verantwortung. Was immer er auch an Initiativen unternommen hatte: er war keinen Millimeter voran gekommen. Zumindest nicht in Württemberg. Da hatten sie noch im vergangenen Jahr in Ulm den höchsten Kirchturm der Christenheit vollendet und dieses Ereignis gebührend gefeiert – als herausragendes Zeichen dafür, was menschliches Genie und Beharrungsvermögen an Großem zu leisten imstande waren – und dieselben Leute,

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