Ferdinand Graf Zeppelin
die sich zu diesen euphorischen Gesängen aufgeschwungen hatten, verweigerten ihm nun jegliche Unterstützung bei einer neuen, ebenso kühnen und genauso machbaren Herausforderung. Wirklich: es war zum Haareraufen! Aber aufgeben? Nein! Niemals!
Und so blieb ihm also gar keine andere Wahl: zwangsläufig sah sich Ferdinand von Zeppelin gezwungen, auch nach dem schmachvollen Ende seiner Militärlaufbahn einen engen Kontakt zur militärischen Führung in Preußen zu pflegen. Ausgerechnet die Preußen! Aber die Sache der Luftschiffe war wichtiger, als irgendwelche persönliche Eitelkeiten.
Am besten, so schien es ihm, sollte er sich ganz direkt an den erst seit wenigen Monaten amtierenden neuen Generalstabschef Alfred von Schlieffen wenden, mit dem er während seiner Berliner Zeit einige gute Gespräche hatte führen können. Ja – genau so würde er es machen. Und damit keiner auf die Idee kommen konnte, es handele sich bei seinen Luftschiffplänen lediglich um haltlose theoretische Spinnereien eines übergeschnappten ehemaligen Soldaten, würde er die Pläne für ein lenkbares Luftschiff, die er aufgrund seiner intensiven Berechnungen und Skizzen in den vergangenen Monaten erarbeitet hatte, gleich zum Patent anmelden. Ein längliches, starres Gerüst aus Metall, bespannt mit Stoff und innen in dem Luftschiff dann die einzelnen, mit Wasserstoffgas gefüllten Zellen, die den nötigen Auftrieb herstellen würden – während außen am Gerüst die Vorrichtungen für die Besatzung, die Motoren und Luftschrauben angebracht werden konnten: die Konstruktion schien perfekt. Vor allem die Idee mit den verschiedenen, voneinander unabhängigen Gaszellen war bestechend – und musste doch hoffentlich auch den anderen einleuchten. Sowohl den Herren im Patentamt, wie auch den Fachleuten beim preußischen Militär!
So musste man es angehen. Pflichtgemäß würde er zuvor natürlich die württembergische Regierung von seiner Initiative beim preußischen Generalstab in Kenntnis setzen. Dann im Juni 1891 die Patentanmeldung, gleich im Anschluss daran der Brief an Schlieffen, in dem er den Generalstabschef bat, einen fachkundigen Offizier nach Stuttgart zu schicken, dem er gerne seine Berechnungen zur ausführlichen Besprechung und Prüfung vorlegen wolle. Und dann hieß es erst einmal abwarten. Realistischerweise standen seine Chancen bestenfalls bei 50 Prozent, dass sein Schreiben bei Schlieffen den erhofften Widerhall finden würde.
Doch das Wunder geschah! Postwendend erfolgte von Schlieffens Antwort: er würde ihm den erbetenen Fachmann schicken. Ungläubig rieb sich Zeppelin die Augen und las das Schreiben ein zweites Mal sorgfältig durch. Kein Zweifel: er hatte Schlieffen überzeugen können.
Und es sollte sich bei dem Experten um den Hauptmann Georg von Tschudi handeln, einen jungen, noch nicht einmal 30 Jahre alten Offizier, der einen ausgezeichneten Ruf als versierter Techniker besaß. Das war der Durchbruch! Denn wenn er dem Mann erst einmal hier in Stuttgart in aller Ausführlichkeit seine Pläne, Skizzen und Berechnungen erläutern konnte, dann war es beinahe unmöglich, dass die Entscheidung zu seinen Ungunsten ausfiele.
In knapp drei Wochen würde Tschudi eintreffen. Bis dahin blieb folglich Zeit genug, um alles perfekt vorzubereiten. Da kam ihm das für kommende Woche geplante Treffen mit dem Augsburger Ballonfabrikanten Riedinger, zusammen mit den Ballonfahrern Parseval und Sigsfeld gerade recht, um noch einmal in aller Ausführlichkeit über den geeigneten Stoff für die Hülle des Luftschiffs, den möglichen Reibungsverlust durch den Luftwiderstand, die Leistungsfähigkeit der neuen Motoren, die Auftriebsfähigkeit des Wasserstoffgases samt der Bezugsquellen von möglichst reinem Gas zu sprechen.
Das Ergebnis dieses Gesprächs war … eine einzige Katastrophe! Voller Zuversicht war Zeppelin mit diesen angesehenen Experten zusammengetroffen und musste dann zu seiner wachsenden Verzweiflung mit anhören, wie einer nach dem anderen all seine Pläne, Annahmen und Berechnungen kategorisch verwarf. Ja, schlimmer noch: alle drei rieten ihm dringend davon ab, das Projekt eines lenkbaren Luftschiffs auf dieser Basis anzugehen. Der Luftwiderstand seines Flugkörpers müsse um ein vielfaches höher angenommen werden, als es der Graf bislang in seine Berechnungen habe einfließen lassen. Kein Motor der Welt und sei er noch so monströs (und damit viel zu schwer!) würde die dafür erforderliche Leistung aufbringen können
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