Ferien Auf Saltkrokan
wohl trotz allem nicht weit, wenn jemand so traurig war wie Pelle jetzt.
»Wie bist du lieb, Tjorven«, sagte Pelle mit rauher Stimme. Er fand auch, daß drei Kronen nicht sehr weit reichten, wenn man so traurig war, aber es half doch ein bißchen, daß Tjorven sie ihm schenken wollte.
Die vier Geheimen saßen in einer Ecke für sich und waren nicht mehr geheim, sondern nur finster. Für diesen Sommer hatten sie sich so viel vorgenommen. Sie wollten ihre Hütte auf Knorken wieder aufbauen. Sie wollten ein neues, viel größeres Floß bauen. Sie wollten eine lange Ruderfahrt zwischen den Inseln machen und zelten und eine ganze Woche wegbleiben. Sie wollten sich den Außenbordmotor leihen und ganz bis nach Kattskär hinausfahren und sich die große Grotte ansehen, die es dort gab. Und dann hatte Björn ihnen versprochen, sie mit auf Fischfang zu nehmen. Und sie hatten vor, auf dem Dachboden des Schreinerhauses ein Hauptquartier für ihren geheimen Klub einzurichten. Noch war es nicht zu spät, noch wohnten Johann und Niklas im Schreinerhaus, natürlich konnten sie dies alles machen, wenn sie wollten. Aber es machte keinen Spaß mehr. Die Lust war ihnen vergangen. Der Glanz war ganz und gar erloschen.
»Es ist komisch«, sagte Johann. »Mir ist alles egal.«
»Mir auch«, sagte Niklas.
Teddy und Freddy seufzten.
Es wurde Nacht. Grankvists waren längst nach Hause gegangen, und die Jungen schliefen. Aber Melcher und Malin saßen noch in der Küche. Dort war es jetzt ganz dunkel. Sie sahen nicht viel mehr als das helle Viereck des Fensters in der Wand und den Schein vom Feuer, der durch die Ritzen der Herdklappe schimmerte. Und sie hörten das Holz knistern und brennen, sonst war alles still. Malin mußte daran denken, wie Melcher das erste Mal Feuer in diesem Herd gemacht hatte. Wie lange war das her, und wie schön war damals alles gewesen!
Melcher hatte den ganzen Abend geschwiegen, aber nun fing er an zu reden. Alle Bitterkeit seines Herzens quoll aus ihm heraus.
»Ich hab versagt, das weiß ich. Vollkommen versagt. Tjorven hat ein wahres Wort gesprochen: Ich hab nicht den richtigen Ruck.«
»Ach, red doch nicht«, sagte Malin. »Natürlich hast du den richtigen Ruck. Das muß ich doch wissen.«
»Den hab ich nicht«, versicherte Melcher. »Sonst würde ich nämlich heute abend nicht so dasitzen und keinen Rat wissen, wenn eine solche Sache passiert. Ich hab als Schriftsteller versagt! Weshalb bin ich nicht lieber Bürochef geworden? Dann wäre das Schreinerhaus vielleicht jetzt unser.«
»Ich will keinen Bürochef im Haus haben«, sagte Malin. »Das will keiner von uns. Wir wollen dich haben.«
Melcher lachte bitter.
»Mich! Wozu wollt ihr mich haben? Ich kann meinen Kindern nicht einmal einen Sommer in Ruhe und Frieden bieten. Und dabei wollte ich euch so viel geben, wirklich, Malin, ich wollte euch alles geben, was gut und schön und wunderbar ist in diesem Leben.«
Er verstummte, er konnte nicht fortfahren.
»Aber das hast du doch getan, Papa«, sagte Malin ruhig. »Wir haben alles bekommen, was in diesem Leben gut und schön und wunderbar ist. Von dir, nur von dir! Und du hast uns gern gehabt. Das ist das einzige, was wirklich von Bedeutung ist. Wir haben es immer gespürt, wie gern du uns hast.«
Da weinte Melcher. Was hatte Malin gesagt? Er würde noch vor dem Abend weinen.
»Ja, das habe ich«, schnaufte er. »Ich habe euch gern gehabt. Wenn das von Bedeutung ist, dann …«
»Es bedeutet alles«, sagte Malin. »Und deshalb will ich nicht hören, ich hätte einen Vater, der versagt hat. Dann mag es mit dem Schreinerhaus gehen, wie es will.«
Eine Wohnung zuäußerst im Meer
Sie erwachten am nächsten Morgen alle mit dem einzigen Gedanken: Heute um vier Uhr geht Karlberg zu Mattsson in Norrtälje und kauft das Schreinerhaus.
Trotzdem versuchten sie, sich normal zu verhalten und so zu tun, als wäre es ein ganz gewöhnlicher Tag. Ein ganz gewöhnlicher Tag, der mit dem Frühstück am Gartentisch begann und mit den gewohnten Wespen, die das Marmeladenglas umschwirrten. Die armen Wespen, sie taten Pelle leid!
»Denkt nur, wenn Karlberg das Schreinerhaus abreißt, dann geht das Wespennest auch mit drauf.«
»Ja, es ist die einzige Art und Weise, wie man es wegbekommt«, sagte Melcher trocken. »Man reißt das ganze Haus ab – daß wir daran noch nie gedacht haben!«
Dann entstand ein langes, nachdenkliches Schweigen, und mitten hinein kam Tjorven. »Herr Melcher, bist du schwerhörig? Wie
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