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Ferien mit Mama und andere Katastrophen

Ferien mit Mama und andere Katastrophen

Titel: Ferien mit Mama und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Kasch
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wären die Einzigen. Wer weiß, wie viele Zettel dieser Nikos jeden Sommer verteilte. Bestimmt Hunderte. Bisher waren mir Jungen irgendwie egal gewesen. Ich wusste auch nicht, warum es auf einmal so anders war. Grimmig beobachtete ich die Gruppe, die immer näher kam.
    Plötzlich fuhr ich erschrocken auf. Das Geräusch eines angelassenen Motorrades zerdonnerte die Stille des Hofes. Ich schwöre, ich wollte da überhaupt nicht hingucken. Aber dann guckte ich doch. Drüben am Wohnhaus stand eine funkelnde Maschine in der Sonne. Auf der saß Nikos mit schwarzen Jeans, barfuß und in einem offenen weißen Hemd und machte gerade seinen Helm zu. Tu jetzt irgendwas Gescheites, dachte ich aufgeregt. Aber mir fiel nichts ein! Da gab er noch einmal Gas und rollte langsam vom Hof.
    Als er auf meiner Höhe war, nickte er mir kurz zu. Und ich – ich nickte zurück. Dann preschte er den Berg hinunter und verschwand in einer dicken Staubwolke. Na, wenigstens von einem war ich jetzt überzeugt: Der Zettel war wirklich für mich gewesen. Hekate, steh mir bei! Ich hatte genickt. Und das hieß ja wohl, dass ich kommen würde.

Der Öleinkauf hatte auf die Lehrer wie ein Wunder gewirkt. Beladen mit Flaschen wanderten alle beschwingt den Berg hinunter. Jetzt hatten sie endlich ihren Beweis für daheim, dass sie auch wirklich auf Kreta waren – echtes kretisches Öl. Ich arbeitete noch an meinem – ein bisschen braun war ich trotz aller Wanderei schon geworden. Nur Mama war heute durch nichts zu begeistern. Sie hatte sich in ihren Badelatschen die Zehen aufgescheuert. Langsam humpelte sie hinter uns her.
    Bei aller aufkeimenden Sympathie – durch diese Bummelei verfielen die Lehrer wieder in ihre grimmige Haltung. Als wir eine halbe Stunde später in den Bus stiegen, erwartete uns niemand mit einem Lächeln. Kubasch zuckte mit den Schultern, dann konnte der Bus endlich weiterfahren.
    Zadek hielt stolz zwei Ölflaschen auf dem Schoß. »Meinst du, das ist ein schönes Geschenk?«, fragte er mich leise, als wir von der Schotterpiste auf den kretischen Highway einbogen.
    Ich schaute ihn an. Bisher hatten wir beide den direkten Kontakt zueinander gemieden, deshalb konnte ich seine Frage nicht gleich einordnen. Fragte er mich das nun als mein Lehrer? Denn als Spezialistin für Olivenöl fiel ich wohl von vornherein aus.
    »Für wen sind die denn?«, fragte ich unsicher zurück.
    »Für meine Frau.«
    Johnny Depp war verheiratet? Und warum war er dann allein im Urlaub? Aber eigentlich wollte ich das alles gar nicht wissen.
    »Was meinst du, Sophie?«, ließ er nicht locker.
    »Na ja«, stotterte ich, »vielleicht finden Sie … ja noch was Besseres.«
    Enttäuscht schaute er auf seine beiden Errungenschaften. Schließlich drückte er mir die Flaschen in die Hand. »Wahrscheinlich hast du Recht«, sagte er und verfiel wieder in sein brütendes Schweigen.
    Ich wusste ja nicht, was er angestellt hatte, dass seine Frau nicht mit ihm zusammen nach Kreta wollte. Aber egal, was es war, zwei Ölflaschen würden es bestimmt nicht wieder gutmachen. Was mich wieder auf die Frage zurückwarf: Was wollte ich denn?
    Mit dem kleinen Zettel heute Früh hatte sich irgendwie alles verändert. Ich wollte etwas, von dem ich vor drei Tagen noch nicht einmal wusste, dass es das überhaupt gab: Nikos und dieses komische Gefühl, das mit ihm in meinen Bauch eingezogen war. Gleichzeitig wollte ich das alles überhaupt nicht, denn es machte mir Angst. Davon, dass man sich plötzlich selbst nicht mehr kannte, hatte Luise nämlich nichts erzählt.
    Welch ein Glück, dass wenigstens Kubasch wusste, wo es langging. So, wie es aussah, kannte er die Insel wie seine Westentasche. Und El Greco war so was wie ein alter Bekannter von ihm, den wir jetzt besuchten. Eigentlich hieß er Domenikos Theotokopoulos, was aber kein Nichtgrieche aussprechen kann. Da war ich mit Nikos wenigstens auf der sicheren Seite.
    Als wir zwei Stunden später aus dem Bus kletterten, standen wir in einem staubigen Straßendorf, das nicht gerade nach großer Kunst aussah. Aber so konnte man sich täuschen, wenn man keine Ahnung hatte. Die Studienräte stürmten gleich voran, Kubasch konnte kaum Schritt halten.
    Mama biss die Zähne zusammen. Während der Busfahrt hatte sie sich Taschentücher zwischen ihre Zehen gerollt. »Geh ruhig«, sagte sie, »ich komme nach.«
    Ich hatte aber keine Lust auf Kunst.
    »Nun geh schon«, drängelte sie. »Ist bestimmt interessant.«
    Ich seufzte und tat ihr

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