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Ferien mit Mama und andere Katastrophen

Ferien mit Mama und andere Katastrophen

Titel: Ferien mit Mama und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Kasch
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Schulter gelegt und schlief. Doch Sophie Fischer war wach, hellwach.
    Als wir endlich beim Hotel ankamen, war das Abendbüfett schon abgeräumt. Kubasch organisierte uns noch einen kleinen Imbiss. Ich half freiwillig mit, das Essen aus der Küche zu tragen, obwohl ich mich kaum mehr auf den Beinen halten konnte. Aber weder der Küchenchef noch der Frühstücks-Opa ließen sich blicken.
    Irgendwer kam dann noch auf die Idee, gemeinsam schwimmen zu gehen. Mama stöhnte, doch mir war es sehr recht, so konnte ich unauffällig den Strand inspizieren. Vielleicht versuchte Nikos ja inzwischen, mich ebenfalls zu finden? Er konnte schließlich nicht wissen, dass wir den ganzen Tag durch irgendwelche Schluchten gekrochen waren. Hoffentlich dachte er nicht, wir wären inzwischen abgereist, oder schlimmer, ich wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben.
    Ich rannte auf unser Zimmer, riss mir die schweren Schuhe von den Füßen und suchte meinen Bikini. Als Mama zur Tür hereinkam, war ich bereits fertig umgezogen. Ich lief an ihr vorbei und dann zum Strand hinunter.
    Mein Blick durchbohrte die warme Dämmerung. Margarete und Altgriechisch drehten zusammen mit dem Sportlehrer aus Wuppertal eine Runde im Meer. Kubasch hatte sich eine Liege ins Wasser gestellt und kühlte seine Füße. Und Zadek machte mit verschränkten Armen Kopfstand. Von Nikos weit und breit keine Spur. Ich legte mich erschöpft ins warme Wasser und ließ mir die Wellen über den Rücken laufen.
    Mama saß auf unserem Balkon und rauchte. Das tut sie eigentlich nur aus zwei Gründen: wenn es ihr total übel geht oder wenn sie vor Glück zerspringt. Es hätte mich also schon interessiert, weshalb sie da oben die Friedenspfeife rauchte, zumal sie die ganze Wanderei über schon so seltsam drauf gewesen war. Aber ich war einfach zu müde, um darüber nachzudenken.
    Irgendwann war ich mit Zadek, der immer noch seine Übungen machte, allein am Strand. Das war ein ziemlich komisches Gefühl. Ich konnte mich aber einfach nicht vom Wasser trennen. Obwohl er sich ja gestern als mein Lehrer geoutet hatte, hielt er sich trotzdem mächtig zurück. Auf der Wanderung hatte er fast die ganze Zeit geschwiegen und kein einziges Mal mehr telefoniert. Jetzt kam er langsam zu mir herüber.
    »Und, was hast du nun vor, Sophie?«, fragte er mich.
    Vor Schreck verschluckte ich mich an der nächsten Welle. Der kannte mich ja noch besser als Mama und Kubasch zusammen, denn diese Frage geisterte mir schon den ganzen Tag durch den Kopf. Nur eine Antwort hatte ich noch nicht gefunden.
    »Komm, lass uns hochgehen, Sophie«, sagte er. »Vielleicht fällt dir ja morgen was ein.«
    Er hielt mir seine Hand hin. Und da musste ich auf einmal weinen. Ich weiß nicht, ob das an seiner Stimme lag. Dieses sanfte »Komm« löste einen wahren Gebirgsbach in mir aus, denn in dem Moment wurde mir klar, dass ich Nikos nie wiedersehen würde, weil das ohne Hilfe einfach nicht möglich war.
    Ich weiß nicht, wie lange ich dastand und heulte. Zadek hielt unbeirrt meine Hand, bis ich mich wieder beruhigt hatte. »Sophie, eine Chance haben wir noch«, sagte er und schaute mir dabei so fest in die Augen, als würde sein Leben davon abhängen.
    Wir? Da ahnte ich, dass es jemanden gab, der mindestens genauso verzweifelt war wie ich. Später habe ich oft über diesen Moment nachgedacht, doch es gab nichts, weshalb ich mich hätte anders entscheiden sollen. Verliebte und Verrückte vereint eines in der Not: Sie halten ihr Tun für absolut logisch. Und Zadeks Plan machte absolut Sinn.
    Am kommenden Tag fuhren wir nämlich nach Knossos, zum Palast des König Minos. Und dort an der heiligen Stätte lag sie, unsere letzte Chance. Wir wollten beide heimlich das Orakel befragen. Ich, wo ich Nikos finden konnte, und Zadek, ob er bei seiner Frau noch eine Chance hatte. Und damit auch nichts schiefging, beschlossen wir, dass jeder noch einen Brief schreiben sollte. Wir fanden nichts Außergewöhnliches daran, auf einer Insel der Götter die Götter selbst zu befragen. Und als ich Zadek noch von Hekate erzählte, meiner persönlichen Glücksgöttin, war der Plan endgültig besiegelt.
    Als wir zum Hotel hochgingen, strahlten wir beide wie die Sonne zur ärgsten Mittagszeit. Der Plan hatte nur noch eine große Unbekannte: Wie befragt man ein Orakel eigentlich?

Die halbe Nacht lag ich wach und grübelte, während Mama tief und fest schlief. Morgen begann unser fünfter Ferientag und er würde alles entscheiden. Plötzlich schoss

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