Ferien mit Oma
seinem Kopf. Plötzlich reckte Max den Hals nach vorn und setzte sich in Bewegung, doch sobald die Pieselangs wieder auf den Wagen sprangen, blieb er stehen.
Schließlich entdeckte Oma, daß die Straße bergan ging. „Steigt alle ab“, rief sie. „Es ist ihm bei der Hitze zuviel, uns zusammen mit dem Wagen den Berg hinaufzuziehen.“
Und richtig, als sie abgestiegen waren, zog Max den Wagen brav auf den Hügel. Oben stiegen sie wieder auf, und das Pferd übernahm klaglos seine schwerere Fracht. Aber bei jedem Hügel und schließlich auch bei jedem Hügelchen spielte sich das gleiche ab. Da die Straße bergauf und bergab ging, befanden sich die Pieselangs in einem ständigen Auf- und Absteigen.
„Wir wollen einen Rastplatz suchen“, schlug Oma vor. Doch rechts und links von der Straße war felsiges Gelände, das nicht zum Rasten taugte. Schließlich kamen sie an einen schmalen Weg mit einem Wegweiser. Darauf stand „Zum Blausee, Campingplatz“. Oma lenkte Pferd und Wagen hinein.
Als sie um eine Kurve bogen, lag das Zeltlager plötzlich vor ihnen. Die gelben, braunen und blauen Zelte standen dicht an dicht am Ufer eines Sees. Aus einer Bretterbude kam ein magerer, dunkelbraun gebrannter Mann in einer Badehose.
„Sie wollen auf den Campingplatz?“ fragte er zweifelnd und kratzte sich sein stoppliges Kinn. „Da ist alles besetzt. Sie sehen ja selber, wie die sich drängeln.“
„Aber da hinten ist noch Platz.“ Oma zeigte auf eine Wiese am Seeufer.
„Da ist’s zu feucht“, sagte der Platzwart, aber plötzlich erhellte sich sein Gesicht. „Ach, Sie können ruhig da hin. Ihnen macht ja Feuchtigkeit nichts aus.“
Zwischen den Zelten war es mittäglich still. Aber als sie den breiten Lagerweg entlangfuhren, streckten sich Köpfe aus den Zelttüren, die sie erstaunt betrachteten. Kinder schlüpften heraus, liefen neben ihnen her, schrien und lachten. Plötzlich war Leben und Lärm. Ein paar junge Burschen, die im Schatten einer Weide hockten und rauchten, stießen sich gegenseitig an. „Guckt euch die an, die sind noch aus dem vorigen Jahrhundert.“
Oma lenkte den Wagen geschickt zwischen den Zelten hindurch zu der feuchten Stelle am Seeufer hin. Sie stieg vom Bock, schirrte Max los und führte ihn etwas entfernt von den Zelten auf die Wiese, wo er zu grasen begann.
Dann legte sie sich zu einer Mittagsruhe aufs Bett. Brigitte setzte sich auf die Wagenstufen, Jan und Peter streiften durch das Lager. Vor einem mittelgroßen Zelt lagen zwei Damen auf einem Badetuch. Sie hatten sich große Strohhüte übers Gesicht gelegt, einen roten und einen blauen, und ließen sich von der Sonne verbrennen. Nur einen Augenblick nahmen sie die Hüte fort, um den grünen Wagen zu betrachten, dann sah die Dame mit dem roten Hut auf die Uhr und sagte zu der Dame mit dem blauen: „Wir müssen uns jetzt umdrehen!“ Darauf legten sich beide auf den Bauch und ließen die Sonne nun ihren Rücken bescheinen.
Vor einem großen Zelt stand ein Blumenkasten mit Geranien. Eine rundliche Frau begoß sie aus einem silbernen Kännchen. Aus einem noch größeren Zelt kamen nach und nach fünf Jungen, der jüngste etwa drei, der älteste ungefähr zwölf Jahre alt. Alle waren rotblond und trugen gestreifte Badehosen. Sie starrten den grünen Wagen und Jan, Peter und Brigitte mit großen Augen an.
„He, ihr Burschen“, rief aus dem Inneren des Zeltes eine strenge männliche Stimme, „jetzt wird Mittagsruhe gehalten, genau bis vier Uhr. Legt euch hin, zack, zack!“
Die drei jüngeren verschwanden sofort im Zelt, während die beiden älteren zu einem kleinen Zweimannzelt schlenderten. Jan und Peter musterten es interessiert.
„Na, gefällt es euch?“ fragte der größere Junge.
„Ist das euer Zelt? Gehört ihr nicht in das große?“ fragte Jan.
„Die Familie wohnt im großen, aber weil wir nicht alle Platz darin haben, zelten wir allein. Wollt ihr’s mal sehen?“
Brigitte beobachtete, wie Jan und Peter mit den beiden Jungen im Zelt verschwanden. Eine Weile hörte sie das gleichmäßige Murmeln von Bubenstimmen, doch dann schwollen die Stimmen an und wurden lauter. Es ertönten einzelne wütende Schreie, und auf einmal begann sich das Zelt zu bewegen. Erst beulte sich die eine Zeltwand aus, dann eine andere. Die Zeltstäbe schwankten hin und her wie ein Schiff im Sturm.
„Oma!“ rief Brigitte entsetzt. Oma sprang auf. Sie hatte wegen der Radiomusik aus den Nachbarzelten sowieso nicht geschlafen. Als sie vor der
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