Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ferien vom Ich

Ferien vom Ich

Titel: Ferien vom Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Keller
Vom Netzwerk:
stöhnte Barthel. »A Jahr lang! Da hat mir der Kerl ’n ganzen Hof ruiniert. Was soll ooch so ’n Sargfabrikant von der Bauernwirtschaft verstehen.«
    »Wieso - Sargfabrikant?«
    Barthel lächelte überlegen.
    »Eener vom Grundhofe kennt ihn. Piesecke is Sargfabrikant in Hannover und heeßt eegentlich Robert Ebbing. Ich hab’ das vom Sargfabrikanten gleich geglaubt; denn ’n sehr traurigen Eindruck macht a doch. Aber ich hab’ mir gesagt, a muß doch da was von der Tischlerei verstehn. Da sollt’ a mir vorgestern ’ne Kiste zunageln. Das hätten Se sehn müssen! Olle Nägel krumm oder in die Luft gekloppt. Das weeß ich: in een Sarg, den der Piesecke gemacht hat, leg’ ich mich arnal nich ! Eh’ da die Sänger mit >Es ist bestimmt in Gottes Rat< fertig wären, bräch’ der Boden und ich läg’ draußen!«
    »Also, das alles glaub’ ich nicht«, warf die blonde Hanne lachend ein; »Piesecke stammt aus einer besseren Familie; das merkt man ihm schon an.«
    Ich zuckte die Achseln.
    »Es darf hier jeder vermuten, was er will.«
    »Meinetwegen mag er sein, was er Lust hat«, sagte Barthel brummig; »Hauptsache, ich wär’ ihn los.«
    »Geduld, Barthel, Geduld!«
    »Geduld braucht ma mächtig viel mit den Städtern. Also fünfundzwanzig Stück Kurgäste hab’ ich jetzt. Außer mit der klee’n Bärbel hab’ ich mit allen Schererei. Na, ich brumm’ nicht etwa, Herr Dukter; für die Ärgerei mit a Städtern bin ich ja da, und hab’ ich ja mein feines Auskumm’. Ich sag’ bloß: Ärger machen se alle.«
    »Aber doch nicht ich!« rief Hanne.
    »Sie ooch«, sagte Barthel melancholisch; »meine Alte is uff Sie eifersüchtig.«
    »Barthel!«
    Dem Mädchen blieb der hübsche Mund offenstehen.
    »Ja, ja, ich hab’ ihr zwar gutt zugered’t und gesagt: Alte Schraube, es paßt sich nich, daß du uff deine alten Tage eifersüchtig wirst. Aber se sagt, es paßt sich nich, daß ich su oft mit Ihn’n plaudere, und ich tät Augen machen.«
    »Was täten Sie machen?«
    »Augen! Nu ja, ich kann doch nich als Blindekuh vor Ihn’n stehn!«
    Das Mädchen machte ein erheuchelt ernstes Gesicht. »Also, Barthel, diese Augen lasse ich nich auf mir sitzen. Ich werde Ihre Frau Gemahlin zur Rechenschaft ziehen.«
    »Um Gottes willen nich! Wenn das rumkummt, schrei’n ja die Leute Feuer!«
    Da trat Frau Susanne Barthel aus der Haustür.
    »Hätt’ ich mir’s nich geducht? Steht a nich schon wieder?« sagte sie.
    »Ja, Frau Barthel«, rief Eva, »und er macht Augen auf mich !«
    »Nich wahr, Fräulein Hanne, Sie haben ooch Ihren Spaß an dem alten Esel?«
    Das Weiblein fing an zu lachen, daß ihr die Augen tränten. »Also, wenn der Augen macht«, schluchzte sie unter Lachen, »da kommt keen gestoch’nes Kalb dagegen auf.«
    »Weib«, schrie Barthel erbost; »du bist eifersüchtig. Du hast keen’ Grund dazu!«
    »Nee, nee«, schlenkerte die dicke Susanne prustend mit den Händen; »du kannst um de ganze Welt rum Augen machen, ’s fällt keene druff rein!«
    Und sie ging vergnügt ins Haus zurück. Barthel stopfte ob des vernichtenden Urteils über seine männliche Anziehungskraft die Hände in die Hosentaschen und sagte:
    »Das is eene Gemeinheit! Immer lacht se, schon wie se noch meine Braut war, lacht’ se mich immer aus.«
    »Seien Sie doch froh, Barthel, daß Sie eine so lustige Frau haben.«
    »Nee, nee, Herr Dukter, olles mit Respekt gesagt, aber das verstehen Se nich! Sie sind nich verheirat’t. Sehn Se, wenn a Weib schimpft, oder wenn se flennt, oder wenn se mit Tellern schmeißt, oder wenn sie furtlooft, könn’n Se sich immer noch Ihren Kopp ufsetzen; aber wenn sie lacht, sind Se geliefert.«
    Nach dieser Bemerkung hob der Philosoph aus dem Volke den Kopf und lachte selber. Und ich benutzte die Gelegenheit und bat Barthel, mir seine Meinung über seine Kurgäste mitzuteilen. So wenig ich mich sonst um den Stand der von mir persönlich nicht behandelten Kurgäste kümmere - wer auf dem Forellenhof lebt, weiß ich. Ach, ich wollte es mir ja immer noch nicht zugestehn, aber ich glaubte oft, daß ich selbst »Augen« auf die schöne Eva Bunkert mache, die hier »Hanne« heißt. Und wenn ich ehrlich sein will, ist das auch der Grund, warum ich gerade die Besucherliste des Forellenhofes kenne. Jetzt sagte ich gutgelaunt:
    »Also, Barthel, schießen Sie mal los mit Ihrem Ärger über unsere Kurgäste.«
    Ich hatte mich inzwischen zu Hanne auf die Bank gesetzt, Barthel hockte auf einem umgekehrten Kartoffelkorbe uns

Weitere Kostenlose Bücher