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Ferien vom Ich

Ferien vom Ich

Titel: Ferien vom Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Keller
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gegenüber. Er machte ein philosophisches Gesicht und sagte: »Ärger kann man’s eigentlich nich nennen, man muß mehr sagen, keen richtigen Respekt nich. Also, vom Piesecke will ich nich reden, der ärgert mich wirklich. Das is ’n Huhn! Wahrscheinlich hat a zuviel Särge gemacht, zuviel Geld ein-genummen und da is es halt su geworden. Aber zum Beispiel der Lempert. Also, in dessen Kurverordnung, die er mir als ’m Hausherrn doch abgeben muß, steht: Aufstehen halb sechs. Um halb sechs geht der Ignaz wecken. Lempert brummt nich amal. Um dreiviertel weckt Ignaz wieder. Lempert schreit: a sull die Schnauze halten! Um sechse geh ich selber und hau an die Tür. Lempert schmeißt seine Stiefel dagegen und schreit, ich sull mich zum Teufel scheren. Um Viertel sieben trommeln wir beide so an die Türe, daß ’s ganze Haus wackelt, ’s rührt sich nischt. Um halb sieben droh’n wir, die Türe einzuhauen. Da kummt Lempert hinter uns die Treppe rauf und fragt seelenvergnügt, warum wir eigentlich vor seiner Tür so eenen Skandal machen; a wär’ doch schon lange munter. Is der Kerl heimlich uffgestanden und hat die Türe von außen verschlossen. Nächsten Tag dieselbe Chose. Um halb sechs Ignaz (Lempert brummt), um dreiviertel sechs Ignaz (Schnauze halten!), um sechs ich (er schmeißt mit Stiefeln). Jetzt, Ignaz< sag ich, >is Schluß, jetzt steht er heimlich uff.< Um neune is ’n Bote vom Rathaus bei mir, warum der Lempert nich zur Kur gekommen sei? Schläft der Vagabund noch! Da soll ma sich nich ärgern!«
    Lempert war ein Rechtsanwalt aus Leipzig.
    »Fahren Sie fort, Barthel. Schildern Sie mir noch einige Ihrer Kurgäste.«
    »Also da ist der Emmerich, der komponiert mir ’n ganzen Hof voll. Auf’m neubehobelten Kartoffelwagen hat a ’n ganzes Brett vollkomponiert, er komponiert die Hausflurwände voll, er komponiert ans Butterfaß, er komponiert auf die Tischtücher, er hat sogar (entschuldigen, Fräulein Hanne!) auf den Klosettdeckel einen Rundgesang komponiert. So ein verrücktes Huhn is das! Ich hab’n gefragt, ob er Kapellmeister oder Kantor wär’, da hat er gesagt: >Nee, er wär’ Gesanglehrer in eener Taubstummenanstalt.< Von sein’n Schülern ließe er seine Kompositionen aufführen. Das nennte sich primitive Kunst. Und gerade so’n Schmierfinke wie der Emmerich is der Maler Methusalem. Das is erst eine Nummer! Der behauptet, er wäre 998 Jahre alt. In zwei Jahren zu Pfingsten feiert a seinen tausendsten Geburtstag. Da will er uns alle einladen. Den nächsten Tag tat’ er dann sterben, da könnten wir gleich zum Begräbnis dableiben. Die Sache hätte sich so zugetragen, daß er vor etwa tausend Jahren ’n mächtiger König gewesen wär’; aber er hätt’ ’n Verbrechen begangen, und da hätt’ ’n een sehr kräftiger Fluch getroffen, und da hätt’ er gleich nach seinem Tode sich immer wieder aus ’m Grabe rausbuddeln und in anderer Gestalt ’n neues Leben beginnen müssen, und es sei immer sehr bergab gegangen mit sein’n diversen Leben, bis er zuletzt hätte als deutscher Maler auf die Welt gemußt. Da sei das Maß seiner Buße voll geworden, und er dürft’ jetzt definitiv sterben. Also - was hat dieser Methusalem gemacht? Ich hab’ ein neues Schaff gekauft, ’s erstemal kommt’s in Gebrauch. Schneeweißes Buchenholz. Da schüttet meine Frau Rüben in das Schaff, pfeift ’m Methusalem und sagt: Methusalem, stampfen Se mal die Rüben hübsch klein! Was macht er? Er beguckt sich das schöne weiße Schaff, dreht’s um, schüttet die Rüben aufs Pflaster und malt auf’m auswendigen Boden vom Schaff meine Alte. Die is nu immer wieder hergelaufen gekommen, hat gelacht und geschimpft auf den Methusalem, und er hat sie immer angeguckt und drauflosgestrichelt. Da is se ausgerückt, und er ’s Schaff sich über ’n Kopp gestülpt und immer hinter der Susanne her. Und wo er sie erwischte, schnell ihr ins Gesicht geguckt und ’n paar Striche gemacht. Und dann ging die Jagd von neuem an. Das nennt sich nu landwirtschaftlicher Betrieb bei uns!«
    »Hat denn der Methusalem die Zeichnung fertiggestellt?«
    »Freilich! Fünf Tage lang is a mit sein’m Schaff auf’m Kopp hinter der Susanne wie wahnsinnig hergewest. Se is ganz außer Atem gekommen und hat gesagt, a müßt’ wirklich ’n sehr schwerer Verbrecher sein. Aber das Bild is nu fertig. Ich sag’ Ihn’n, su ’ne alte Eule haben Se Ihrer Lebtage noch nicht gesehen.«
    »Kann man das Bild nicht mal sehn? Sie haben dieses Schaff

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