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Ferien vom Ich

Ferien vom Ich

Titel: Ferien vom Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Keller
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dramatische Szene aus der Waldschlacht darstellen und das Mittelstück den Sieg Waltersburgs in großer Apotheose feiern. Das Mittelstück war schon etwas ausgeführt. Im Hintergrund der Forellenhof, auf einem Roß Piesecke als Triumphator voranreitend, ihm folgend Anton und Pauline mit Kränzen im Haar; als nächstes Paar die Vertreter der Künste, Emmerich mit der Harfe und Methusalem selbst mit einem Farbentopf und Pinsel, zuletzt die bärenhäutigen Kriegsgenossen.
    Und nun mußte die ganze Kriegsgenossenschaft stundenlang stillsitzen, da der Maler sie zeichnete. Emmerich benutzte die Zeit, ihnen seinen Siegesmarsch, zu dem er rasch eine Textunterlage geschaffen hatte, einzuüben.
    »So«, sagte nach einer Stunde Methusalem, »der >Sieg< ist ganz und die >Tücke< teilweise gesichert; fehlt bloß der >Kampf<.«
    »Der wird gigantisch!« rief Piesecke.

    Die Sache verlief nicht ganz programmgemäß. Zwar gingen die Neustädter wirklich in die Falle und überfielen Anton zweihundert Meter jenseits der Waldecke, aber die Kerle rissen nicht - wie vorausgesehen -, durch die Übermacht erschreckt und ihr böses Gewissen beunruhigt, aus, sondern blieben da, und da sie sehr handfeste Burschen waren, verhieben sie die Waltersburger jämmerlich. Das kam aber daher, daß sich die in Anrechnung gebrachte Übermacht Waltersburgs alsbald in eine faktische Minorität verwandelte; denn der Feldherr Piesecke wurde gleich bei Beginn der Schlacht dadurch kampfunfähig gemacht, daß ihn ein riesenhafter Neustädter Bräuknecht in die Höhe hob und in den Bach warf; Methusalem konnte sich an dem Ringen auch nicht beteiligen, da er etwas abseits stehen und die Szene mit dem Bleistift in rasender Geschwindigkeit in seinem Skizzenbuch verewigen mußte, und der Musiker Emmerich fühlte sich dazu berufen, ebenfalls abseits zu stehen und den Mut seiner Kameraden durch Absingen seiner Siegeshymne anzufeuern. So kämpften nur der Sänger Hagen Korrundt, der Bräutigam Anton und die Raubgesellen Karaseck und Jaromir, die aber - da sie in ihrem Privatberuf Wiener Gigerls waren - gegen die rohe Gewalt der Neustädter Raufer nicht aufkamen. Es gab fürchterliche Prügel, und der Maler Methusalem rettete Waltersburgs Ruhm nur dadurch, daß er nachträglich seine Schlachtskizze umkehrte, wodurch alle, die unten lagen, nach oben kamen, und umgekehrt. Moor und Schinderhannes, die hundert Meter weiter unten im Hinterhalt lagen, um den Neustädtern den Rückzug abzuschneiden, hörten den Skandal, lugten um die Baumstämme, kamen aber nicht zu Hilfe, da sie doch eben im Hinterhalt zu liegen hatten.
    Wer weiß, wie schrecklich diese Schlacht bei Waltersburg noch abgelaufen wäre, wenn nicht eine starke, auswärtige Macht sich eingemischt hätte. Durch den Wald erscholl plötzlich eine scharfe Stimme:
    »Pauline! Pauline!«
    Pauline hatte bis jetzt an einer Birke gelehnt und zu einem Vierteil mit Entsetzen, zu drei Vierteilen aber mit Stolz zugesehen, welch grausames Männerwerk da für sie und um sie getan wurde. Als sie nun aber die rufende Stimme hörte, schrie sie:
    »Um Himmels willen, die Mutter! Macht, daß ihr fortkommt!« Darauf rissen die beiden Bräutigame aus, und mit ihnen verlor sich rasch ihr Anhang. Pauline eilte nach Hause zu und bekam von ihrer energischen Mama ein paar Ohrfeigen, weil sie sich »herumgetrieben« habe; alles Mannsvolk aber flüchtete gen Waltersburg.
    Und da hat es sich begeben, daß der Neustädter Gastwirt, der den Rückzug der anderen deckte, als er sich außer Frau Susannes Ruf- und Sehweite fühlte, doch noch in die Hände der Waltersburger fiel. Sechs Mann haben ihn gefangengenommen und ihn nochmals verprügeln wollen. Aber Methusalem hat gesagt:
    »Pst! Man darf sich an einem geschlagenen tapferen Feinde nicht versündigen! Man soll ihn vielmehr ehren. Deshalb werde ich dem Feinde jetzt mit der schönen grünen Farbe, die ich in diesem Fläschchen habe, einen Lorbeerzweig auf die Stirne malen.«
    Der Gastwirt hat mit Händen und Füßen geschlagen, aber sechs Kerle haben ihn gehalten, und Methusalem hat ihm einen Lorbeerzweig auf die Stirn gemalt. Mit Ölfarbe!
    Der Gastwirt hat sich in Neustadt nicht mehr sehen lassen können und nach drei Tagen Selbstmordgedanken gehabt. Da hat ihm Methusalem ein Mittel geschickt, durch das er die unerwünschte Ehrung abwaschen konnte.
    Aus dem Triptychon ist nichts geworden. Nur eine schöne Bleistiftskizze von Methusalem, auf der alle Waltersburger oben liegen, ist unseren

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