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Ferien vom Ich

Ferien vom Ich

Titel: Ferien vom Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Keller
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Forellenhof -, die Frau meines Bruders Joachim. Als sie mich sah, erschrak sie und strebte zur Tür wieder hinaus. Ich hielt sie zurück.
    »Was wünschen Sie, Magdalena? Der Herr Direktor wird gleich wieder hier sein. Warten Sie nur einige Minuten!« Sie war äußerst verwirrt. »Ich wollte - ich möchte - ich wollte nur anfragen, ob es vielleicht möglich sei, daß ich in die Genovevenklause ziehen könnte, da sie frei geworden ist.«
    »Gefällt es Ihnen nicht mehr auf dem Forellenhof?«
    Sie wich aus.
    »Ich möchte sehr gern in tiefere Einsamkeit.«
    »Ist der Arzt damit einverstanden?«
    »Ja.«
    Irgendein Angestellter kam und meldete, der Direktor sei zur Bahn gefahren.
    »Nun, dann warten wir jetzt vergebens auf ihn, Magdalena. Wenn es Ihnen recht ist, gehen wir zusammen nach der Klause und sehen, wie es dort steht. Ich werde schon dafür sorgen, daß Sie die Klause bekommen.«
    »Ich bin Ihnen sehr dankbar, Herr Doktor, aber ich möchte Ihnen meinetwegen den Weg nicht zumuten.«
    »Nicht der Rede wert; ich gehe jetzt sowieso spazieren. Kommen Sie!«
    Ich merkte, wie ungern sie mir folgte. Ihr Gesicht war sehr blaß, und ihre Lippen zuckten. Das ehemals so prachtvolle rotblonde Haar war schwarz gefärbt; das veränderte sie am meisten. Aber auch der früher so rosige Teint war verloren; die Haut schimmerte blaß und feucht; die Kinderaugen, die so übermütig blitzen und lachen konnten, hatten wohl ihre wunderbare Schönheit noch, aber sie blickten müde und traurig.
    Während wir so gingen, sprach ich über harmlose Dinge, über die Ernte, über Vater Barthel. Sie gab kurze Antworten, blieb immer einen Schritt hinter mir und vermied es, mir ins Gesicht zu schauen. Als wir an den schmalen Pfad kamen, atmete sie ersichtlich auf. Jetzt konnten wir nicht mehr nebeneinander gehen. Sie bestand darauf, daß ich voranschritt.
    So kamen wir zur Klause. Hoch ragte das Bild des Erlösers, und ich dachte an jenen kalten Wintertag, da ich grausam zu dieser Frau gewesen war und mir nachher der milde Freund Mariens von Magdala einfiel. Heute wollte ich nicht grausam sein. Diese Frau war so müde, so geschlagen; sie brauchte keine Strafe mehr.
    »Magdalena«, sagte ich, »ich habe gehört, daß Sie gern mit unserer kleinen Luise gespielt haben. Das Kind ist viel auf dem Forellenhof. Wird es Ihnen hier nicht fehlen?«
    Sie seufzte schwer.
    »Ja, es wird mir fehlen. Aber auf dem Forellenhof nimmt es jetzt meist das junge Fräulein, die Bärbel, und mir hat Luise versprochen, daß sie mich alle Tage besuchen will. Sie spielt gern mit dem Reh.«
    »Und Sie haben dem Kinde auch viele Geschichten erzählt?«
    »Ja, sie hört gerne Märchen.«
    »Haben auch mit ihr gelesen, geschrieben und gerechnet?«
    »Ja, ich tue das sehr gern.«
    »Hm.«
    Ich machte eine Pause. Dann sagte ich:
    »Das Kind ist ja bald hier, bald dort, und es soll sich auch weiterhin austoben. Aber als ständiges Unterkommen hätte ich für die Kleine gern ein stilles Heim. Wenn es Ihnen recht ist, Magdalena, gebe ich Luise zu Ihnen in Pflege.«
    Da schrie sie kurz und jäh auf.
    »Herr Doktor, wenn Sie das tun, erweisen Sir mir eine große Gnade!«
    Ich sah ihr in die flammenden Augen und sagte:
    »Ich werde es tun.«
    Nun faßte sie mich an den Händen; ihr ganzer Körper bebte. »Eine Gnade!« wiederholte sie. »Ich bin so verlassen, und ich habe das Kind so lieb!«
    Sie ließ mich los, legte einen Arm über die Augen, trat ein wenig zurück und stand so ein Weilchen still da. Plötzlich begann sie bitterlich zu weinen.
    »Was ist Ihnen, Magdalena?«
    »Es geht nicht; es geht nicht!« schluchzte sie, »wenn Sie -wenn Sie wüßten, wer ich bin, würden Sie mir das Kind nicht übergeben. Ich bin eine - eine schlechte Frau!«
    Ich ging zu der Unglücklichen, legte einen Arm um ihre Schultern und sagte erschüttert:
    »Du bekommst das Kind doch, obwohl ich weiß, wer du bist!«
    Sie prallte zurück.
    »Sie wissen - wer ich . . .«
    »Ja, Käthe, ich hab’ dich erkannt!«
    Da warf sie die Arme in die Luft, stieß einen Schrei aus und verschwand um den Felsen in den Wald.
    Ich eilte ihr nach und holte sie mit Mühe ein.
    »Wenn Joachim mich erkennt, schlägt er mich tot!« wimmerte sie.
    »Er erkennt dich nicht. Niemand erkennt dich außer mir. Und ich werde dich schützen!«
    Sie mußte sich an mir festhalten, als ich sie zur Klause zurückführte. Dort setzte ich sie auf die Bank vor der Haustür und streichelte ihren Scheitel.
    »Jetzt sind Sie wieder

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