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Ferien vom Ich

Ferien vom Ich

Titel: Ferien vom Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Keller
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allzuviel getaugt; da sind Sie dazu auserlesen worden, Späherdienste am Hofe zu leisten. Auch jetzt sind Sie hierher gekommen, um mich zu beobachten. Ich habe Sie gestellt; Sie sagten mir, Sie seien nur des Knechtes wegen da. Aber das ist Schwindel. Sie sind meinetwegen da. Ja oder nein? Diese Geschichte mit dem Knecht ist nur Ausrede.«
    »Ich darf Euer Hoheit darüber keine Auskunft erteilen.« Piesecke lachte verächtlich.
    »Unser Hausminister hat patente Leute. Am dritten Tage, als Sie da waren, habe ich Sie erkannt trotz Ihres falschen Namens und Ihrer Maske. Also berichten Sie nach Hause, es sei mir völlig egal, ob Sie hier seien oder nicht; falls Sie mir zu lästig fielen, so könnte ich mich vergessen und Ihnen gelegentlich die Peitsche um die Ohren knallen.«
    Der Polizeimann wurde dunkelrot.
    »Haben Sie verstanden, was Sie dem Minister berichten sollen?«
    »Zu Befehl, Hoheit!«
    »Wenn Sie nun dazu ausersehen sind, mich zu belauern, wie kommen Sie dazu, hier eine außerhalb Ihrer Bestimmung liegende polizeiliche Handlung, wie die Verhaftung dieses Knechtes, vorzunehmen?«
    »Ich berichtete meinen Verdacht an den Ersten Staatsanwalt und erhielt die nötigen Vollmachten.«
    »Dagegen läßt sich wohl nichts tun?«
    Diese Frage war an mich gerichtet.
    »Nein - nichts!«
    »Wie urteilen Sie über diesen Fall, Herr Doktor?«
    »Es ist ein Unglück für unsere junge Anstalt. Aber es liegt uns natürlich fern, der Festnahme eines Verbrechers irgendwelche Hindernisse zu bereiten.«
    »Selbstverständlich! Ich begreife nur den Bauern Barthel nicht. Er ist doch ein ehrlicher Mann, und er hat doch versichert, den langen Ignaz von Jugend auf zu kennen. Haben Sie dafür eine Erklärung, Herr Doktor?«
    »Nein! Ich bin um so bestürzter, als Barthel mir nach der Verhaftung eben sagte: ich möge ihm nicht zürnen, er habe nicht anders gekonnt. Ich sage das ganz offen vor Ihnen, Herr Kommissar, damit Sie sehen, daß von hier aus nichts verschleiert wird.«
    Der Kommissar verneigte sich.
    »Hoheit« preßte die Lippen aufeinander.
    »Hm! Ich will nicht wünschen, daß dem guten Barthel da eine Tragik erwachse, daß dieser sogenannte Ignaz vielleicht ein Freund oder gar ein naher Verwandter von ihm ist, den er in seiner Gutmütigkeit versteckt hat. Und Sie, Kommissar, Sie brauchen mir das von vorhin nicht übermäßig übel zu nehmen. Schreiben Sie also dem Minister: Se. Hoheit ist bei besserer Gesundheit und hat daher einen Aufpasser nicht mehr nötig. Jetzt will ich Sie nicht mehr aufhalten. Wohin wollen Sie zunächst?«
    »Nach dem Forellenhof zurück, den Bauer Barthel zu vernehmen und eventuell zu verhaften.«
    »Schön, wir werden Sie begleiten, wenn Ihnen das zulässig erscheint.«
    »Ich bitte untertänigst um die Begleitung, Hoheit.«
    Der Kommissar öffnete die Tür, stand stramm, und »Hoheit« ging in lässig vornehmer Haltung an ihm vorbei.
    Ein kleiner Anlaß von draußen aus der alten Welt, und durch die Bauernjacke schimmert der hochgeborene Herr. Ich aber als Arzt freute mich trotz meiner gedrückten Stimmung, als ich sah, daß durch seine Gesundung langsam aus dem Piesecke wieder ein Prinz wurde, ja, ich hätte das Wort »Piesecke« jetzt nicht zu sagen, nicht einmal zu denken gewagt.
    Im Forellenhof war schwerste Bestürzung. Die dicke Susanne lag, kurz und krampfhaft weinend, in einem Korbstuhl; die Frauen bemühten sich um sie. Barthel war nicht zu Hause. Auf dem Tisch standen noch die Rosen, an den Wänden hingen die Asternkränze.
    »Welch ein entsetzlicher Abschluß!« klagte Eva.
    Ich betrachtete die Fingerabdrücke an der Wand. Sie waren deutlich. Der lange Ignaz hatte, ehe er sich an die Wand lehnte, das Kohlenfeuer besorgt. Der Kommissar trat zu mir und dem Prinzen und sagte:
    »Es tut mir leid; aber ich muß zurück zur Direktion und von den Behörden telefonisch auch die Verhaftung des der Begünstigung dringend verdächtigen und verschwundenen Bauern Barthel fordern.«
    Der Prinz kniff den Mund zusammen. Dann sagte er:
    »Tun Sie das! Wenn ich mich auch hier getäuscht habe, glaube ich an nichts mehr auf der Welt. Dann soll alles zum Deibel gehen!«
    Er schaute mich mit halbem Blick an. Da sagte ich: »Ich werde morgen früh mit Einverständnis unseres bevollmächtigten Direktors den von Ew. Hoheit Unterzeichneten, bis Mai verpflichtenden Revers vernichten, und Ew. Hoheit steht ohne alle Weiterungen frei, die Anstalt zu verlassen.« Er antwortete nicht. Ich dachte daran, daß er durch

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