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Ferien vom Ich

Ferien vom Ich

Titel: Ferien vom Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Keller
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Syrakus ist. Da machen Sie sich mal nützlich! Glückliche Reise und viel Vergnügen !«
    Der Kommissar reiste ab . . .
    Mich ging das alles kaum etwas an. Ich dachte nur an Stefenson. Er war zunächst nach seiner Zelle zurückgegangen und hatte uns durch einen Gerichtsdiener sagen lassen, wir möchten im Hotel »Bristol« auf ihn warten. Nach einer reichlichen Stunde kam er. In mir war inzwischen das Gefühlsbarometer hinaufgeschnellt und heruntergestürzt, vom Glutwetter der Bewunderung bis zum Regensturm der Wut - hin und her, her und hin. Ich konnte diesem unberechenbaren Manne gegenüber niemals zu ruhiger Beurteilung kommen. Schließlich beschloß ich, ihm offene Feindschaft anzusagen.
    Als er kam und sein Glas Sherry bestellt hatte, sagte er so ruhig, als ob er eine eben abgebrochene Unterhaltung wieder aufnehme: »Dieser Redakteur von der >Neustädter Umschau« ist ein schwerfälliger Kopf. Nicht mal richtig stenographisch aufnehmen kann der Pinsel. In meinem Artikel von gestern abend waren mehrere Dummheiten.«
    »Ah - Sie haben den Artikel über Ihre Verhaftung in der Umschau selbst geschrieben?«
    »Na, selbstverständlich. Der Trunkenbold kann’s doch nicht. Als ich so unerwartet verhaftet werden sollte, bin ich zunächst nach der Redaktion des feindlichen Blattes gegangen, hab’ dort einen Artikel diktiert (und natürlich auch bezahlt) und bin dann nach dem Bahnhof hinaus und hab’ mich da festnehmen lassen. Der Artikel über die Verhaftung war eher fertig als die Verhaftung selbst. Das ist man doch in solchem Fall seinem Unternehmen schuldig.«
    Das Barometer stieg wieder. Aber es lag noch eine schwere Depression über mir, und ich sagte:
    »Ich glaube, nicht gerade begriffsstutzig zu sein; aber Ihre Art, sich zu geben und zu handeln, ist so überaus merkwürdig, daß ich nicht mehr mitkann, sondern Ihnen aufs ernsthafteste erklären muß . . .«
    »Ein Extrablatt!«
    Ein Bote stürmte ins Zimmer.
    »Bitte, lesen Sie!« sagte Stefenson ruhig.
    Die »Neustädter Umschau« vertrieb ein Extrablatt. Es war ungefähr ein halbes Quadratmeter groß und enthielt in Fettdruck die Nachricht:

    EHRENERKLÄRUNG

    Die >Neustädter Umschau<, immer bemüht, ohne nach rechts oder links zu schauen, lediglich der Wahrheit die Ehre zu geben, erklärt: Die gestrige Verhaftung des Waltersburger Knechts ist zu Unrecht erfolgt. Der als >Raubmörder Wiczorek< von einem übereifrigen Beamten (dessen amtliche Maßregelung bevorsteht!) hier auf dem Bahnhof verhaftete Mann war kein anderer als der geniale Gründer der Kuranstalt >Ferien vom Ich< selbst, Herr John Stefenson - oder, wie er in Begeisterung für sein angestammtes reines Deutschtum sich jetzt mit Bewilligung unserer Behörden nennt, Herr Stefan! Dieser Multimillionär, dessen Einfluß in Amerika unbegrenzt ist, hat in der demütigen Gestalt eines Bauernknechtes (nicht als Kurgast) den ganzen Sommer über in Waltersburg gelebt, alle Lasten, Mühen und Zurücksetzungen des von ihm gewählten geringen Standes getragen, um unerkannt die Probe auf sein gigantisches Exempel zu machen, um als Fremdling, selbst von seinem nächsten Freunde unerkannt, von unten her sein Werk zu prüfen. Diese Prüfung ist so glücklich ausgefallen, daß Stefan mit Freuden in die irrtümlich verhängte Haft ging. Den Neustädter Behörden zollt er für ihre Gewissenhaftigkeit alle verdiente Anerkennung. Heute morgen neuneinhalb Uhr stellte sich bei den Behörden der unbegründete Verdacht heraus. Der wahre Josef Wiczorek sitzt - laut amtlicher Depesche - in Braunschweig in Untersuchung; der bei uns Verhaftete wurde nicht nur von dem leitenden Arzt von Waltersburg, sondern auch von Sr. Hoheit dem Prinzen Ernst Friedrich von ... als Herr Stefenson identifiziert. Die >Neustädter Umschau<, deren Devise >Ehre und Wahrheit< ist, scheut sich nicht - errare humanum est - ihren gestrigen Artikel Wort für Wort zurückzunehmen. »Diesen Artikel haben Sie wohl auch diktiert?« fragte der Prinz.
    Stefenson nickte.
    »Ja, direkt dem Setzer. Ich hab’ noch die Korrektur gelesen, ehe ich hierher kam.«
    »Sie sind ein smarter Kerl!« sagte Hoheit voll Anerkennung. »Nu sagen Sie mir bloß, was haben Sie gegen mich gehabt? Warum haben Sie mich immer so miserabel behandelt? Noch gestern haben Sie mich auf den Mist geworfen, direkt auf den Mist. Ist das anständig?«
    Stefenson zuckte die Schultern. Dann sagte er mit aufrichtiger Wärme:
    »Sehen Sie mal, lieber Piesecke - ich möchte Sie der Einfachheit

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