Ferienhaus für eine Leiche: Schweden-Krimi mit Rezepten (German Edition)
wollte?, wanderten seine Gedanken wieder zu der Toten aus dem Ferienhaus zurück. Schon möglich, dass der Täter sie einfach nur deshalb nicht im Wald vergraben hatte, weil er dazu nicht in der Lage war. Vielleicht, weil er körperlich einer solch anstrengenden Tätigkeit nicht gewachsen war, überlegte er weiter, weil der Täter eine zarte Frau oder ein untrainierter Mann war. Oder der Täter hatte eine Behinderung, eine Gehbehinderung zum Beispiel? Diesen Gedanken verwarf er allerdings sofort wieder. Immerhin hatte der Mörder es geschafft den leblosen Körper bis auf den Dachboden von Hilmarströms Sommerhaus zu schleppen. Möglicherweise lag es aber auch nur daran, dass der Mörder keinen Spaten hatte. Feriengäste führten schließlich nur selten einen im Gepäck mit.
Er würde Hilmarström fragen, ob in seinem Schuppen oder Keller Gartengeräte zu finden war, beschloss er.Denkbar war ebenfalls, dass der Täter versucht hat, in einem der umliegenden Orte einen Spaten oder eine Schaufel zu kaufen.
Wäre es möglich, dass er nicht wusste, wo er einen bekommen konnte, weil er vermeiden wollte, in einem kleinen Geschäft einzukaufen, wo man ihn später identifizieren würde? Und er die Leiche deshalb einfach in der Truhe zurückließ? Wie weit war es von Gunnars Haus zum nächsten Baumarkt? Sven Lundquist straffte sich. Gleich morgen früh würde er in den Handwerker-und Gartencentern nachfragen lassen. Touristen mit ungewöhnlichen Einkaufswünschen blieben dem Personal mitunter erstaunlich lange im Gedächtnis.
Unzufrieden schüttelte er den Kopf und griff nach einem dicken Buch mit samtigem roten Einband, das aufgeschlagen auf seinem Schreibtisch gelegen hatte, nahm es mit hinüber zum Bett und knipste seine Nachttischlampe an. Dann schob er das dicke Kissen kuschelig zurecht und begann nachzulesen, wie andere Ermittler ihre Fälle untersuchten und zum Abschluss brachten. ›Tod auf dem Nil‹ begleitete ihn, bis der Wecker ihn unter die Dusche scheuchte.
»Hi, Hi Sven!«, begrüßte ihn Bernt aufgeregt, als er ihm im Flur der Dienststelle begegnete. »Diese Frau Helm, du weißt schon, die Schwiegermutter von Frau Kirsten, scheint tatsächlich verschwunden zu sein! Keiner hat seit den Sommerferien etwas von ihr gesehen oder gehört«, er keuchte atemlos und Lundquist, der wie immer den langen Gang mit raumgreifenden Schritten entlang stürmte, reduzierte sein Tempo schmunzelnd so weit, dass der Kollege mit den deutlich kürzeren Beinen besser folgen konnte.
»Was sagt denn die Familie dazu? Und wieso heißen die eigentlich Kirsten und nicht Helm, wenn es doch seine Mutter ist?«
»Also, sie heißen Kirsten, weil Frau Kirsten, eine angesehene Biologin, unter ihrem Namen bereits eine Reihe von wissenschaftlichen Artikeln publiziert hatte, als sie ihren Mann heiratete. Außerdem hieß Herr Kirsten vor der Ehe auch nicht Helm sondern Schanze. Er war nämlich schon einmal verheiratet und hatte auch in dieser ersten Ehe den Namen seiner Frau angenommen. Vielleicht gefällt ihm Helm einfach nicht. Frau Kirsten wollte natürlich ihren schon bekannten Namen behalten. Auch in Deutschland können die Ehepartner frei entscheiden, welchen Namen sie nach der Hochzeit tragen wollen. Herr Schanze wollte, dass alle Familienmitglieder denselben haben und so einigten sie sich also auf Kirsten.« Sie hatten Lundquists Büro erreicht und traten ein. Knyst saß schon hinter seinem Schreibtisch und trank Kaffee – schwarz und ohne Zucker.
»So ist das also. Bei diesen komplizierten Familienbanden blicke ich nie durch! Meine eigene Familie ist ausgesprochen übersichtlich«, stellte Lundquist fest, während er seinen Mantel über den Haken am Garderobenständer hängte. Über die Schulter fragte er spöttisch: »Und welche Erklärung bieten die Kirstens uns nun für das Verschwinden der lieben Anverwandten an?«
»Die Eheleute haben den deutschen Kollegen erzählt, Frau Helm habe bei einem Stopp an einem Rastplatz urplötzlich einen alten Streitpunkt wieder aufgenommen, nämlich die Diskussion über die Frage: Gehen wir hier schwedisch gutbürgerlich essen, oder halten wir den Kindern zuliebe bei McDonald’s? Schnell mündete dieses Gespräch in einer giftigen Auseinandersetzung über Fragender Aufzucht und Erziehung des Kirstenschen Nachwuchses im Allgemeinen.«
»Es ging im wesentlichen darum, dass Frau Kirsten ihre Kinder falsch erzog, ihnen zu viele Freiheiten ließ und sich nicht entschlossen genug durchsetzte«, fasste
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