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Ferienhaus für eine Leiche: Schweden-Krimi mit Rezepten (German Edition)

Ferienhaus für eine Leiche: Schweden-Krimi mit Rezepten (German Edition)

Titel: Ferienhaus für eine Leiche: Schweden-Krimi mit Rezepten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
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begannen.
    Der Weg zur Neurologie war leicht zu finden.
    Im Wartebereich setzte er sich auf einen der kühlen Kunststoffsitze, die an langen Chromstangen befestigt waren, als müsse man selbst das Mobiliar an der Flucht hindern.
    Während er nervös darauf wartete, von Dr. Baum aufgerufen zu werden, bekämpfte er seinen hartnäckigen, immer drängender werdenden Wunsch einfach davonzulaufen. Er rief sich zur Ordnung. Doch der Gedanke an Flucht blieb. Als Dr. Baum ihn zu sich ins Untersuchungszimmer bat, war Lundquist erleichtert. Besonders deshalb, weil der Arzt sich als sympathisch und unkompliziert erwies. Er hatte sich leise brummend die Aufnahmen angesehen, seinen Patienten auf einige Areale aufmerksam gemacht, in denen Veränderungen vorlagen, und war sich mehrfach mit der rechten Hand durch seine ohnehin schon wirr nach allen Seiten abstehenden Haare gefahren. Lundquist war von diesem Mann sehr angetan, der offen und völlig ungeschminkt über die Probleme sprach, die diese Erkrankung aufwerfen würde, wie auch über die Risiken der Therapie. Während er dem Patienten so genau wie möglich erklärte, was nun auf ihn zukommen würde, gestikulierte er viel mit seinen feingliedrigen Händen, die so gar nicht zu seiner kleinen, kräftigen Statur passten. Lundquist konnte sich gut vorstellen, dass solch zarte Hände notwendig waren, um kleinste Eingriffe oder hoch komplizierte Untersuchungen mit winzigsten Gerätschaften durchzuführen.
    Die Interferondosis würde so hoch wie möglich gewählt.
    Dabei könne es allerdings zu Nebenwirkungen kommen, die Lundquist eventuell stark beeinträchtigen würden. In diesem Fall könne man die Dosis notfalls verringern und Medikamente geben, die manche der Beschwerden linderten. Er versprach, sofort mit Dr. Palm Kontakt aufzunehmen und schrieb ein Rezept für die ersten drei Medikamentengaben aus. Er riet seinem Patienten, den Umgang mit Spritze und Kanüle zu üben, damit er beim Verabreichen des Präparates nicht auf fremde Hilfe angewiesen wäre, verabschiedete sich dann von ihm und rief nach SchwesterKarin, die dem Hauptkommissar zeigen sollte, wie leicht es war, das Interferon unter die Haut zu spritzen.
    Sven Lundquist starrte auf das Muster seines Bettbezugs und seufzte.
    Trotz der Bemühungen der netten Schwester war er doch sehr ängstlich gewesen.
    Er würde das Spritzen noch üben müssen.
    Es war nicht jedermanns Sache, sich selbst eine Metallspitze in den Körper zu bohren, und sei sie noch so fein. Lundquist hatte schon immer die Diabetiker bewundert, die sich ihr Insulin selbst verabreichten und mehrmals am Tag einen dicken Blutstropfen aus dem Finger quetschten, um den Glukosewert zu bestimmen. Bis er die Technik beherrschte, würde Dr. Palm ihm die Spritze geben.
    Nach dem Abendessen und dem Zubettbringen von Lisa hatte er sich zu seiner Mutter gesetzt und ihr von der Diagnose erzählt. Vielleicht, überlegte er jetzt, während er die Decke anstarrte, an der die Lichter der vorbeifahrenden Autos sich bewegende Lichtpunkte erzeugten, weil er die Last nicht ganz allein tragen wollte oder konnte. Die erwartete sentimentale Szene, die er so sehr gefürchtet hatte, war ausgeblieben. Frau Lundquist hatte ihn nur lange angesehen und dann nach seinen Zukunftsplänen gefragt. Er war angenehm überrascht gewesen und hatte gespürt, wie ihr Pragmatismus ihm dabei half, mit seinen Ängsten besser umzugehen. Es würde für die anstehenden Probleme auch Lösungen geben, versicherte sie ihm.
    Er war ihr für diese Einstellung dankbar.
    Da er nun doch nicht mehr einschlafen konnte, stand er auf und sah durch das Fenster auf die unbelebte Straße hinunter,durch die sich tagsüber unzählige Autos quälten. Seit dem Unfall seiner Frau lebten sie wieder direkt in der Stadt. Das kleine Häuschen in der Umgebung Göteborgs hatte er verkauft, um hier in der Stora Nygatan eine geräumige Etagenwohnung in einem der eindrucksvollen alten Häuser in der Nachbarschaft des Designmuseums zu erwerben. Seine Mutter war zu ihnen gezogen, damit sie sich besser um Lisa und den Haushalt kümmern konnte. Von hier aus waren Arzt und Kindergarten gut zu Fuß oder mit der Straßenbahn zu erreichen, und abgesehen vom Verkehr war die Lage ideal. Er starrte auf den regennassen Asphalt, in dem sich die Lichter der Straßenlaternen spiegelten.
    Warum sollte jemand ein Mordopfer auf einem fremden Dachboden verstecken?
    Wieso sie überhaupt verstecken, wenn man einen Suizid mit Schlaftabletten vortäuschen

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