Ferienhaus für eine Leiche: Schweden-Krimi mit Rezepten (German Edition)
die Idee, ihre Freundin in dieses große Haus aufzunehmen – und ich denke, damit sind beide ganz gut gefahren«, fasste Karl flüsternd für die Kollegen aus Schweden zusammen.
Lundquist zuckte mit den Schultern. »So richtig viel werden wir von ihr wohl nicht erfahren können. Es ist deutlich, dass sie ihre Freundin sehr schätzt. – Aber, habt ihr Frau Schuster denn nichts von der Leiche in der Truhe erzählt?«
»Nein! Stell dir nur mal vor, es handelt sich um falschen Alarm. Das wäre ein Spektakel – obwohl, ich glaube schon, dass unsere Frau eure Leiche ist. Schließlich verschwinden ja nicht so viele Frauen in dem Alter spurlos – und noch viel weniger liegen plötzlich tot in einer Truhe auf dem Speicher!«, meinte Volker, der bisher überraschend schweigsam war.
»Ich hielt es auch für besser, die alte Dame nicht so zu erschrecken, bevor wir nicht wirklich völlig sicher sind. Das hatte ich den Kollegen von hier auch so gesagt und sie um Diskretion gebeten. Wir haben sie nur darüber informiert,dass Frau Helm im Streit das Auto der Familie verlassen hat und nun keiner weiß, wo sie sich aufhält.«
»Vielleicht kann sie nach so einem Schreck ja auch gleich gar nichts mehr erzählen, gell«, gab Volker zu bedenken.
Von draußen, aus der Tiefe der Wohnung hörten sie Geschirrgeklapper. Frau Schuster traf offensichtlich größere Vorbereitungen in der Küche.
»Ja, so ist das bei uns im Badischen. Es gehört einfach dazu. Man sitzt zusammen und trinkt ein Schlückchen Wein. Ist das bei euch in Schweden nicht auch so?«, fragte Volker augenzwinkernd.
»Doch, schon. In Schweden trinken wir auch gerne«, bestätigte Knyst, der gedankenverloren sein Handy anstarrte, als sei es an allem Unglück der Welt Schuld. »Akku fast leer«, murmelte er, »und ein Netz habe ich auch nicht!«, zischte er vor sich hin und Karl, der von den Partnerschaftsproblemen des schwedischen Kollegen nichts wissen konnte, sah den jungen Mann überrascht an.
»Das sind die Berge. Hier ist der Empfang mancherorts einfach Glückssache«, erklärte er und meinte dann beruhigend: »Die Kollegen in der Zentrale wissen ja wo wir sind, die rufen uns dann über Festnetz an.«
»Ja, prima. Und alle anderen glauben, wir hätten das Ding einfach abgeschaltet. Um uns in Ruhe amüsieren zu können«, knurrte Knyst.
Karl zog eine Augenbraue hoch, enthielt sich aber jedes weiteren Kommentars.
»Wird es nicht noch schwerer für uns, ihr von der Leiche zu erzählen, wenn wir jetzt nicht mehr polizeilich sondern gemütlich mit Frau Schuster zusammensitzen?«, fragte Lundquist und putzte sich schon wieder die Nase.
»Aaah!«, kommentierte Volker trocken die Bedenken des Kollegen und setzte dann launig hinzu: »Gott sei Dank istdas bei uns im Badischen eben anders. Wir sehen manches nicht so eng.«
Lundquist zwinkerte seinem Freund viel sagend zu, und Knyst grinste.
Als Frau Schuster mit einem Tablett in der Tür erschien, sprang Volker sofort eilfertig herbei und nahm es ihr ab. »Aber – das wäre jetzt nicht nötig gewesen!«, heuchelte er schwachen Protest.
Die alte Dame hatte auch, wie versprochen, die Postkarten mitgebracht. Sie zeigten allesamt typisch schwedische Ansichten und enthielten auf ihrer Rückseite nur wenig Liebenswürdiges über Frau Helms Verwandte, aber viele freundliche, fast warmherzige Worte an die Adressatin.
So beschrieb Frau Helm auf der Rückseite einer Karte mit einem friedlich badenden Elch, wie sie einen heftigen Streit über die Benutzung des Badezimmers vom Zaun gebrochen habe, deutliche Kritik an der mangelhaften Erziehung der Kinder geübt hätte, einen Ausflug zum Strand und einen Besuch in einem Wassererlebnispark verhinderte – kurz: Eine Sammlung von Geschichten, die zeigte, wie sehr und vor allem wie gern sich die alte Dame mit ihrer Familie gestritten hatte.
Während sie die Karten herumreichte, fragte Karl:
»Schreibt Sie Ihnen eigentlich immer gleich am Anfang des Urlaubs, oder mindestens zwei Karten pro Woche? Was ich meine ist – gibt es eine Art Systematik?«
»Nein«, kam die prompte Antwort. »Sie hasst alle geregelten Dinge, wie gesagt. Ich habe nie irgendein System bemerkt.« Frau Schuster runzelte nachdenklich die Stirn und fügte dann abschließend hinzu: »Das ist doch eigentlich auch nebensächlich. Sehen Sie – die Karten brauchten doch oft mehrere Wochen um mich zu erreichen. AusMallorca dauert schon allein die Zustellung ungefähr drei Wochen. Wenn sie da nach zwei Wochen
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