Ferienhaus für eine Leiche: Schweden-Krimi mit Rezepten (German Edition)
Göteborg am Wochenende oder in der Hauptsaison, wenn die Stadt von Urlaubern überschwemmt wurde. Selbst der letzte verwunschene Winkel schien touristisch erschlossen zu sein.
»Dass euer Wald mal schwarz war, muss auch schon länger her sein, oder?«, fragte er, wies mit dem Finger in den lichten Wald und Karl antwortete:
»Ja, ja. Leider. Eine der Ursachen ist sicher die Abholzung, ihr habt ja auch viele holzfressende Glashütten und Papierfabriken in Schweden, und außerdem wird hier mancherorts noch immer nur mit Holz geheizt. Ein weiterer Grund ist die zunehmende Umweltverschmutzung. Der saure Regen ist in Schweden doch sicher auch ein großes Problem.«
Lundquist und Knyst nickten zustimmend.
»Es ist aber nicht nur das. Auch die vielen Touristen, die unbedingt etwas geboten bekommen müssen. Natur pur – das ist denen heute einfach zu langweilig. Da brauchst du als Attraktion eben eine Sommerrodelbahn, gell. Und die Straße möglichst bis vor die Tür und von dort bis zur Piste. Zu Fuß gehen ist doch völlig out.«
Volker passte seine Fahrweise zunehmend seinem aggressiven Ton an und Lundquist bedauerte, gerade dieses Thema angeschnitten zu haben.
»Und dann gab es hier vor ein paar Jahren einen heftigen Orkan. Der hat ganze Berghänge entwaldet und insgesamt so viele Waldschäden verursacht, dass die Forstleute noch immer mit dem Aufräumen beschäftigt sind. Manche Höfe, die bis dahin völlig von Wald umschlossen waren,liegen seitdem ungeschützt auf einem nackten Berghang. Es war einfach unvorstellbar!«, Karl schüttelte bekümmert den Kopf.
»In Schweden ist der Wald an manchen Stellen so dicht, dass man nicht zwischen den Bäumen hindurch sehen kann. Da ist es wirklich schwarz. Und viele Leute glauben auch heute noch an Trolle, die in den Tiefen des Waldes wohnen und den Menschen fiese Streiche spielen. Wart ihr schon einmal in Schweden?« Amüsiert hörte Lundquist Knysts Begeisterung. »Hin und wieder trifft man auf einen einsam am Wegrand stehenden Briefkasten. Das ist dann oft der einzige Hinweis darauf, dass irgendwo in dieser Gegend auch Menschen leben. Das ist wirklich Natur pur. Ihr solltet mal Urlaub bei uns machen«, fuhr Lars fort, ohne eine Antwort der deutschen Kollegen abzuwarten.
Ja, sein Freund würde mit Sicherheit einen guten Mitarbeiter im Fremdenverkehrsamt abgeben, wenn es ihnen nicht gelänge, den Fall schnellstmöglich aufzuklären und Dr. Kramp seine Drohung wahr machte.
Karl bemerkte die angespannte Körperhaltung seines Kollegen und meinte beruhigend: »Volker ist wohl der größte Michael-Schumacher-Fan unter der Sonne. Der kennt hier auf der Strecke jeden Zentimeter. Kein Grund zur Besorgnis.«
Auch das noch, stöhnte Lundquist innerlich gequält auf. Ein Formel-1-Fan!
Knyst unterbrach seine private Touristenwerbung, drehte sich um und warf einen kritischen Blick auf das grünliche Gesicht Lundquists. »Ich glaube, Sven hat schon den ganzen Tag Probleme mit dem Magen.«
Entgegenkommend grunzte Volker und lockerte den Druck aufs Gaspedal.
»So, da ist es ja schon«, verkündete er kurze Zeit später. »Das ist St. Peter. Jetzt müssen wir bloß noch um drei Ecken, und schon sind wir da.«
Sie hielten vor einer gepflegten Fachwerkvilla mit grünen, Blumen verzierten Fensterläden und einem liebevoll angelegten Garten. Das Gebäude selbst war weiß gestrichen, die Fachwerkbalken dunkel gebeizt, damit sie sich deutlich abhoben. Das trutzige Schieferdach wirkte wie eine viel zu große Mütze und war an den beiden Seiten so tief hinuntergezogen, dass es beinahe den Boden berührte. Knyst hatte den Eindruck, das Haus trüge schwer an seinem Dach und war sicher, dass die Menschen in solchen Häusern regelmäßig von Albträumen heimgesucht wurden, in denen Dächer ganze Häuser und deren Bewohner mühelos unter sich begruben. Fast schien es ihm, als könne man die Wände leise unter dem Gewicht ächzen hören. Er schüttelte sich.
»Diese Dachform?«, beantwortete Karl die Frage von Lundquist: »Ja, die ist typisch für unsere Gegend. Wir haben manchmal in den Wintern viel Schnee. Die Dächer müssen die Last tragen können. Darum braucht man eine möglichst große Fläche.«
Beim Klingeln stellte sich heraus, dass die Nachbarin von Frau Helm nicht neben, wie Lundquist vermutet hatte, sondern über ihr wohnte. Frau Schusters großzügige Wohnung verfügte über einen Balkon, an dessen Geländer viele Blumenkästen hingen. Ein rot-grünes Blütenmeer ergoss sich
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