Ferienhaus für eine Leiche: Schweden-Krimi mit Rezepten (German Edition)
begann sie zu erzählen:
»Stell dir nur vor, mein Vater hatte einen schrecklichen Unfall – in seinem Stall. Und jetzt liegt er im Krankenhaus. Ich weiß mir einfach keinen Rat mehr!«
Bei dringend notwendigen Reparaturarbeiten hatte sich offenbar plötzlich eine Klappe zum Heuboden gelöst. Der Riegel war wohl nicht richtig zurückgeschoben worden, und bei der Erschütterung durch die Baumaßnahmen an der einen Pferdebox war mit einemmal die schwere Klappe heruntergeschwungen und hatte ihren Vater hart am Kopf getroffen. Er war sofort bewusstlos, und blutete heftig. Ihre Mutter war durch das Rumpeln aufmerksam geworden und in den Stall gelaufen. So hatte sie ihn gefunden, blutüberströmt und bewusstlos von Heu fast vollständig begraben. Natürlich hatte sie sofort die Ambulanz verständigt. Nun war der Vater im Krankenhaus in Jönköping, lag auf der Intensivstation, nachdem man ihn zwei Stunden lang operiert hatte. Die Ärzte rieten der Familie, in den ersten Tagen nah bei ihm zu bleiben. Sein Zustand sei sehr instabil.
»Das ist ja furchtbar! Wie kann ich dir helfen?« Er war in der ganzen Gegend dafür bekannt, dass man auf seine Hilfsbereitschaft jederzeit zählen konnte.
»Du weißt doch, dass mein Mann zur Zeit auf Montage ist und …« Margaretha sah ihn flehentlich an.
»Und?«
»Die Jungs. Ich weiß nicht, wo ich die beiden so schnell unterbringen soll. Ich kann sie doch nicht ins Krankenhaus mitnehmen, dazu sind sie noch zu klein«, erklärte sieund als die Brüder laut johlend zum Auto gestürmt kamen, fügte sie kleinlaut hinzu: »Und wohl auch zu lebhaft. Sie sind eben auf dem Hof ziemlich frei aufgewachsen …«
Er war in die Hocke gegangen und hatte in jedem seiner starken Arme einen der Jungs aufgefangen und dann mühelos seine sich windende Beute hochgehoben.
Lachend fragte er: »Du willst die Jungs bei mir lassen, ja?« »Prima!«, johlten die beiden gleichzeitig, während Margaretha mühsam lächelte.
»Per und Arne! Jetzt hört doch mal auf! Man versteht ja sein eigenes Wort nicht mehr!« Dann versicherte sie: »Es wäre auch nur für ein bis zwei Tage, ich übernachte in einem Hotel in der Nähe des Sjukhuset, bis ich meine Schwiegermutter verständigt habe. Sie wird dann die beiden Rabauken übernehmen. Kann ich dir das zumuten?«
»Klar! Mache ich doch gerne. So kommt wenigstens etwas Leben hier in die Bude. Ist sonst immer so schrecklich still hier bei uns.«
So eine Scheiße, dachte er.
Jetzt würde er seine Pläne verschieben müssen! Andererseits, konnte er denn diese Bitte ablehnen? Es war nie gut, die Nachbarn zu enttäuschen. Wer weiß, vielleicht konnte er Margarethas Aussage später bei der Klärung der Angelegenheit mit der Versicherung gut gebrauchen. Sie würde einen prima Leumundszeugen abgeben. Außerdem wäre es so ungewöhnlich, wenn er jetzt ablehnte, dass Margaretha sich sicher daran erinnern würde – später. Und dem Dorfklatsch wollte er auch keine neue Nahrung bieten. Nein, er konnte jetzt keine Unruhe unter den widerlichen, tratschsüchtigen Weibern im Ort riskieren!
Vorsichtig setzte er Per und Arne, die angefangen hatten, ihn mit ihren kleinen Fäusten zu traktieren und dabei eineArt Indianergeheul anstimmten, wieder auf dem Hof ab. Sofort stürmten sie los und verschwanden Richtung Stall. Na gut, so lange sie nicht anfingen im Haus herumzustöbern, würde es keine ernsthaften Probleme geben.
»Und deine Mutter? Sie erträgt ja nicht einmal Radio oder Fernsehen. Wird sie sich nicht über das Geschrei der Kinder aufregen?«
»Nein. Ich glaube nicht. Es geht ihr im Moment viel besser – stell dir nur vor, sie schmiedet sogar Reisepläne.« Vielleicht, überlegte er, war es ganz gut, das an dieser Stelle einfließen zu lassen. Margaretha würde das später zu Protokoll geben.
Er musste das Reiseunternehmen anrufen und die Reise einfach umbuchen. Auf einen späteren Termin. Dann würde sie eben erst in zwei Tagen ›fahren‹.
Kein Problem.
Außerdem – er unterdrückte ein diabolisches Grinsen – wäre der Zustand ihres Leichnams ohnehin für Rückschlüsse auf den Todeszeitpunkt denkbar ungeeignet.
Schnell hatte er die aufgeregte junge Frau davon überzeugt, dass sich weder für ihn noch für die Jungs irgendwelche Schwierigkeiten ergeben würden. Dankbar lächelnd hob Margaretha die Reisetasche aus dem Kofferraum, küsste die herbeigerufenen Kinder zum Abschied, versprach anzurufen, drückte ihm noch einen Zettel mit ihrer Handynummer in die
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