Ferienhaus für eine Leiche: Schweden-Krimi mit Rezepten (German Edition)
Hand und fuhr dann in einer Staubwolke davon.
Als sie den Wagen nicht mehr sehen und die gerufenen Verhaltensregeln nicht mehr hören konnten, wog er die pralle Tasche, deren Nähte den Inhalt ächzend zusammenhielten, nachdenklich in der Hand. Plötzlich keimte in ihm der Verdacht auf, ›zwei Tage‹ könnte womöglich nur ein Synonym für einen viel längeren Zeitraum sein.
Schnell schüttelte er diesen erschreckenden Gedanken ab. Doch noch an diesem Nachmittag wurde ihm klar, dass er keine Chance hatte, seinen Plan in die Tat umzusetzen, solange die Kinder auf dem Hof waren. Ständig waren sie um ihn herum, fragten ihn Löcher in den Bauch und tauchten immer überraschend da auf, wo er sie am wenigsten vermutete. Er würde nicht unbemerkt vom Hof kommen, geschweige denn seine Mutter von Gunnars Dachboden holen und an einer für seine Überlegungen günstigen Stelle platzieren können. Auch nicht in der Nacht, stellte er ernüchtert fest, als Per und Arne beschlossen in seinem Bett zu schlafen, damit sie in der fremden Umgebung keine Angst zu haben bräuchten.
Zu diesem Zeitpunkt ging er noch davon aus, dass er ausreichend Zeit hätte, dass er alles wie geplant – nur eben zwei, drei Tage später – durchführen könnte.
Als Margaretha am nächsten Abend anrief und erzählte, es gehe ihrem Vater unverändert schlecht und ihre Schwiegermutter könne die Kinder erst Ende der Woche übernehmen, nahm er auch noch nicht an, dass sich durch die zwei Tage mehr ernsthafte Gefährdungen für ihn ergeben könnten.
Doch am dritten Tag nach Ankunft der Jungs geschah das, was er als allerletzten gemeinen Coup einer tyrannischen Toten empfinden musste.
Die ersten Feriengäste dieses Sommers zogen in Gunnars Ferienhaus ein.
»Angenommen, unsere Tote ist nicht diese Frau«, dabei zeigte Knyst mit dem Finger auf die Fotografie, die er während des Gesprächs in den Händen hin und her gedreht hatte, »und Frau Helm hier tatsächlich einfach vor dem Familienstress geflohen ist … dann müssen wir wieder ganz von vorne anfangen!« Er stöhnte und dachte dabei an die vielen Überstunden, die sich dann wieder zusätzlich belastend auf sein Liebesleben auswirken würden. Und das gerade zu einer Zeit, in der er jede Minute brauchen würde, um zu versuchen, seine Beziehung zu Gitte wieder zu kitten.
»Ermitteln wir hier weiter oder verlassen wir uns auf unsere Intuition? Denn, wenn wir hier nicht weiter machen …«, Lundquist ließ den Satz unvollendet.
Sein Handy brummte laut in der Jackentasche und er fummelte es nervös und linkisch ans Tageslicht. Entschuldigend sah er die Kollegen an. Mitten in Gesprächen oder Überlegungen an jedem beliebigen Ort konnte man von diesem elektronischen Quälgeist gestört werden.
»Lundquist.«
Britta meldete sich und sprudelte sofort los: »Hi, Sven. Du glaubst nicht, was hier abgeht! Kramp braucht dringend einen Zwischenstand – meint er jedenfalls –, um die Presse mit neuem Futter zu versorgen, damit sie nicht mehr so einen Mist über zusätzliche Kontrollen und so veröffentlichen. Und die italienische Familie hat sich bei den Kollegen in, warte mal, ich finde die Notiz jetzt gerade nicht … gemeldet. Ist ja auch eigentlich egal, wo das war. Also, die Beamten haben die Ausweise kontrolliertund die weitere Reiseroute notiert, falls wir noch Fragen haben. Dann haben sie uns angerufen und bestätigt, dass die Familie vollständig ist und sie keine Zweifel an der Echtheit von Personen und Papieren haben.«
Lundquist nutzte die Pause, die Britta einlegen musste, um Luft zu holen.
»Ok. Die sind dann also auch raus. Bleibt demnach noch unsere Weltenbummlerfamilie. Habt ihr eigentlich schon damit angefangen die Familien in der Nähe von Gunnars Sommerhaus unauffällig zu kontrollieren?«
»Ja. Wir sind dran. Knut und Jan haben das übernommen. Aber das wird wohl noch einige Zeit dauern. Du wolltest das ja ›unauffällig‹.« Britta nieste und putzte sich die Nase.
»Oje. Ausgerechnet die beiden!«, Lundquist runzelte gequält die Stirn.
»Na ja – sie fahren ohnehin dort Streife und wir haben eben gedacht, es ist so wirklich am unauffälligsten. Sie können dann die Sache sozusagen im Vorbeigehen erledigen. Vielleicht sehen sie die Personen auch zufällig, dann brauchen sie in manchen Fällen gar nicht zu fragen«, rechtfertigte Britta die getroffene Festlegung.
»Ist ja in Ordnung, Britta. Ihr habt das völlig richtig entschieden. Es ist bestimmt gut, wenn die beiden das
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