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Fern wie Sommerwind

Fern wie Sommerwind

Titel: Fern wie Sommerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrycja Spychalski
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vom Flohmarkt, mit dem großen Bett und den Wänden voller Bücherregale. Das ist ihr Reich, ihre Höhle, in der sie gerne alleine verweilt, ausgelassen barfuß auf den Holzdielen tanzt, nur für sich kocht und abends am Fenster unzählige Zigaretten raucht. Die Männer lassen meistens ihre Telefonnummern da, und Nora sammelt sie in einer kleinen Schachtel, nicht als Trophäen, sondern aus Anstand. Sie könnte die nicht einfach in den Abfalleimer werfen.
    Marten, Ben, Felix, Pete, Noah, Tom, Frederic.
    Einige von ihnen lassen keine Nummer da, die sind froh, ganz unkompliziert aus der Sache aussteigen und nach dem Frühstück in ihr Leben zurückkehren zu können. Das ist okay und Nora die liebste Sorte.
    »Guten Morgen.« Jonas oder Jona oder Joshua steht in der Küchentür.
    »Hey.« Nora deutet auf den Stuhl am Tisch, wo schon die Teller für das Frühstück stehen.
    »Du siehst nicht so aus, als hättest du einen Kater«, sagt er und setzt sich.
    »Hab ich auch nicht.« Nora gießt Kaffee in die Tassen.
    »Wie machst du das?«
    »Ich tanze den Alkohol noch am selben Abend wieder aus meinem Körper.«
    »Das geht?« J. reibt sich die Schläfen.
    Nora dreht sich im Kreis und streckt sich, um zu demonstrieren, wie fit sie sich fühlt.
    »Respekt!«, sagt J. und wärmt seine Hände an der Kaffeetasse. »Mein Kreislauf braucht da etwas länger.«
    »Alles eine Frage der Übung.« Nora grinst.
    »Sieht ganz so aus.« J. will nach Noras Hand greifen, aber sie tut, als hätte sie es nicht bemerkt, und eilt zum Kühlschrank, um Salami und Käse zu holen.
    Da klopft es an der Tür.
    Sie bleibt stehen. Wer könnte das um die Uhrzeit sein?
    »Fang ruhig schon mal an«, sagt sie, wirft etwas nachlässig die verpackte Wurst auf den Tisch und flitzt zur Tür.
    Das Herz rutscht ihr in die Hose, als sie vor der Tür Martin stehen sieht. Popcorn-Martin. Sie ist verwirrt.
    »Was … warum … also, was machst du hier?«, stottert sie.
    »Wir sind verabredet.« Martin grinst und seine Grübchen kommen zum Vorschein.
    »Sind wir?« Nora bricht der Schweiß aus. »Aber wann …«
    »Jetzt!«
    »Schon, aber wann haben wir uns denn … Also ich kann mich nicht erinnern.«
    Dass J. ausgerechnet jetzt durch den Flur aufs Klo muss, ist ganz klar das beschissenste Timing der Welt.
    Martins Grübchen verabschieden sich.
    »Ach so«, meint er bloß.
    »Nein …«, sagt Nora, aber was soll sie weiter sagen? Sie ist überrumpelt und es fällt ihr nichts ein, was jetzt noch gut klingen könnte.
    Schon hastet Martin die Treppe hinunter. Zwei Stufen auf einmal nehmend, das Geländer knarrt.
    Die Haustür fällt ins Schloss. Hart.
    Irmi klopft leise an meine Zimmertür. »Besuch für dich.«
    Ich richte mich im Bett auf, rücke mein Top zurecht und binde meinen Zopf neu. Was war das gerade? Wie ist Martin in die Geschichte reingeraten? Wo kam er so plötzlich her? Ich versuche, mich wieder zu sammeln.
    »Ja?«
    Ruth schaut vorsichtig durch den Türspalt. »Hey du.«
    »Hey.« Ich freue mich, meine Freundin zu sehen. Tatsächlich Freundin. Einfach so ist sie zu einer geworden.
    »Das war ’ne Nacht, was? Kein Wunder, dass du flachliegst.« Ruth setzt sich auf die Bettkante, wo vorhin Irmi schon saß.
    »Und du? Bei dir alles gut?« Ich schiebe meine Decke zur Seite, dami Ruth mehr Platz hat.
    »Super! Wirklich!«
    »Das kann ich mir vorstellen.« Ich zwinkere ihr übertrieben zu.
    »Ach das.« Ruth winkt ab.
    »Was?«
    »Nix, nix. Alles ist super.« Ruth springt auf und schaut sich im Zimmer um. Sie sieht die CDs durch, die in meinem kleinen Holzregal liegen, und legt eine in den Player. Nina Simone, »Here comes the sun«.
    »Hat Martin mir ausgeliehen«, erkläre ich, und Ruth zwinkert mir genauso zu wie ich ihr eben. »Was?«, empöre ich mich. »Rück schon raus mit der Sprache!« Martin hat die CD heute früh, nachdem er mich nach Hause begleitet hatte, noch aus seinem Rucksack gezogen und gewitzelt, die würde sehr gut zu meiner heiseren Stimme passen.
    »Es würde mich doch sehr wundern, wenn Martin dir nicht bald einen Heiratsantrag macht.«
    »Bitte?«
    »Ich meine natürlich nicht wirklich, nur so halt. Der mag dich.« Sie spitzt ihre Lippen und gibt Knutschgeräusche von sich.
    »Ich mag ihn doch auch«, verteidige ich mich.
    »Und? Wo ist das Problem?«
    »Es gibt kein Problem.«
    »Das glaub ich kaum.« Sie legt alle CDs zu einem Stapel zusammen und schiebt sie ordentlich wieder ins Regal.
    Ich schlage die Bettdecke zurück und klettere

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