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Fern wie Sommerwind

Fern wie Sommerwind

Titel: Fern wie Sommerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrycja Spychalski
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drücken.«
    »Nein.«
    »Schisser!«
    »Lass sie«, mischt Martin sich ein und will mir das Telefon aus der Hand nehmen.
    Aber dieses »Lass sie« führt nur dazu, dass ich das Handy umklammere, vom Boden aufstehe, auf Play drücke und in den Wald stapfe, mich ein paar mal um mich selbst drehe, einen wilden Kriegsschrei ausstoße und dann losrenne.
    Ich höre James lachen, tief, aus dem Bauch, dann bleibe ich stehen, sehe auf das Display und höre auf einmal diese unheimlichen Geräusche, dieses Knacken und irgendwelche dumpfen Töne. Alles aus dem kleinen Lautsprecher, aber so raffiniert gemacht, dass die Töne mit der Umgebung verschmelzen und man plötzlich nicht mehr orten kann, welches Geräusch woher kommt.
    Ich laufe ein paar Schritte, schiebe Äste beiseite und lasse das Display nicht aus den Augen. Und da kommt es … er … der Zombie. Zuerst sind es die Augen, die hinter einem Baum aufleuchten, der Blick direkt auf mich gerichtet … dann eine ausgestreckte Hand … Shit … er kommt direkt auf mich zu, kein Platz, zu entkommen! Unschlüssig mache ich ein paar Schritte nach hinten, entscheide mich dann aber anders und lasse mich auf den Boden fallen. Mein Herz rast. Ich kauere mich zusammen und rolle unter einen Busch. Ich höre mich selber schnaufen. Das ist nur ein Spiel, das ist alles nur ein Spiel! Jetzt kommt er, sieht sich nach allen Seiten um und schnuppert wie ein Hund, ein Wolf … Oder doch kein Spiel? Ich grabe meine Nägel in die Erde, der Geruch von Moos und Sand dringt in meine Nase. Der Zombie bewegt sich nicht mehr … steht da, direkt über mir, und macht gurgelnde Geräusche… wartet, lauert. Scheiße. Langsam und leise robbe ich auf der anderen Seite unter dem Busch hervor. Der kann mich doch gar nicht hören, der ist nur im Telefon! Als ich mich weit genug glaube, schieße ich hoch wie eine Rakete und renne, schnell, planlos, die Äste peitschen mir ins Gesicht. Ein Blick auf das Display … unglaublich, aber da sind jetzt mehrere Zombies … von rechts und links kommen sie auf mich zu. Ich werde zu Boden gerissen und ein Schrei hallt durch den Wald, mein Schrei, so tief und laut, wie ich es nicht für möglich gehalten hätte …
    »Geile Scheiße!«, lacht James und hält mich fest, bis ich mich wieder beruhige. »Schön atmen.«
    »Verdammt! Unglaublich!«, keuche ich, noch völlig überwältigt. Diese Adrenalinsache ist wirklich nicht zu unterschätzen.
    Martin kommt angerannt. »Alles okay?«
    »Super!« Ich richte mich auf, streiche mit der Hand über mein verschwitztes Gesicht und verteile damit die Erde von meinen Händen auf der Stirn, dass es bestimmt aussieht wie Kriegsbemalung.
    »Los! Probier das mal«, fordere ich Martin auf und halte ihm das Handy entgegen, und weil Martin jetzt unmöglich kneifen kann, nimmt er das Handy, drückt auf Play und rennt los.
    James und ich sehen ihm hinterher, nicken anerkennend und schlendern dann zum Lagerfeuer zurück. Unterwegs treffen wir auf Rocco und Ruth, die sich völlig ineinander versunken auf dem Boden kugeln und wild rumknutschen und uns zwei gar nicht bemerken. Aha. Also doch! James verdreht die Augen. Ich lächele und freue mich für Ruth, diesmal wirklich, ganz ohne Neid.
    Als wir dann alle wieder von unseren Abenteuern zum Feuer zurückgekehrt sind, auf dem Boden liegen und zu den Sternen nach oben sehen, völlig geflasht von Zombies und Zungenküssen, kann niemand mehr viel sagen. Ich gähne.
    Es wird Zeit aufzubrechen!
    Aber nachdem das Feuer gelöscht und der Müll in einer Tüte verstaut ist, sind wir nicht mehr ganz sicher, in welche Richtung wir müssen. Ich blicke seufzend in die Dunkelheit, wo ich das Meer vermute. Fünf Leute, vier verschiedene Meinungen und Rocco enthält sich.
    »Wie kannst du dich enthalten?«, frage ich entgeistert. »Das ist doch dein Geheimplatz hier!«
    »Ich bin betrunken«, kichert er und legt seinen Arm um Ruths Schulter.
    »Na und?« Ich sehe ihm streng in die Augen.
    »Na und? Na und? Ich habe keinen blassen Schimmer! Ich war hier doch auch noch nie, Mensch. Nichts mit Geheimplatz. Nur vom Hörensagen.« Er setzt sich wieder auf den Boden und fuchtelt mit den Armen in der Luft. »Gehen wir doch einfach dort lang!« Und er zeigt Richtung Strand.
    »Das ist nicht die blödeste Idee«, sagt Ruth und hievt Rocco wieder hoch.
    Aber eine halbe Stunde später stellt sich heraus, dass es doch eine blöde Idee war. Nicht nur dass James sich den Knöchel auf dem steilen Abhang zum Strand hinunter

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