Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fern wie Sommerwind

Fern wie Sommerwind

Titel: Fern wie Sommerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrycja Spychalski
Vom Netzwerk:
mögen?«
    »Was sich liebt, das neckt sich«, wirft Ruth ein und blickt ihm herausfordernd in die Augen.
    »Und du Fräulein! Wir zwei sind noch nicht fertig!« Er zwinkert ihr zu. Ruth lächelt vielsagend. Da geht doch noch was! Das war noch nicht das Ende vom Lied. Aber so ist das wohl, wenn man erst mal anfängt, knutschend auf dem Waldboden herumzurollen. Da ist kein Ende abzusehen.
    »Ach, scheiß drauf! Nora und ich … also, wir … na ja …« Martin hat sich durchgerungen, findet aber nicht mehr raus. Ich muss lachen. Lange hat er es ja nicht ausgehalten.
    »Gott! Wir wussten es noch, bevor ihr es wusstet!« Ruth schüttelt den Kopf und Rocco grinst bis über beide Ohren. Nur James sieht ein wenig so aus, als wüsste er nicht, worum es geht.
    »Ehrlich? Ihr wusstet …? Was wusstet ihr denn?« Jetzt ist Martin baff und sieht verständnislos zu mir. Ich zucke mit den Schultern. »Ich habe nichts damit zu tun.«
    »Ihr seid echt irgendwie vom anderen Stern oder so. Insofern passt das schon ganz gut zusammen.« Ruth fällt mir um den Hals. »Hast dir den Besten rausgepickt«, flüstert sie mir ins Ohr.
    Ich sehe Martin an und lächle. Den Besten rausgepickt. Tatsächlich. Schön und klug und vegetarisch. Ein Künstler, ein Kind der Küste, ein Gentleman, der seinen Pulli verleiht. Er ist doch ein anständiger Junge. Das werde ich Irmi sagen. Vielleicht bringe ich ihn einfach mal mit zu einem gemeinsamen Mittagessen, dann kann sich Irmi ihr eigenes Bild machen.

DIE NÄCHSTEN TAGE vergehen im Flug, in einem permanenten Rausch. Ausgerechnet dann, wenn man wünscht, die Zeit möge stehen bleiben, die Zeiger der Uhr könnten erstarren und niemals mehr anfangen zu ticken, ausgerechnet dann rast sie davon. Der Tag neigt sich dem Ende zu, und die Nacht löst sich im Morgengrauen auf, als wäre sie gar nicht da gewesen.
    Martin und ich verbringen alle freien Minuten zusammen, wir reden über alles, was uns in den Kopf kommt, hören Musik und fahren mit meinem Klapprad durchs Örtchen. Nichts Aufregendes, wir genießen es einfach, beieinander zu sein. Stundenlang auf einem Baumstamm im Wald zu sitzen und uns von Mücken stechen zu lassen. Das ist das Schönste von der ganzen Welt! Einmal schmuggel ich Martin nachts in mein Zimmer. Ich fühle mich ein wenig schlecht dabei, als würde ich Irmi hintergehen, als täte ich ihr Unrecht, aber die Sehnsucht ist so groß, und das einsame Bett kommt mir jetzt falsch vor – wie eine völlige Verschwendung. Man lebt doch nur das eine Mal! Irmi wird mir das verzeihen, rede ich mir ein, und vergesse es sofort wieder, weil jetzt anderes wichtig ist.
    Zaghaft sprechen wir beide über Sex, darüber, was wir gerne mögen. Das geht uns nicht leicht über die Lippen. Hat einem ja niemand beigebracht. Wir probieren es aus. Das ist schon einfacher, weil man dabei die Augen geschlossen lassen kann. Wir kichern leise, wir beißen uns gegenseitig auf die Zungen. Wir träumen vom Reisen und einem gemeinsamen Wohnwagen.
    Die Welt erstreckt sich plötzlich vor uns, der rote Teppich rollt sich aus. Das hier ist etwas Besonderes. Das fühle ich ganz deutlich. Aber ich fühle auch, dass still und leise wieder die Angst angekrochen kommt, dass sie sich dazwischendrängen will, sich einnisten, um alles durcheinanderzubringen. Aber sie ist nicht eingeladen. Da muss ich jetzt wirklich streng sein, die Höflichkeiten mal über Bord werfen, eine Ansage machen. Geh weg! Geh weg, du Scheißangst, die du immer nur willst, dass man mittelmäßig, langweilig vor sich hinlebt.
    Ein wenig albern fühle ich mich schon dabei, wie ich versuche, mich selbst auszutricksen. Aber irgendwo muss man ja anfangen!
    Küssen bleibt unsere absolute Lieblingsbeschäftigung, das können wir stundenlang. Hinter einem Haus, versteckt in den Dünen, angelehnt an einen Baum im Wald.
    Bei Sonnenuntergang am Strand zeichnet Martin mein Profil und schenkt mir das Bild dann. Im Gegenzug dafür fädel ich den grünen Stein mit Loch in der Mitte auf ein Lederband und binde ihn Martin um den Hals.
    »Jetzt siehst du wirklich wie ein Künstler aus.«
    Küssen.
    Wir schlendern umher, Hand in Hand, Arm in Arm, durch den Wald, durch den Ort, die Promenade entlang. Kurze Pausen auf Bänken.
    Küssen.
    Wir fahren ins nächste Dorf zum Freilichtkino und sehen uns eine Sommerkomödie an. Liegen eingewickelt in eine Decke auf dem frisch gemähtem Rasen und teilen uns eine Cola.
    Küssen.
    »Meine Mutter hat gefragt, ob du mal zu uns zum

Weitere Kostenlose Bücher