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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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die runde Gefäßwand drückte, wirkte ziemlich beunruhigend.
    »Also zumindest sehe ich besser aus als du !« murmelte ich, während ich eine widerspenstige Haarnadel feststeckte.
    Und besser als die Frau im Laden, dachte ich bei mir. Gerade steckte sie stirnrunzelnd ihren Einkauf in die Tasche, die sie bei sich trug. Sie hatte die blasse Haut einer Städterin und ziemlich viele Falten.
    »Der Teufel soll dich holen, du kleine Ratte«, sagte sie zornig zu dem Jungen, als sie alle miteinander aus dem Laden polterten. »Hab’ ich dir nicht schon tausendmal gesagt, du sollst deine Pfoten in der Tasche lassen!«

    »Entschuldigen Sie.« Getrieben von einer unwiderstehlichen Neugier, trat ich vor und unterbrach sie.
    »Aye?« Abgelenkt von ihrer mütterlichen Strafpredigt, schaute sie mich verblüfft an. Von nahem sah ihr Gesicht noch verhärmter aus.
    »Ihre netten Kinder sind mir aufgefallen«, sagte ich mit soviel Bewunderung, wie ich auf die schnelle aufbringen konnte. Dabei strahlte ich sie freundlich an. »So hübsch sind die Kleinen! Sagen Sie mir doch, wie alt sind sie?«
    Die Kinnlade fiel ihr herunter. Sie blinzelte und sagte dann: »Ach, das ist aber freundlich von Ihnen, Madam. Ja… Maisri hier ist zehn.« Sie nickte dem ältesten Mädchen zu, das gerade dabei war, sich mit dem Ärmel die Nase zu putzen. »Joey ist acht - nimm den Finger aus der Nase, du Schlingel!« zischte sie, drehte sich dann um und tätschelte stolz ihrer Jüngsten den Kopf. »Und die kleine Polly ist diesen Mai sechs geworden.«
    »Kaum zu glauben!« Ich sah die Frau an, als wäre ich höchst erstaunt. »Daß Sie in Ihrem Alter schon so große Kinder haben! Sie haben wohl ganz jung geheiratet.«
    Sie fühlte sich geschmeichelt und lächelte geziert.
    »Ach nein! So jung nun auch wieder nicht. Ich war immerhin schon neunzehn, als Maisri auf die Welt gekommen ist.«
    »Erstaunlich«, sagte ich, ohne zu heucheln. Ich wühlte in meiner Rocktasche und gab den Kindern je einen Penny, für den sie sich schüchtern knicksend bedankten. »Einen guten Tag wünsche ich Ihnen«, sagte ich zu der Frau und verabschiedete mich lächelnd und winkend.
    Neunzehn, als die Älteste geboren wurde, und Maisri war jetzt zehn. Also war die Mutter neunundzwanzig. Und dank der Segnungen einer guten Ernährung, der Hygiene und der Kunst der Zahnärzte und nicht verbraucht durch Schwangerschaften und harte Arbeit, sah ich erheblich jünger aus als sie. Ich holte tief Luft und trat in die Carfax Close.
    Es war eine ziemlich lange, verwinkelte Sackgasse, und die Druckerei befand sich am Ende. Zu beiden Seiten gab es schöne Geschäfte und Wohnhäuser, aber meine Aufmerksamkeit galt einzig und allein dem sauberen, weißen Schild, das an der Tür hing.
    A. MALCOLM
DRUCKER UND BUCHHÄNDLER
stand darauf, und darunter: Bücher, Visitenkarten, Broschüren, Flugschriften, Briefe etc.
    Ich strich über die schwarzen Buchstaben des Namens A. Malcolm, Alexander Malcolm. James Alexander Malcolm MacKenzie Fraser. Vielleicht.
    Wenn ich noch einen Augenblick wartete, würde ich die Nerven verlieren. Ich stieß die Tür auf und trat ein.
    Den vorderen Teil des Raumes füllte ein breiter Ladentisch mit einer offenen Klappe und einem Regal an einer Seite, auf dem mehrere Tabletts mit Lettern standen. An der gegenüberliegenden Wand hingen Plakate und Bekanntmachungen aller Art, die zweifellos als Muster dienten.
    Durch die offene Tür zum Hinterzimmer war eine klobige, eckige Druckerpresse zu sehen. Darüber beugte sich, mit dem Rücken zu mir, Jamie.
    »Bist du’s, Geordie?« fragte er, ohne sich umzudrehen. Er trug ein Hemd und Kniehosen und hatte irgendein kleines Werkzeug in der Hand, mit dem er sich im Innern der Maschine zu schaffen machte. »Du hast ganz schön lang gebraucht. Hast du das…«
    »Ich bin nicht Geordie«, erwiderte ich. Meine Stimme war höher als sonst. »Ich bin’s… Claire.«
    Ganz langsam richtete er sich auf. Sein langes Haar hatte er sauber zu einem dicken Zopf zusammengebunden. Es war rot mit Kupfersträhnen durchsetzt. Ich hatte Zeit zu beobachten, daß es von einem grünen Band zusammengehalten wurde, dann drehte er sich um.
    Wortlos starrte er mich an. Sein muskulöser Hals zitterte, als er schluckte, aber er sagte nichts.
    Es war das wohlbekannte gutmütige Gesicht, die schrägen, dunkelblauen Augen über den hohen Wikingerwangenknochen, der große Mund, der sich an den Winkeln kräuselte, als würde er gleich lächeln. Die Falten um Augen und

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