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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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brauner
Flüssigkeit unter ihm aus. Ich quietschte vor Schreck, sprang auf und half ihm auf die Beine. Nachdem er vergeblich versucht hatte, das Ausmaß des Schadens an seinem Hosenboden abzuschätzen, zuckte er die Schultern und machte seine Hose auf. Er zog den festen Stoff über die Hüften herunter, hielt dann aber inne und sah mich errötend an.
    »Ist schon gut.« Ich spürte, wie auch mir eine brennende Röte ins Gesicht stieg. »Wir sind verheiratet.« Dennoch schlug ich die Augen nieder. »Oder etwa nicht?«
    Er sah mich lange an, dann verzog er seine weichen Lippen zu einem Lächeln.
    »Aye, das sind wir.« Er befreite sich von seiner fleckigen Hose und kam zu mir.
    Ich streckte die Hand nach ihm aus. Mehr als alles in der Welt wollte ich ihn berühren, doch ich war seltsam schüchtern. Wie sollten wir nach all der Zeit wieder beginnen?
    Auch er empfand diese Mischung aus Schüchternheit und Nähe, die uns Einhalt gebot. Er blieb vor mir stehen und nahm meine Hand. Einen Augenblick zögerte er, dann neigte er den Kopf. Seine Lippen streiften kaum meine Fingerknöchel. Dann berührte er den silbernen Ring.
    »Ich habe ihn nie abgenommen«, platzte ich heraus. Es schien mir wichtig, ihm das zu sagen. Er drückte meine Hand, ließ sie aber nicht los.
    »Ich möchte…« Er schluckte. Wieder tastete er nach meinem silbernen Ring. »Ich möchte dich so gern küssen«, sagte er dann leise. »Darf ich?«
    Die Tränen waren noch nicht versiegt. Wieder kullerten mir zwei über die Wangen.
    »Ja«, flüsterte ich.
    Er zog mich behutsam an sich.
    »Ich hab’ das schon sehr lang nicht mehr getan«, sagte er. In seinen blauen Augen sah ich Hoffnung und Furcht. Ich empfing seine Gabe und gab sie ihm zurück.
    »Ich auch nicht«, flüsterte ich.
    Mit köstlicher Zärtlichkeit umfaßte er mein Gesicht und legte seine Lippen auf die meinen.
    Ich wußte nicht genau, was ich erwartet hatte. Ein Wiederaufleben
der wilden Leidenschaft unserer Trennung? Daran hatte ich so oft gedacht, es in Erinnerung immer wieder durchlebt, ohne am Ausgang etwas ändern zu können. Die stürmischen, schier endlosen Stunden der Ekstase in der Dunkelheit unseres Ehebetts? Danach hatte ich mich gesehnt und war in der Erinnerung daran oft schweißgebadet und zitternd erwacht.
    Aber jetzt waren wir Fremde, berührten uns kaum. Ein jeder suchte behutsam den Weg zur Vereinigung, suchte und gewährte wortlos mit schweigenden Lippen. Ich hatte die Augen geschlossen und wußte, ohne hinzusehen, daß auch Jamie die seinen geschlossen hatte. Wir hatten einfach Angst, einander anzusehen.
    Er begann mich sachte zu streicheln, ertastete durch die Kleider hindurch meine Rippen, machte sich wieder mit meinem Körper vertraut. Schließlich glitt seine Hand über meinen Arm und griff nach meiner rechten Hand. Wieder suchte und fand er den Ring, umkreiste ihn, betastete das verschlungene Hochlandmuster, das die Jahre glattpoliert, aber nicht ausgelöscht hatten.
    Seine Lippen lösten sich von den meinen und wanderten über meine Wangen und Augen. Ich streichelte sanft seinen Rücken und spürte durch sein Hemd die Spuren der alten Narben, die wie mein Ring abgeschliffen, aber nicht ausgelöscht waren.
    »Ich habe dich so oft gesehen«, flüsterte er mir ins Ohr. »Du bist so oft zu mir gekommen. Manchmal im Traum. Als ich im Fieber lag. Als ich solche Angst hatte und so einsam war, daß ich meinen Tod kommen sah. Immer wenn ich dich brauchte, sah ich dich vor mir, lächelnd, dein Gesicht von Locken eingerahmt. Aber du hast nie etwas gesagt und du hast mich nie berührt.«
    »Jetzt kann ich dich berühren.« Ich strich über seine Schläfen, sein Ohr, seine Wange und sein Kinn. Dann glitt meine Hand unter die zusammengebundenen kupferfarbenen Haare in seinem Nacken, und schließlich hob er den Kopf und nahm mein Gesicht zwischen beide Hände. Seine dunkelblauen Augen glühten vor Liebe.
    »Fürchte dich nicht«, sagte er leise. »Wir sind jetzt zu zweit.«
     
    Wir hätten eine Ewigkeit so dastehen und uns ansehen können, wenn die Ladenglocke über der Tür nicht geläutet hätte. Ich ließ Jamie los und drehte mich hastig um. In der Tür stand ein kleiner,
drahtiger Mann mit borstigen Haaren und starrte uns mit offenem Mund an. In einer Hand hielt er ein Plakat.
    »Ah, da bist du ja, Geordie! Was hat dich aufgehalten?« fragte Jamie.
    Geordie blieb ihm die Antwort schuldig. Ungläubig musterte er seinen Arbeitgeber, der mit nackten Beinen und im Hemd mitten im

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