Ferne Ufer
Hof versteckt und blieb auf seinem Posten, bis der Mann aufstand, seine Zeche bezahlte und sich gemächlich auf den Weg machte.
»Tavernen hat er keine mehr aufgesucht«, berichtete der Junge und wischte sich einen Tropfen Milch vom Kinn. »Er ging ohne Umwege in die Carfax Close, zur Druckerei.«
Jamie murmelte etwas auf gälisch vor sich hin.
»Tatsächlich? Und dann?«
»Der Laden war natürlich geschlossen. Als er merkte, daß die Tür verriegelt war, sah er zum Fenster hinauf, als wollte er einbrechen. Aber dann schaute er sich um. Es waren viele Leute unterwegs - um die Uhrzeit ist immer viel los, da herrscht ein reges Kommen und Gehen im Süßwarenladen. Also blieb er eine Weile auf der Treppe stehen, überlegte und eilte dann auf den Ausgang der Sackgasse zu - ich mußte mich im Geschäft des Schneiders verstecken, damit er mich nicht sah.«
Am Ende der Sackgasse hatte der Mann kurz überlegt, sich dann nach rechts gewandt und war nach wenigen Schritten in einer kleinen Gasse verschwunden.
»Ich wußte, daß die Gasse zum Hinterhof führt«, erklärte Ian. »Also merkte ich sofort, was er vorhatte.«
»Da ist ein kleiner Hof hinter der Sackgasse«, erklärte Jamie, als er meinen fragenden Blick sah. »Für den Müll und für Lieferungen und so weiter - der Hintereingang der Druckerei führt auf diesen Hof.«
Ian nickte und stellte seine leere Schale weg. »Aye. Ich dachte, daß er auf jeden Fall ins Haus wollte. Und da fielen mir die neuen Flugblätter ein.«
»Himmel«, sagte Jamie. Er war blaß geworden.
»Flugblätter?« Ian zog erstaunt die Brauen hoch. »Was für Flugblätter?«
»Der neue Auftrag von Mr. Gage«, erklärte der junge Ian.
Ian verstand genausowenig wie ich, worum es ging.
»Politik«, sagte Jamie schlicht. »Eine Pamphlet für die Aufhebung des neuens Stempelgesetzes - mit einem Aufruf zum bürgerlichen Widerstand - notfalls mit Gewalt. Fünftausend Stück, frisch gedruckt. Sie lagen im Hinterzimmer. Gage wollte sie morgen früh abholen.«
»Himmel«, sagte Ian. Er war noch blasser geworden als Jamie, den er halb entsetzt, halb ehrfürchtig anstarrte. »Bist du vollkommen verrückt geworden?« fragte er. »Du mit deinem Rücken, auf dem nicht ein Fleckchen ohne Narben ist? Auf deinem Begnadigungsschreiben ist ja noch kaum die Tinte getrocknet! Du tust dich mit Tom Gage und seinem Verein von Aufwieglern zusammen und ziehst auch noch meinen Sohn mit hinein?«
Er war immer lauter geworden und sprang nun mit geballten Fäusten auf.
»Wie konntest du nur so etwas tun, Jamie? Haben wir unter deinen Taten nicht genug zu leiden gehabt, Jenny und ich? Im Krieg und nach dem Krieg - bei Gott, ich habe gedacht, du hast die Nase voll von Gefängnissen, Blut und Gewalt!«
»Das habe ich auch«, entgegnete Jamie knapp. »Ich gehöre nicht zu Gages Gruppe. Aber ich verdiene mein Geld als Drucker, aye? Er hat für diese Flugblätter bezahlt.«
In maßloser Wut hob Ian die Hände. »Ach ja! Und das fällt dann auch groß ins Gewicht, wenn dich die Beamten der Krone verhaften und zur Hinrichtung nach London bringen! Wenn so etwas in deinem Haus gefunden wird -« Plötzlich kam ihm ein Gedanke, und er wandte sich seinem Sohn zu.
»Das war’s doch?« fragte er. »Du wußtest, was für Flugblätter das waren - deshalb hast du sie verbrannt, oder?«
Der junge Ian nickte feierlich wie eine Eule.
»Ich hatte keine Zeit mehr, sie zu verstecken. Nicht fünftausend Stück. Der Mann - der Seemann - er hatte das hintere Fenster herausgebrochen und griff nach dem Schnappschloß an der Tür.«
Ian wirbelte herum.
»Fahr zur Hölle!« fuhr er Jamie an. »Du rücksichtsloser, hirnverbrannter Narr, der du bist, Jamie Fraser! Erst die Jakobiten und jetzt das!«
Jamie lief dunkelrot an.
»Trage ich die Schuld an dem, was Charles Stuart getan hat?« rief er. Seine Augen blitzten wütend, und er setzte seine Teetasse so heftig ab, daß Tee und Whisky auf die polierte Tischplatte schwappten. »Habe ich nicht alles versucht, um den Narren aufzuhalten? Habe ich in diesem Kampf nicht alles gegeben, alles , Ian! Mein Land, meine Freiheit, meine Frau - für den Versuch, uns alle zu retten?« Er warf mir einen Blick zu, der ahnen ließ, was ihn die letzten zwanzig Jahre gekostet hatten.
»Und was die Last betrifft, die ich für deine Familie war - du hast dabei auch gewonnen, Ian! Lallybroch gehört jetzt dem jungen James, nicht wahr? Das ist dein Sohn, nicht meiner!«
Bei diesen Worten zuckte Ian
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