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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Miss Cowden, »denn welche Frau hätte ihn genommen - mit ihr als Dreingabe.«
    In seiner Not hatte er bei Gott Zuflucht gesucht und war Geistlicher geworden. Er konnte seine Schwester nicht allein lassen, hielt es aber auch nicht lange mit ihr im Haus der Familie in Burntisland aus, und so hatte er eine Kutsche gekauft, eine Pflegerin für Margaret eingestellt und von nun an Ausflüge in die Dörfer der Umgebung gemacht, um zu predigen. Und seine Schwester nahm er häufig mit.

    Mit seinen Predigten war ihm Erfolg beschieden, und in diesem Jahr hatte ihn die Gesellschaft Presbyterianischer Missionare gebeten, seine bisher längste Reise anzutreten, nämlich nach Westindien, wo er in den Kolonien Jamaika und Barbados Kirchen aufbauen und Presbyter ernennen sollte. Seine Gebete waren erhört worden, und so hatte er den Familienbesitz in Burntisland verkauft und seine Schwester nach Edinburgh gebracht, während er Vorbereitungen für die Reise traf.
    Ich warf noch einen Blick auf die reglose Frau am Feuer.
    »Leider«, sagte ich seufzend, »kann ich nicht viel für sie tun. Aber ich werde etwas aufschreiben, was der Apotheker für sie zusammenstellen kann, bevor Sie abreisen.«
    Wenn es nicht half, so würde es wenigstens nicht schaden, überlegte ich, während ich die Zutaten für ein beruhigendes Tonikum auflistete: Kamille, Hopfenblüten, Gartenraute, Gänsefingerkraut, Verbene und eine gute Prise Pfefferminz.
    Reverend Campbell war noch nicht zurückgekehrt, und ich sah eigentlich keinen Grund, auf ihn zu warten. Also reichte ich Miss Cowden das Rezept, verabschiedete mich von Miss Campbell, öffnete die Schlafzimmertür und wäre beinahe mit Ian zusammengestoßen.
    »Oh!« rief er verblüfft. »Ich wollte dich gerade suchen, Tante. Es ist fast halb vier, und Onkel Jamie hat gesagt…«
    »Jamie?« sagte eine Stimme hinter mir - sie kam vom Sessel neben dem Feuer.
    Miss Cowden und ich wirbelten herum und sahen Miss Campbell, die vollkommen aufrecht dasaß, die Augen immer noch weit aufgerissen, aber nicht mehr blicklos. Sie sah zur Tür, und als Ian eintrat, begann Miss Campbell zu schreien.
     
    Ziemlich aufgewühlt durch unsere Begegnung mit Miss Campbell machten wir uns auf den Rückweg ins Bordell, wo wir von Bruno empfangen und in den hinteren Salon geführt wurden. Dort saßen Jamie und Fergus in ein Gespräch vertieft.
    »Es stimmt, wir können Sir Percival nicht trauen«, sagte Fergus, »aber in diesem Fall - was hätte er davon, Sie vor einem Hinterhalt zu warnen, den es gar nicht gibt?«
    »Verdammt soll ich sein, wenn ich das wüßte«, entgegnete Jamie
offen und reckte sich auf seinem Stuhl. »Also schließen wir daraus, daß die Zöllner einen Hinterhalt geplant haben. Zwei Tage, sagte er. Das wäre Mullen’s Cove.« Dann sah er mich und Ian und bedeutete uns, Platz zu nehmen.
    »Also dann bei den Felsen unterhalb von Balcarres?« fragte Fergus.
    Jamie runzelte nachdenklich die Stirn und trommelte mit den beiden steifen Fingern seiner rechten Hand auf die Tischplatte.
    »Nein«, sagte er schließlich. »Nehmen wir Arbroath, die kleine Bucht unterhalb der Abtei. Nur um sicherzugehen, aye?«
    »In Ordnung.« Fergus schob den halbleeren Teller mit Haferkuchen, von dem er gegessen hatte, weg, und stand auf. »Ich werde die Leute in Kenntnis setzen, Herr. Arbroath in vier Tagen.« Er nickte mir zu, warf sich den Umhang um die Schultern und ging hinaus.
    »Geht es ums Schmuggeln, Onkel?« fragte Ian voller Eifer. »Kommt ein Schiff aus Frankreich?« Er nahm sich einen Kuchen und biß hinein, wobei er Krümel über den ganzen Tisch verstreute.
    Jamies Augen waren immer noch nachdenklich, doch dann sah er seinen Neffen scharf an. »Aye, so ist es. Und du, Ian, hast damit überhaupt nichts zu schaffen.«
    »Aber ich könnte helfen«, protestierte der Junge. »Du brauchst doch bestimmt jemanden, der die Maultiere hält!«
    »Nach all dem, was dein Vater uns beiden gestern erzählt hat, kleiner Ian? Du hast ein verdammt kurzes Gedächtnis, mein Junge!«
    Ian sah etwas beschämt aus und nahm sich noch einen Haferkuchen, um seine Verwirrung zu überspielen. Da er vorerst schwieg, nutzte ich die Gelegenheit, selbst einige Frage zu stellen.
    »Du gehst nach Arbroath, um dort ein französisches Schiff zu entladen, das geschmuggelten Schnaps liefert?« fragte ich. »Meinst du nicht, daß das ziemlich gefährlich ist - nach allem, was Sir Percival gesagt hat?«
    Jamie musterte mich mit hochgezogenen Brauen, antwortete

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