Ferne Ufer
aber halbwegs geduldig.
»Nein. Sir Percival hat mir zu verstehen gegeben, daß das Treffen in zwei Tagen bekannt ist. Das sollte bei Mullen’s Cove stattfinden. Ich habe jedoch eine Absprache mit Jared und seinen
Kapitänen getroffen. Wenn eine Verabredung aus irgendeinem Grund nicht eingehalten werden kann, bleibt das Schiff in einiger Entfernung von der Küste und kehrt in der nächsten Nacht zurück - aber an einen anderen Ort. Und es gibt noch eine dritte Ausweichmöglichkeit, sollte auch das zweite Treffen abgeblasen werden.«
»Aber wenn Sir Percival vom ersten Treffpunkt weiß, wird er dann nicht auch die anderen kennen?« beharrte ich.
Jamie schüttelte den Kopf und schenkte sich einen Becher Wein ein.
»Nein«, sagte er. »Die Treffpunkte, es sind je drei, werden von Jared und mir vereinbart, er teilt sie mir in einem versiegelten Brief mit, der einem Päckchen an Jeanne beiliegt. Sobald ich den Brief gelesen habe, verbrenne ich ihn. Die Männer, die beim Entladen des Schiffes helfen werden, kennen natürlich den ersten Treffpunkt - ich vermute, einer von ihnen hat etwas durchsickern lassen. Aber niemand, nicht einmal Fergus, kennt die anderen Treffpunkte im voraus. Wenn wir dann auf den zweiten ausweichen müssen, sind die Männer schlau genug, den Mund zu halten.«
»Aber dann ist es doch auf jeden Fall sicher, Onkel!« platzte Ian heraus. »Bitte, laß mich mitkommen! Ich werde dir nicht im Weg sein«, versprach er.
Jamie warf seinem Neffen einen unfreundlichen Blick zu.
»Aye, genau das wirst du tun«, sagte er. »Du kommst mit mir nach Arbroath, bleibst aber bei deiner Tante im Gasthaus an der Straße oberhalb der Abtei, bis wir fertig sind. Ich muß den Jungen heim nach Lallybroch bringen, Claire«, erklärte er mir, »und die Sache mit seinen Eltern wieder einrenken, so gut es geht.« Der ältere Ian war am Morgen abgereist, bevor Jamie und sein Neffe im Halliday’s eintrafen; er hatte keine Nachricht hinterlassen, aber vermutlich hatte er sich auf den Heimweg gemacht. »Du hast doch nichts gegen die Reise? Ich würde dich nicht darum bitten, wo du doch gerade erst die Fahrt von Inverness hierher überstanden hast…« - in seinen Augen leuchtete ein verschwörerisches Lächeln -, »aber ich muß ihn so bald wie möglich zurückbringen.«
»Es macht mir überhaupt nichts aus«, versicherte ich ihm. »Ich würde mich freuen, Jenny und den Rest deiner Familie wiederzusehen.«
»Aber Onkel«, platzte Ian heraus. »Was ist mit…«
»Sei ruhig!« fuhr Jamie ihn an. »Das reicht jetzt, Kleiner. Kein Wort mehr, aye?«
Ian sah verletzt aus, nahm sich aber noch einen Kuchen und schob ihn in den Mund, als wollte er damit seine Absicht kundtun, nunmehr zu schweigen.
Jamie entspannte sich und lächelte mich an.
»Und wie war dein Besuch bei der Irren?«
»Sehr interessant«, sagte ich. »Jamie, kennst du Leute namens Campbell?«
»Höchstens drei- bis vierhundert«, meinte er lächelnd. »Denkst du an einen bestimmten Campbell?«
»An eine ganze Familie.« Ich erzählte ihm die Geschichte von Archibald Campbell und seiner Schwester Margaret.
Er schüttelte den Kopf und seufzte. Sein Gesicht war gramzerfurcht, und er sah zum erstenmal wirklich älter aus.
»Es ist nicht die schlimmste Geschichte, die ich über das gehört habe, was sich nach Culloden zugetragen hat«, sagte er. »Aber ich glaube nicht - warte.« Er überlegte. »Margaret Campbell, Margaret. Ein hübsches Mädchen - vielleicht so groß wie die zweite Mary? Und mit weichen, braunen Haaren wie Zaunkönigfedern und einem lieblichen Gesicht?«
»Vor zwanzig Jahren hat sie wahrscheinlich so ausgesehen.« Ich dachte an die reglose, schwerfällige Frau am Feuer. »Du kennst sie also doch?«
»Aye, ich glaube schon.« Nachdenklich zog er die Brauen zusammen. »Aye, wenn ich mich nicht irre, war sie Ewan Camerons Liebste. Erinnerst du dich an Ewan?«
»Natürlich.« Ewan war ein großer, gutaussehender Mann gewesen, immer zu Späßen aufgelegt. In Holyrood hatte er mit Jamie zusammengearbeitet und Informationen gesammelt, die aus England durchsickerten. »Was ist aus Ewan geworden? Oder sollte ich lieber nicht fragen?« Ich sah, wie sich ein Schatten über Jamies Gesicht legte.
»Die Engländer haben ihn erschossen«, sagte er ruhig. »Zwei Tage nach Culloden.« Für einen Augenblick schloß er die Augen, dann lächelte er mich müde an.
»Gott segne Reverend Archibald Campbell. Während des Aufstands
habe ich ein paarmal von ihm
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