Ferne Ufer
seiner Zähne.
»Ich kann einen Falken von einem Fuchsschwanz unterscheiden, wenn der Wind Nord bis Nordwest steht«, versicherte er mir. »Ebenso ein süßes, wohlgerundetes Mädchen von einem gepökelten Schinken, trotz der Ähnlichkeit.« Er packte meine Pobacken und drückte sie so heftig, daß ich aufschrie und ihm ans Schienbein trat.
»Bestie!«
»Bestie? Soso!« Er lachte. »Na dann…« Mit bedrohlichem
Knurren verschwand er unter der Decke und nagte und knabberte sich an meinen Schenkeln hoch, ohne sich von meinem Gekreisch und dem Getrommel meiner Hände auf seinem Rücken und seinen Schultern stören zu lassen. Im Eifer des Gefechts glitt die Decke zu Boden.
»Vielleicht ist der Unterschied doch kleiner, als ich dachte«, sagte er und hob kurz den Kopf, um Luft zu schnappen. Grinsend drückte er meine Beine auf die Matratze. Sein rotes Haar stand ihm zu Berge wie die Stacheln eines Stachelschweins. »Du schmeckst tatsächlich salzig, muß ich feststellen. Was…«
Plötzlich flog die Türe auf. Erschrocken blickten wir auf. In der Tür stand ein junges Mädchen, dem ich noch nie zuvor begegnet war. Sie mochte fünfzehn oder sechzehn Jahre alt sein, hatte langes, flachsblondes Haar und große, blaue Augen, die mich entsetzt anstarrten. Ihr Blick wanderte langsam von meinem zerzausten Haar über meine nackten Brüste und meine Rundungen, bis sie auf Jamie trafen, der, ebenso leichenblaß vor Entsetzen wie sie, zwischen meinen Schenkeln lag.
»Papa!« stieß sie höchst aufgebracht hervor. »Wer ist diese Frau?«
34
Papa
»Papa?« fragte ich verständnislos. »Papa?«
Als die Türe aufflog, war Jamie zu Stein erstarrt. Jetzt schoß er hoch und griff nach der Decke. Er strich sich das zerzauste Haar aus der Stirn, während er das Mädchen zornig anfunkelte.
»Was in drei Teufels Namen tust du hier?« fragte er heiser vor Wut. Überwältigt vom Anblick des nackten, rotbärtigen Mannes, trat das Mädchen einen Schritt zurück, reckte aber sogleich das Kinn und erwiderte seinen zornigen Blick.
»Mutter ist auch hier.«
Hätte Jamie eine Kugel getroffen - die Wirkung wäre die gleiche gewesen. Es durchfuhr ihn wie ein Blitz, und er wurde kreidebleich.
Plötzlich hörten wir hastige Schritte auf der Holztreppe. Die Farbe kehrte in sein Gesicht zurück, er sprang aus dem Bett, warf mir hastig die Decke zu und schnappte sich seine Hose.
Kaum hatte er sie übergestreift, platzte ein weiteres weibliches Wesen herein. Wie angewurzelt blieb sie stehen und starrte mit weitaufgerissenen Augen auf das Bett.
»Also doch!« Die geballten Fäuste in die Hüften gestemmt, stürmte sie auf Jamie zu. »Also ist es wahr! Es ist die Sassenach-Hexe! Wie konntest du mir das antun, Jamie Fraser?«
»Sei still, Laoghaire!« fuhr er sie an. »Nichts habe ich dir angetan.«
Ich setzte mich auf, lehnte mich an die Wand und preßte ungläubig die Decke an die Brust. Erst als Jamie sie beim Namen anredete, erkannte ich Laoghaire wieder. Vor gut zwanzig Jahren war sie ein graziles sechzehnjähriges Mädchen gewesen mit rosiger Samthaut, flachsblondem Haar und einer heftigen - aber unerwiderten
- Leidenschaft für Jamie Fraser. Offensichtlich hatte sich einiges geändert.
Jetzt, wo sie auf die Vierzig zuging, war sie nicht mehr schlank, sondern eher füllig. Ihre Haut war immer noch rosig, aber wettergegerbt, und über den rundlichen Wangen glühte sie vor Zorn. Aschfarbene Haarsträhnen lugten unter ihrer weißen Matronenhaube hervor. Nur ihre hellblauen Augen blickten mich ebenso haßerfüllt an wie einst.
»Er gehört mir!« zischte sie und stampfte mit dem Fuß auf. »Fahr zur Hölle, wo du hergekommen bist, und laß ihn mir! Verschwinde, sag’ ich!«
Da ich keine Anstalten machte, ihr den Gefallen zu tun, hielt sie blindwütig nach einer Waffe Ausschau. Da fiel ihr Blick auf den blauen Krug, und sie griff nach ihm und holte aus. Doch schon war Jamie an ihrer Seite. Er stellte den Krug zurück auf die Kommode und packte Laoghaire so fest am Oberarm, daß sie aufschrie.
Unsanft schob er sie zur Tür. »Geh nach unten, Laoghaire«, befahl er. »Ich komme gleich nach, dann können wir reden.«
»Reden willst du also mit mir, was?« schrie sie und ging zornentbrannt auf ihn los und fuhr ihm mit den Fingernägeln übers Gesicht.
Er stöhnte, nahm sie am Handgelenk und schob sie hinaus auf den Gang. Dann knallte er die Tür hinter ihr zu und drehte den Schlüssel um.
Als er sich umwandte, saß ich bereits auf dem Bett
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