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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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gefälligst still und spann die Muskeln nicht an.« Ich stieß ihm die Nadel ins Hinterteil und drückte den Kolben langsam nach unten.
    »Autsch!« beschwerte sich Jamie und rieb sich empört das Hinterteil.
    »Nach einer Minute hört es auf zu brennen.« Ich goß einen Schluck Weinbrand in sein Glas. »Jetzt kannst du ein wenig davon trinken.«
    Wortlos leerte er das Glas und sah mir zu, wie ich die Spritzen wieder in das Tuch einrollte. Schließlich meinte er: »Ich dachte immer, man steckt Nadeln nur in Unglücksbringer, wenn man jemanden verhexen möchte, und nicht in die Menschen selbst.«
    »Es ist keine Nadel, es ist ein Spritze.«
    »Egal, wie du es nennst, es hat sich angefühlt wie ein verdammter Hufnagel. Würdest du mir bitte erklären, was es meinem Arm helfen soll, wenn du mir Nadeln in den Hintern stichst?«
    Ich atmete tief ein. »Erinnerst du dich daran, wie ich dir einmal von Keimen erzählt habe?«
    Verständnislos blickte er mich an.
    »Kleine Tiere. Zu klein, als daß man sie sehen kann«, führte ich aus. »Sie können durch verdorbenes Essen oder Wasser oder eben auch durch offene Wunden in den Körper gelangen und einen krank machen.«
    Er starrte interessiert auf seinen Arm. »Dann habe ich wohl Keime in meinem Arm, was?«
    »Zweifellos!« Ich klopfte mit dem Finger auf die kleine Schachtel. »Die Medizin, die ich dir gerade in den Hintern gespritzt habe, tötet sie. Du kriegst jetzt bis zum Morgen alle vier Stunden eine Spritze, und dann werden wir weiter sehen.«

    Ich hielt inne. Kopfschüttelnd starrte Jamie mich an.
    »Verstehst du?« fragte ich ihn. Er nickte langsam.
    »Ja. Ich hätte dich vor zwanzig Jahren doch verbrennen lassen sollen.«

37
    Was sich hinter einem Namen verbirgt
    Nachdem ich ihm die Spritze verabreicht und ihn bequem gebettet hatte, setzte ich mich an seine Seite und wartete, daß er wieder einschlief. Ich erlaubte ihm, meine Hand zu halten. Nach einer Weile fiel die seine schlaff herab.
    Die restliche Nacht verbrachte ich dösend neben ihm. Noch zwei Injektionen, die letzte bei Tagesanbruch, dann war das Fieber eingedämmt. Jamies Haut fühlte sich immer noch warm an, glühte aber nicht mehr, und er war ruhiger geworden. Auf die letzte Spritze hatte er mit unterdrücktem Murren reagiert und nur leise gestöhnt.
    »Die Keime des achtzehnten Jahrhunderts sind machtlos gegen Penicillin«, erklärte ich der in Decken gehüllten Gestalt. »Jeder Widerstand ist zwecklos. Selbst Syphilis könnte ich im Nu heilen.«
    Und dann? fragte ich mich, als ich in die Küche stolperte, um mir heißen Tee und etwas zu essen zu besorgen. Eine fremde Frau - wahrscheinlich die Köchin oder das Hausmädchen - schürte soeben das Feuer im Backsteinofen. Sie schien nicht überrascht, mich zu sehen, und brachte mir Tee und frische kleine Kuchen vom Blech. Nachdem sie mich mit einem raschen »Guten Morgen, Madam« begrüßt hatte, wandte sie sich wieder ihrer Arbeit zu.
    Offensichtlich hatte Jenny die Dienstboten über meine Anwesenheit informiert. Sollte das bedeuten, daß sie sich damit abgefunden hatte, daß ich wieder da war? Aber das bezweifelte ich. Schließlich hatte sie gewollt, daß ich ging und war über mein neuerliches Erscheinen nicht sonderlich erfreut. Falls ich bleiben sollte - und dazu war ich fest entschlossen -, schuldeten sie und Jamie mir etliche Erklärungen, was Laoghaire betraf.
    »Danke«, sagte ich höflich zu der Köchin, ging mit einer frischen
Tasse Tee zurück in den Salon und wartete, daß Jamie aufwachte.
    Im Lauf des Vormittags warfen immer wieder Bewohner des Hauses einen kurzen Blick in den Salon, zogen sich jedoch rasch zurück, sobald ich den Kopf hob. Kurz vor Mittag schien es, als würde Jamie endlich aufwachen. Er regte sich, seufzte und stöhnte schmerzerfüllt und fiel wieder in seinen Dämmerzustand zurück.
    Ich gab ihm etwas Zeit zu bemerken, daß ich an seiner Seite war. Er war zwar wach, hielt aber die Aguen geschlossen. Sein Körper wirkte angespannt und längst nicht so gelöst wie im Schlaf. Ich hatte ihn die ganze Nacht beobachtet, daher kannte ich den Unterschied.
    »Also gut!« sagte ich und lehnte mich außer seiner Reichweite bequem im Sessel zurück. »Raus mit der Sprache!«
    Seine Augen öffneten sich zu blauen Schlitzen, schlossen sich aber sofort wieder.
    »Mhm?« murmelte er und täuschte vor, langsam zu sich zu kommen. Seine Wimpern flatterten.
    »Tu doch nicht so«, sagte ich energisch. »Ich weiß genau, daß du wach bist. Mach

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