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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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wurde an einen Haken genommen und mit einer Leine um den Bauch hinter dem kleinen Boot hergeschleppt. Dann brach ein großes Chaos aus, da die Männer im Boot bemerkten, was sich in der Nähe abspielte.
    Auf beiden Seiten des Schiffs wurden Leinen ausgeworfen, und die Seeleute liefen in höchster Aufregung hin und her, unentschlossen, ob sie bei der Rettung oder bei der Bergung des Hais helfen sollten. Aber schließlich wurden Jamie und sein Anhang an Steuerbord hereingeholt und sanken tropfnaß auf das Deck, während der zuckende Hai backbords hochgezogen wurde.
    »Großer… Gott«, keuchte Jamie. Er lag auf dem Deck und schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen.
    »Alles in Ordnung?« Ich kniete neben ihm nieder und trocknete ihm mit meinem Rock das Gesicht. Er lächelte mich schief an und nickte.
    »Mein Gott«, sagte er schließlich und setzte sich auf. Er schüttelte sich und nieste. »Ich dachte schon, daß ich gefressen werde. Die Narren im Boot haben auf uns zugehalten, mit den ganzen Haien im Schlepptau, die unter Wasser nach ihrem erlegten Artgenossen bissen.« Behutsam massierte er sich die Waden. »Wahrscheinlich bin ich da überempfindlich, Sassenach, aber ich habe immer eine Höllenangst davor gehabt, ein Bein zu verlieren. Das kommt mir fast noch schlimmer vor, als gleich umgebracht zu werden.«
    »Mir wäre es lieber, wenn du beides unterließest«, bemerkte ich trocken. Er begann zu zittern, und ich legte ihm mein Tuch um die Schultern. Dann sah ich nach Mr. Willoughby.
    Der kleine Chinese klammerte sich nach wie vor hartnäckig an seine Beute, einen jungen Pelikan, der fast so groß war wie er selbst, und achtete weder auf Jamie noch auf die Seeleute, die ihn wüst beschimpften. Nur der klappernde Schnabel seines Gefangenen,
an den sich niemand heranwagte, schützte den tropfnassen Mr. Willoughby vor tätlichen Angriffen.
    Ein häßliches Knackgeräusch und triumphierendes Gejohle von der anderen Seite des Decks ließen darauf schließen, daß Mr. Murphy soeben mit einer Axt Vergeltung an seinem Feind übte. Die Seeleute scharten sich mit gezückten Messern um den Leichnam, um ein Stück von der Haut zu ergattern. Nach einer Weile kam der strahlende Murphy mit einem Stück Schwanz unter dem Arm, der riesigen, gelben Leber in einem Netz und der blutigen Axt vorbei.
    »Nicht ertrunken?« bemerkte er und fuhr Jamie mit der freien Hand über die nassen Haare. »Ich verstehe zwar nicht, warum Sie sich wegen des kleinen Mistkerls solche Umstände machen, aber ich würde sagen, das war ganz schön mutig. Ich koche Ihnen eine schöne Brühe aus dem Schwanz, die vertreibt die Kälte«, versprach er und stampfte davon, während er lautstark Haifischgerichte aufzählte.
    »Warum hat er das getan?« fragte ich. »Mr. Willoughby, meine ich.
    Jamie schüttelte den Kopf und putzte sich mit seinem Hemdzipfel die Nase.
    »Keine Ahnung. Er wollte den Vogel, denke ich, aber warum, weiß ich nicht. Vielleicht zum Essen?«
    Murphy, der das noch mitbekommen hatte, drehte sich an der Luke zur Kombüse um und runzelte die Stirn.
    »Pelikane kann man nicht essen«, erklärte er kopfschüttelnd. »Sie schmecken nach Fisch, ganz gleich, wie man sie zubereitet. Und Gott weiß, wie’s den hierher verschlagen hat, eigentlich leben sie an der Küste. Wahrscheinlich wurde er vom Sturm abgetrieben. Komische Vögel, die Pelikane.« Dann murmelte er nur noch etwas von getrockneter Petersilie und Cayenne und verschwand.
    Jamie lachte und stand auf.
    »Aye, vielleicht braucht er ja nur Federn, um Federkiele zu machen. Komm mit hinunter, Sassenach. Du kannst mir helfen, mich abzutrocknen.«
    Seine Worte waren scherzhaft gemeint, doch kaum kamen sie über seine Lippen, erstarrte seine Miene. Er sah nach Backbord hinüber, wo sich die Mannschaft um die Überreste des Hais stritt, während Fergus und Marsali vorsichtig den abgetrennten Kopf
untersuchten, der mit aufgerissenem Kiefer auf dem Deck lag. Dann sah er mir in die Augen, und wir verstanden uns sofort.
    Dreißig Sekunden später waren wir unten in seiner Kajüte. Aus seinen nassen Haaren fielen kalte Tropfen auf meine Schultern und rannen über meinen Busen, aber sein Mund war heiß und fordernd. Seine Haut glühte sanft unter dem nassen Hemd, das ihm am Rücken klebte.
    »Ifrinn!« stieß er atemlos hervor und riß sich von mir los, um seine Hose auszuziehen. »Verdammt, die klebt ja an mir. Ich krieg’ sie nicht runter.!«
    Prustend vor Lachen zerrte er an den

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