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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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ist. Er ist ein Bastard, verstehst du?« Vielleicht war es das Rot der aufgehenden Sonne, das sich auf seinen Wangen spiegelte. Er biß sich auf die Lippe und fuhr dann fort.
    »Er war noch ein kleiner Junge, als ich ihn zum letztenmal gesehen habe, und ich werde ihn auch nie wieder sehen - außer auf einem kleinen Bild wie diesem.« Er nahm das Porträt und neigte sich blinzelnd darüber.
    »Ich hatte Angst, dir davon zu erzählen«, sagte er leise. »Ich fürchtete, du würdest denken, ich hätte ein Dutzend Bastarde in die Welt gesetzt und daß Brianna mir egal sei, weil ich ein zweites Kind habe. Aber sie ist mir nicht einerlei, Claire, ganz und gar nicht, das mußt du mir glauben.« Er hob den Kopf und blickte mir in die Augen.
    »Vergibst du mir?«
    »Hast du…« Ich erstickte fast an der Frage, aber ich mußte sie stellen. »Hast du sie geliebt?«
    Ungeheure Traurigkeit breitete sich über sein Gesicht, aber er wandte den Blick nicht ab.
    »Nein«, erwiderte er leise. »Sie… wollte mich. Ich hätte eine Lösung finden und ihr Einhalt gebieten sollen, aber ich konnte nicht. Sie wollte, daß ich bei ihr liege. Ich tat es… und sie ist daran gestorben.« Nun senkte er die Augen. »Vor Gott bin ich schuld an ihrem Tod. Vielleicht ist meine Schuld sogar noch größer, weil ich sie nicht geliebt habe.«

    Ich sagte nichts, sondern hob meine Hand und berührte seine Wange. Er legte seine darüber und schloß die Augen.
    »Wie ist er?« fragte ich leise. »Dein Sohn?«
    Er lächelte mit geschlossenen Augen.
    »Er ist verzogen und dickköpfig«, antwortete er ebenso leise. »Schlecht erzogen, laut und temperamentvoll.« Er schluckte. »Und tapfer, lebenslustig und stark.« Seine Worte waren kaum zu verstehen.
    »Und dein Sohn«, sagte ich. Seine Hand drückte meine noch stärker.
    »Mein Sohn«, sagte er. Er seufzte tief, und ich sah unter seinen geschlossenen Lidern Tränen schimmern.
    »Du hättest Vertrauen zu mir haben sollen«, sagte ich schließlich. Er öffnete die Augen, ohne meine Hand loszulassen.
    »Vielleicht«, sagte er leise. »Immer wieder habe ich überlegt, wie ich es dir sagen soll. Das von Geneva und Willie und John - weißt du die Sache mit John?« Er runzelte die Stirn, wirkte aber sofort erleichtert, als ich nickte.
    »Er hat es mir erzählt. Alles.« Er blickte mich verwundert an, fuhr aber fort.
    »Vor allem, nachdem du das mit Laoghaire herausgefunden hattest. Wie hätte ich es dir erzählen und dann noch erwarten können, daß du den Unterschied verstehst?«
    »Welchen Unterschied?«
    »Geneva - Willies Mutter - wollte meinen Körper«, sagte er leise. »Laoghaire brauchte meinen Namen und meiner Hände Arbeit, um sie und die Kinder zu versorgen.« Unsere Augen trafen sich. »John… na ja.« Er zuckte die Achseln. »Ich kann ihm nicht geben, was er will, und er ist ein zu guter Freund, um darum zu bitten. Aber wie hätte ich dir all das erklären sollen? Und wenn ich dir dann sage, daß du die einzige bist, die ich wirklich liebe? Wie hättest du mir glauben können?«
    Die Frage hing in der Luft.
    »Wenn du es sagst«, erklärte ich ihm, »glaube ich es dir auch.«
    »Wirklich?« Er klang leicht verwundert. »Weshalb?«
    »Weil du ein aufrichtiger Mann bist, Jamie Fraser«, sagte ich und lächelte, um nicht zu weinen. »Und möge Gott dir deshalb gnädig sein.«

    »Nur dich«, sagte er kaum hörbar, »dich will ich mit meinem Körper verehren, dir mit meinen Händen dienen, dir meinen Namen und mein Herz und meine Seele schenken. Weil ich bei dir nicht lügen muß und du mich trotzdem liebst.«
    »Jamie«, sagte ich leise und legte die Hand auf seinen Arm. »Du bist nicht mehr allein.«
    Er drehte sich um, nahm mich bei den Armen und suchte meinen Blick.
    »Ich habe es dir geschworen«, sagte ich. »Als wir geheiratet haben. Ich habe es damals nicht so gemeint, aber ich habe es geschworen - und heute meine ich es so.« Ich drehte seine Hand um und tastete über die zarte Haut seines Handgelenks, wo der Herzschlag unter meinen Fingern pulsierte und die Klinge seines Dolches sich einst in sein Fleisch geschnitten hatte, damit sich sein Blut auf ewig mit meinem mischte.
    Ich drückte mein Handgelenk auf seines, Puls an Puls, Herzschlag an Herzschlag.
    »Blut von meinem Blut…« wisperte ich.
    »Fleisch von meinem Fleische.« Sein Flüstern war tief und heiser. Plötzlich kniete er vor mir nieder und legte seine gefalteten Hände in meine - die Geste eines Hochländers, der seinem

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