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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Anführer Treue schwört.
    »Ich schenke dir meine Seele«, sagte er und hielt den Kopf über unser beider Hände geneigt.
    »Bis wir unser Leben aushauchen«, schloß ich leise. »Aber es ist noch nicht vorbei, Jamie!«
    Er erhob sich, entkleidete mich, und ich legte mich nackt auf das schmale Bett, zog ihn im Schatten des weichen gelben Lichtes zu mir herab und begleitete ihn heim, immer und immer wieder, und keiner von uns beiden war allein.

60
    Der Duft der Steine
    Rose Hall lag zehn Meilen von Kingston entfernt. Der Weg dorthin führte über eine steile, staubige Straße, die sich die bläulich schimmernden Berge hinaufschlängelte. Sie war überwuchert und so schmal, daß wir fast die ganze Strecke hintereinander reiten mußten. Ich folgte Jamie durch die Dunkelheit unter Bäumen hindurch, die gut dreißig Meter hoch waren und in deren Schatten riesige Farne wuchsen. Fast hoffte ich, daß Mr. Willoughby diesen Weg genommen hatte - hier würde ihn nie jemand aufspüren.
    Obwohl die Milizsoldaten die Stadt sorgfältig durchkämmt hatten, hatten sie den Chinesen nicht gefunden. Für morgen erwartete man die Ankunft einer Marinesondereinheit aus Antigua. In der Zwischenzeit hatte sich jedes Haus in Kingston in eine Festung verwandelt, und die Bewohner waren bis an die Zähne bewaffnet.
    In der Stadt herrschte eine gespannte Atmosphäre. Wie alle Marineoffiziere vertrat auch der Oberst die Ansicht, daß der Chinese von Glück reden könne, wenn er lang genug lebte, um am Galgen zu enden.
    »Bestimmt reißen sie ihn in Stücke«, hatte Oberst Jacobs gemeint, als er uns in der Mordnacht aus dem Gouverneurspalast führte. »Sie werden ihm die Eier abreißen und in sein stinkiges Maul stopfen, jawohl«, hatte er mit grimmiger Genugtuung hinzugefügt.
    »Wohl, wohl«, hatte Jamie auf französisch gemurmelt, als er mir in die Kutsche half. Ich wußte, daß ihm die Sache mit Mr. Willoughby keine Ruhe ließ, denn auch jetzt war er still und nachdenklich. Doch wir konnten nichts tun. Wenn der kleine Chinese unschuldig war, konnten wir ihn nicht retten, wenn er die Tat begangen
hatte, konnten wir ihn nicht ausliefern. Das Beste wäre, man würde ihn nicht finden.
    Unterdessen hatten wir fünf Tage Zeit, Ian zu suchen. Wenn er wirklich auf Rose Hall war, würde alles gut werden. Wenn nicht…
     
    Ein Zaun und ein schmales Tor trennten die Plantage vom umgebenden Wald. Man hatte das Land gerodet und Zuckerrohr und Kaffee angepflanzt. In einiger Entfernung vom Haus stand auf einer anderen Anhöhe ein großes, unscheinbares, mit Lehm verputztes Gebäude, das mit Palmwedeln gedeckt war. Dunkelhäutige Menschen gingen dort geschäftig ein und aus, und der durchdringende Geruch von verbranntem Zucker lag in der Luft.
    Unterhalb der Raffinerie - oder was ich dafür hielt - stand eine große Zuckermühle. Eine primitive Konstruktion: Zwei x-förmig übereinandergelegte Balken, die oben an einer riesigen Spindel befestigt waren, die aus der kastenförmigen Presse ragte. Ein paar Männer erklommen die Mühle, die gerade nicht lief. Die Ochsen, die sie antrieben, waren in einiger Entfernung angepflockt worden und grasten.
    »Wie bekommen sie bloß den Zucker von hier oben nach Kingston?«
    »Sie befördern ihn den Fluß hinunter, der gleich hinter dem Haus vorbeifließt. Bist du bereit, Sassenach?«
    »Wie immer.«
    Rose Hall war ein zweistöckiges, langgestrecktes, elegantes Gebäude. Das Dach war mit teuren Schieferplatten gedeckt und nicht wie die meisten anderen Plantagensitze mit einfachem Blech. Entlang einer Hauswand erstreckte sich eine breite Veranda, von der Flügeltüren ins Innere führten.
    Gleich neben der Eingangstür stand ein großer, gelber Rosenbusch. Sein Duft war so intensiv, daß es einem fast den Atem nahm. Oder lag es an der Aufregung, daß ich kaum Luft bekam? Während wir darauf warteten, daß man uns öffnete, schaute ich mich um und versuchte, in der Nähe der Raffinerie irgendeinen Weißen auszumachen.
    »Ja, Sir?« Eine Sklavin mittleren Alters musterte uns neugierig. Ihr massiger Körper steckte in einem weißen Baumwollkittel, um
den Kopf hatte sie einen roten Turban gewickelt, und ihre Haut schimmerte in einem tiefem Goldbraun.
    »Wir sind Mr. und Mrs. Malcolm und möchten Mrs. Abernathy unsere Aufwartung machen«, sagte Jamie höflich. Die Frau wirkte überrascht, als wären Besucher etwas Ungewöhnliches. Sie zögerte kurz, doch dann nickte sie und bat uns herein.
    »Warten Sie bitte im Salon«, sagte

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