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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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schüchtern zu Boden. »Erwidert die Frau, die ich liebe, meine Gefühle?« Von ihm stammte der Jasminzweig, und jetzt strich er damit über den Spann seines nackten, staubigen Fusses.
    Belustigt, aber nicht unfreundlich, lachte die Stimme neben mir auf. »Certainement« , antwortete sie. »Deine Gefühle und dazu noch die von drei weiteren jungen Männern. Such dir eine andere, die vielleicht weniger großzügig, aber deiner Liebe wert ist.«
    Bestürzt ging der junge Mann in den Kreis zurück, und ein alter Mann trat an seine Stelle. Er sprach einen afrikanischen Dialekt, den ich nicht verstand, doch unverkennbar schwang Bitterkeit mit, als er seine Frage stellte und eine der Lehmfiguren berührte.
    »Setato hoye« , antwortete die Stimme. Sie hatte sich verändert,
war die eines reifen, aber nicht alten Mannes, der die gleiche Sprache benutzte wie der wütende Sklave.
    Verstohlen sah ich zur Seite, und trotz des Feuers stellten sich mir die Haare auf den Armen auf. Das war nicht Margarets Gesicht. Die Züge schienen die gleichen, doch ihre Augen funkelten wach und hell auf den Fragesteller herab, der Mund drückte Kraft und Entschlossenheit aus, und der feine Hals schwoll an unter der kräftigen Stimme, als der wie auch immer geartete Sprecher mit dem Sklaven debattierte.
    »Sie sind gekommen«, hatte Ismael gesagt. Sie, das traf den Nagel auf den Kopf. Schweigend, aber aufmerksam, stand Ismael an unserer Seite, und ich spürte seinen Blick einen Moment lang auf mir ruhen, bevor er sich wieder Margaret zuwandte.
    »Sie.« Einer nach dem anderen traten die Leute vor, knieten sich auf den Boden und stellten ihre Fragen. In Englisch, Französisch, dem Patois der Sklaven oder im afrikanischen Dialekt ihrer verlorenen Heimat.
    Gesicht und Stimme des Orakels an meiner Seite veränderten sich, während »sie« auf die Fragen antworteten. Die Stimmen kamen von Männern und Frauen, meist in mittlerem oder reifem Alter. Ihre Schatten tanzten mit dem Schein der Flammen auf ihrem Gesicht.
    Haben Sie nicht auch manchmal den Eindruck, im Feuer Bilder zu sehen? Fast meinte ich, noch den Klang von Margarets zarter Kinderstimme zu vernehmen.
    Während ich ihr so zuhörte, kroch mir eine Gänsehaut über den Rücken, und plötzlich verstand ich, warum Ismael an diesen Ort zurückgekehrt war, obwohl er eine Rückkehr in die Sklaverei riskierte.
    Welchen Preis ist man bereit zu zahlen, um die Zukunft zu erfahren? Jeden, den entrückten Gesichtern der Versammelten nach zu urteilen. Ismael war Margarets wegen gekommen.
    Stunden ging es so weiter. Ich wußte nicht, wie lange die Wirkung der Droge anhielt, aber da und dort sanken die Leute zu Boden und fielen in Schlummer. Andere tauchten in die Dunkelheit ihrer Hütten, und irgendwann waren wir fast allein. Nur ein paar Männer standen noch um das Feuer.
    Sie wirkten kräftig und resolut, gewohnt, zumindest von den
Sklaven Respekt einzufordern. Gemeinsam hatten sie sich im Hintergrund gehalten und die Zeremonie beobachtet. Jetzt trat einer, offensichtlich der Anführer, vor.
    »Sie sind fertig, Mann«, sagte er zu Ismael, während er mit dem Kopf auf die schlafenden Gestalten am Feuer wies. »Jetzt du.«
    Zwar zeigte Ismael nichts als ein leises Lächeln, doch irgendwie schien er nervös. Vielleicht, weil ihn die anderen Männer umringten. Sie hatten nichts Bedrohliches an sich, aber sie wirkten sehr ernst und konzentriert.
    Schließlich nickte er und drehte sich zu Margaret um. Während des Zwischenspiels war ihr Gesicht völlig leer geworden. Anscheinend niemand zu Hause.
    »Bouassa«, sagte Ismael. »Bouassa, komm!«
    Voller Angst rutschte ich so weit wie möglich an den Rand der Bank. Wer immer Bouassa war, er kam sofort.
    »Ich höre!« Seine Stimme war so tief wie Ismaels, und eigentlich hätte sie ebenso angenehm klingen müssen. Doch das tat sie nicht. Einer der Männer wich unwillkürlich zurück.
    Jetzt stand Ismael ganz allein da. Die anderen Sklaven schienen sich vor ihm zurückzuziehen, als wäre er verseucht.
    »Sag mir, was ich wissen will, Bouassa«, forderte Ismael.
    Margaret legte den Kopf schief, und belustigt funkelten ihre hellblauen Augen auf.
    »Was willst du denn wissen?« fragte die tiefe Stimme mit einer leisen Rüge. »Und wozu die Fragen, Mann? Du gehst, ob ich dir nun Antwort gebe oder nicht.«
    Jetzt lächelte auch Ismael.
    »Das ist wahr«, bestätigte er. »Aber diese…« Ohne die Augen von dem Gesicht zu wenden, wies er auf seine Kameraden. »Werden sie

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