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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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mich begleiten?«
    »Warum nicht?« antwortete die tiefe Stimme. Ungut lachte sie dann auf. »Die Maggot stirbt in drei Tagen. Da gibt es nichts für sie zu holen. Ist das alles, Mann?« Ohne die Antwort abzuwarten, gähnte Bouassa tief, und ein lauter Rülpser kam aus Margarets zartem Mund.
    Nachdem sie den Mund geschlossen und den Blick wieder starr ins Leere gerichtet hatte, wandten sich die Männer von ihr ab. Aufgeregt begannen sie zu schwatzen, doch ein bedeutungsvoller
Wink von Ismael in meine Richtung brachte sie zum Schweigen. Leise murmelnd zogen sie sich zurück, nicht ohne mich mißtrauisch zu mustern.
    Als der letzte Mann die Lichtung verlassen hatte, schloß Ismael die Augen und ließ die Schultern sinken. Ich fühlte mich ebenso erschöpft wie er.
    »Was -« setzte ich an. Aber dann blieb mir das Wort im Halse stecken. Auf der anderen Seite des Feuers trat ein Mann aus der Zuckerrohrpflanzung auf die Lichtung - Jamie. Das Feuer zeichnete ein flackerndes Muster auf sein Hemd, und sein Gesicht wirkte ebenso rot wie seine Haare.
    Er hob den Finger an die Lippen, und ich nickte. Vorsichtig setzte ich mich auf und raffte mit einer Hand meinen schmutzbefleckten Rock. Noch bevor Ismael bei mir sein konnte, wäre ich am Feuer vorbeigehuscht und ins Zuckerrohrfeld getaucht. Aber was war mit Margaret?
    Als ich mich zögernd zu ihr umwandte, sah ich, daß sich in ihrem Gesicht wieder etwas regte. Aufmerksam schaute sie in die Höhe, die Lippen öffneten sich, und die schimmernden Augen wirkten plötzlich ein wenig schräg, als sie über das Feuer blickten.
    »Daddy?« fragte Briannas Stimme neben mir.
     
    Auf meinen Unterarmen stellten sich die Haare auf. Briannas Stimme, Briannas Gesicht, ihre dunkelblauen, funkelnden Augen, vor Neugier zusammengekniffen.
    »Brianna?« flüsterte ich. Das Gesicht wandte sich zu mir um.
    »Mama«, drang die Stimme meiner Tochter aus der Kehle des Orakels.
    »Brianna!« rief Jamie. Hastig fuhr sie zu ihm herum.
    »Daddy!« Sie schien sich hundertprozentig sicher zu sein. »Ich wußte, daß du das bist. Ich habe dich im Traum gesehen.«
    Jamie war kreidebleich geworden. Ich sah, wie seine Lippen tonlos die Worte »Herr im Himmel« formten. Instinktiv bekreuzigte er sich.
    »Laß Mama nicht allein gehen«, forderte die Stimme entschlossen. »Geh mit ihr! Ich sorge dafür, daß ihr sicher seid.«
    Außer dem knisternden Feuer war plötzlich nichts mehr zu hören. Ismael war wie angewurzelt stehengeblieben und starrte die
Frau neben mir an. Die setzte mit Briannas leiser, heiserer Stimme wieder zu sprechen an.
    »Ich liebe dich, Daddy. Und dich auch, Mama.« Sie beugte sich vor, und als sie ihre Lippen auf meine legte, schmeckte ich Blut. Entsetzt schrie ich auf.
    Ich war mir nicht bewußt, daß ich aufsprang und über die Lichtung rannte. Erst als ich mich an Jamie klammerte und mein Gesicht an seiner Brust vergrub, merkte ich, was ich getan hatte.
    Laut klopfte sein Herz, und ich meinte zu spüren, daß er gleichfalls zitterte. Er schlug ein Kreuz auf meinem Rücken und hielt den Arm fest um meine Schulter geklammert.
    »Ist schon gut«, flüsterte er. An seinen angespannten Brustmuskeln merkte ich, wieviel Kraft es ihn kostete, ruhig zu sprechen. »Sie ist fort.«
    Eigentlich wollte ich mich nicht umdrehen, aber dann zwang ich mich doch dazu.
    Mir bot sich ein friedlicher Anblick. Entspannt hockte Margaret Campbell auf der Bank, summte vor sich hin und drehte eine lange Hühnerfeder in der Hand. Ismael stand hinter ihr und strich ihr sanft und zärtlich über den Kopf. Weich murmelte er ihr Worte zu - eine Frage -, und sie lächelte milde.
    »Nein, ich bin nicht im geringsten müde«, versicherte sie ihm, während sie liebevoll zu dem narbenübersäten Gesicht aufsah. »War das nicht ein schönes Fest?«
    »Ja, bébé «, erwiderte er freundlich. »Aber du ruhst dich jetzt aus, ja?« Er wandte sich um und schnalzte laut mit der Zunge. Plötzlich tauchten zwei der schwarzen Frauen aus der Dunkelheit, die offensichtlich in Reichweite gewartet hatten. Ismael gab ihnen seine Anweisungen, und sie kamen näher, zogen Margaret auf die Füße, stützten sie und führten sie fort.
    Ismael blieb reglos stehen und sah Jamie und mich über das Feuer hinweg an.
    »Ich bin nicht allein hier«, sagte Jamie. Er wies nach hinten auf das Zuckerrohrfeld, so daß man meinen könnte, eine ganze Armee hielte sich dort verborgen.
    »O nein, du bist allein, Mann«, entgegnete Ismael mit einem leisen

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