Fernsehkoeche kuesst man nicht
tun.« Er lächelte boshaft.
»Davon träumst du nachts!«
»Ich träume noch von ganz anderen Dingen«, gab er zu. »Selbst in Narkose habe ich Sachen geträumt, die kannst du dir gar nicht vor –«
»Kann ich doch!«, unterbrach ich ihn. »Das liegt nur an den Narkosemitteln. Glaub mir, das geht ganz vielen Männern so. Das Propofol macht, äh, schöne Träume, und ich kann –«
»Du kannst jetzt eine Schuld begleichen«, beendete er meinen Satz.
Oje.
Woher wusste er bloß, dass mich mein Gewissen so drückte?
»Findest du das nicht ein wenig übertrieben?«
»Übertrieben? Darf ich dich daran erinnern, dass du mir nicht nur das Auto zu Schrott gefahren, sondern mir auch noch einen Schneidezahn ausgeschlagen hast?«
»Wofür ich mich entschuldigt habe!«
Er lächelte. »Das ist ja niedlich.«
»Bei den Tropfen hast du mich aber provoziert!«
»Mein Zahn hatte dich wohl auch angegriffen, wie?« Er fuchtelte mit dem Zeigefinger vor meiner Nase herum. »Spar dir die Ausflüchte, du hast definitiv mehr Kerben im Holz als ich!«
»Aber deine sind tiefer eingeritzt«, rief ich voller Verzweiflung.
Wir prusteten beide gleichzeitig los. Als wir uns beruhigt hatten, sagte ich:
»Du wirst mich nicht davonkommen lassen, oder?«
»Nein.«
»Ich könnte sterben«, gab ich zu bedenken.
»Das ist eher unwahrscheinlich.«
»Und wenn ich eine Allergie habe? Eine Chili-Allergie?«
»Das Risiko werden wir eingehen müssen.«
Es hatte wenig Sinn, weiter auf Raphael einzureden. Er sah in etwa so gnädig aus wie ein nordkoreanischer Nachwuchs-Diktator.
»Einen einzigen Chili?«, bohrte ich nach.
»Der wird vollkommen ausreichen.«
Ich holte tief Luft. »Und danach sind wir quitt?«
» Jep .«
Ich dachte kurz nach. »Okay«, sagte ich dann.
Wir besiegelten die Abmachung per Handschlag.
Hoffnungsvoll besah ich mir den Inhalt des Korbes. Ich würde endlich frei sein. Frei von allen Schuldgefühlen. Ein Chili sollte eigentlich einen geringen Preis für diese Freiheit darstellen. Trotzdem hatte ich das Gefühl, einen Pakt mit dem Teufel geschlossen zu haben. Schließlich wartete nach der Kälte im Kühlraum nun das Höllenfeuer auf mich.
Kapitel 19
»Die sehen eigentlich ganz harmlos aus«, stellte ich fest. Die Chilis leuchteten in allen Farben: Orange, braun, grün, rot, manche so dunkel, dass man es schon als violett bezeichnen konnte.
»Die grünen sind sicher noch unreif«, überlegte ich.
»Das ist richtig.«
»Ich denke mal, die werden später rot. Demnach müssten die Violetten eigentlich überreif sein. Die Frage ist nur, sind reife Früchte schärfer als unreife?«
»Tja«, sagte Raphael, »In diesem Fall wäre es von Vorteil, wenn du dich nicht nur mit Narkosemitteln auskennen würdest.«
»Und für dich wäre es von Vorteil, wenn du dir schon mal einen guten Anwalt suchen würdest!«, blaffte ich.
»Der was tun soll?«
»Dich verteidigen, natürlich.«
Raphael zuckte mit den Schultern. »Das Thema Schuld und Sühne hatten wir bereits, Josephine.«
Ich hätte ihn ja gerne angeknurrt, aber der Klang seiner Stimme, als er meinen Namen sagte, fuhr mir bis in die Knie und erstickte jeden Widerstand im Keim.
Meine Hand schwebte unschlüssig über dem Korb, aber gerade, als ich nach einer Frucht greifen wollte, machte Raphael laut »fuh«.
»Was heißt denn hier › fuh ‹ ?«, fragte ich.
Raphael wiegte den Kopf hin und her. »Ich dachte nur, du solltest für dein erstes Mal vielleicht einen Chili wählen, dessen Grad auf der Scoville-Skala geringer ausfällt.«
»Was bedeutet das?«
»Die Scoville-Skala ist so eine Art Brenn-o-meter.« Jetzt grinste er.
»Wie? Gibt es da etwa so große Unterschiede?«
»Selbstverständlich«, sagte Raphael.
»Und dieser da hat einen hohen Grad auf dieser Skala?«
»Etwa 5.000 Einheiten, das ist so viel wie eine scharfe Tabascosauce.«
Angewidert zog ich die Hand zurück. Das Ganze war schwieriger, als ich gedacht hatte.
»Und der grüne?«
»Ein Jalapeño«, sagte Raphael fast gelangweilt.
Das klang nicht sehr vertrauenswürdig, deshalb wandte ich mich auch davon ab und liebäugelte mit einer roten Schote, die spitz zulief. Doch erschien mir die Form dann doch zu aggressiv und ich langte nach einem unförmigen, orangefarbenen Knubbel.
Raphael sog scharf die Luft ein.
»Was?«, rief ich ungehalten.
»Naja«, sagte er, »Der Habanero gehört zu den schärfsten Chilis überhaupt. Den würde ich dir nicht empfehlen.«
Auch jede weitere
Weitere Kostenlose Bücher