Fessel Mich
Ungeduldig zerrte ich an den Handschellen, obwohl ich mittlerweile ja wusste, dass es nichts brachte. Wo blieb der verflixte Schlüsseldienst?! »Aber nichts, absolut gar nichts, was ich auf die Wand geschrieben habe, war gelogen. Und wenn dir das immer noch nicht reicht« – wütend funkelte ich ihn an – »ich mochte dich.«
4
Zu spät merkte ich, was ich da gerade gesagt hatte, und fluchte im Stillen über meine vorschnelle Zunge. ‚Ich mochte dich’?! Hervorragend. Er wusste schon, dass ich auf seinen Körper ansprang und jetzt hatte ich ihm zusätzlich zu dieser Waffe noch eine weitere in die Hand gedrückt. Großartig! Der Abend wurde ja immer besser!
»Du mochtest mich?« Rick lachte belustigt auf und schwang sich neben mich aufs Bett. Beiläufig kraulte er Rustys Kopf. »Und jetzt? Jetzt magst du mich nicht mehr?«
Mist, die Frage musste ja kommen. Ich hatte es ja förmlich darauf angelegt. Trotzdem konnte ich mich nicht gegen die Hitze wehren, die sich in mein Gesicht schlich.
»Jetzt kenne ich dich nicht mehr«, entgegnete ich diplomatisch.
»Ah, aber damals, als wir kein einziges Wort miteinander gewechselt und uns nur über eine dreckige Klowand unterhalten haben, da kanntest du mich?« Als er jetzt darauf zu sprechen kam, klang er schon wieder halbwegs normal. Offensichtlich hatte er es tatsächlich geschafft, die Vergangenheit bis zu einem gewissen Grad hinter sich zu lassen.
»Was du da teilweise geschrieben hast, kam mir jedenfalls ehrlicher vor als dein Geschwafel jetzt.«
»Florian.«
Unmerklich erschauerte ich. »Was?«
»Du bist rot im Gesicht.«
Und dieser Satz trug ganz bestimmt nicht dazu bei, dass sich meine Gesichtsfarbe wieder normalisierte!
»Na und?«, fauchte ich angriffslustig und widerstand dem Drang, in meinem Gesicht herumzutasten. Ich hätte die Röte ja doch nicht wegwischen können. »Das kann schon mal passieren. Ist … ist ja auch ein bisschen warm hier bei dir. – Im Zimmer«, schob ich noch hastig hinterher.
»Und jetzt stammelst du auch noch pubertierend herum.«
»Ich stammle nicht pubertierend! Ich stammle überhaupt nicht!«
Warum zum Kuckuck musste er mich angrinsen wie ein Honigkuchenpferd? Als wäre er gerade zufällig in den Besitz der Lösungen einer seiner schwierigen Medizinprüfungen gekommen. Und warum bewirkte dieses Grinsen, dass ich zum ersten Mal richtig ernsthaft diese Handschellen verfluchte, weil ich gerade sehr gerne aufgestanden wäre, um der betörenden Nähe seines anziehenden Körpers zu entfliehen? Plötzlich kam mir der Abstand zwischen uns kleiner denn je vor und ich war mir seiner Anwesenheit so stark bewusst, als würde er mich überall physisch berühren.
Was völliger Blödsinn war, weil er mir doch eben noch glaubhaft versichert hatte, dass das bestenfalls nur noch in meinen Träumen passieren würde. Alles, was er mit seinem Verhalten erreichen wollte, war, mich zu quälen, um sich zu rächen.
»Was?«, wollte ich unbehaglich wissen.
»Weshalb mochtest du mich?«
Mein Herz blieb stehen. »Was?!«
Rick rollte mit den Augen. »Also, weißt du, das könntest du dir echt mal abgewöhnen. – Also? Weshalb?«
»Weshalb ist das Gras grün?«, entgegnete ich lahm. »Einfach so.«
Herrje, was für eine Frage! Weswegen mochte man jemanden? Ich hatte ihn eben einfach gemocht! Seine Art, seine Sätze, das rebellische Aufblitzen in seinen Augen, wenn Viktor im Anmarsch gewesen war, seinen Mut, sich jeden Tag aufs Neue diesem Terror zu stellen… ihn einfach. Das musste ich Rick nun wirklich nicht so deutlich an den Kopf werfen. Er hatte schon genug Material, mit dem er mich am ausgestreckten Arm verhungern lassen und vorführen konnte.
Rick legte leicht den Kopf schief und musterte mich auf eine viel zu durchdringende Art und Weise, als dass mir noch wohl dabei gewesen wäre. Unvermittelt beugte er sich dann zu mir rüber. Sein Blick huschte prüfend zwischen meinen beiden Augen hin und her, als er nachhakte: »Und magst du mich noch?«
Er hatte kaum zu Ende gesprochen, da klingelte es an der Tür.
»Der Schlüsseldienst!«, rief ich ein bisschen zu erleichtert aus, was in dem hellen Aufbellen von Rusty fast unterging. Im selben Augenblick schoss der Hund aus dem Schlafzimmer zur Wohnungstür rüber und erinnerte sich wohl gerade noch rechtzeitig an den Befehl seines Herrchens, nachts nicht herumzubellen, denn als nächstes wuffte er nur noch einmal kurz auf und gab ein leises Jaulgeräusch von
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