Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fesseln der Erinnerung

Fesseln der Erinnerung

Titel: Fesseln der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
Vom Netzwerk:
zwischen den beiden nicht so stark wie zwischen ihr und Kaleb, dennoch war sie vorhanden. „Sie versuchen, sich dein Territorium anzueignen, Anthony.“
    „Ihr Fehler.“ Zum ersten Mal nahm Nikita die stählerne Härte in Anthonys Stimme wahr, die ihn, schon lange bevor er Ratsherr geworden war, zu einer Bedrohung gemacht hatte.

31
    Für meinen Detective – nie hätte ich geglaubt, für jemanden wie mich könnte jemand wie du wirklich existieren. Nie hätte ich mir vorstellen können, dass jemand mich so ansieht wie du, dass es so schwer sein würde, sich zu verabschieden.
    – aus einem verschlüsselten Brief von Sophia Russo an Max Shannon, der erst nach ihrem Tod zugestellt werden sollte
    Das zentrale Polizeirevier in San Francisco war ein weitläufiges Gebäude mit unglaublich vielen Menschen und im Augenblick sogar der Aufenthaltsort eines medialen Auftragskillers.
    Sophia atmete tief durch, als sie an der großen Zelle mit den frisch Verhafteten vorbei nach hinten zu den kleinen Arrestzellen geführt wurde. Zu viele Stimmen und Leute, zu viele Erinnerungen und Träume – ein endloses Summen in ihrem Kopf, ihre Schilde waren bereits durch den Aufenthalt im engen Flugzeug überstrapaziert.
    Obwohl sie die Arme eng an den Körper gepresst hatte, stieß sie dauernd gegen jemanden. Es gelang ihr jedoch, direkten Hautkontakt zu vermeiden – hauptsächlich, weil Max sie mit seinem Körper unauffällig abschirmte –, doch sonst konnte sie weiter nichts tun als die Zähne zusammenbeißen und den Lärm ertragen.
    Hoffnungen und Wünsche. Liebe und Hass. Freude und Sorge.
    Obwohl sie die einzelnen Gedanken nicht lesen konnte, spürte sie, wie die auf sie einstürmenden Gedanken sie niederdrückten. Der Druck gegen ihre Schilde war immens – sie befürchtete, sie könnten brechen und sie unter einem Strom von Gedanken begraben.
    „Da sind wir.“ Der sie begleitende Polizist blieb vor einer Zelle stehen. „Bislang hat er kein Wort gesagt.“
    „Danke.“ Max streckte die Hand aus. „Ich weiß Ihre Kooperation zu schätzen.“
    Der Polizist ergriff die Hand, aber seine Augen blieben stumpf. „Sie hatten mediale Unterstützung. Sagen Sie Bescheid, wenn Sie hier fertig sind.“
    Weiße Linien zeigten sich um Max’ Mund, als der Mann fortging. Sophia hätte ihn gerne getröstet, aber was sollte sie sagen? Auch sie gehörte der Gattung an, deren Arroganz in der Vergangenheit Max nun als einen Verräter an seinen eigenen Leuten dastehen ließ.
    In diesem Augenblick sah er sie an, und ihm schien etwas leichter zu werden. Er ging näher an die altmodischen Gitterstäbe der Zelle heran und sagte: „Schweigen wird Sie nicht weiterbringen, Sie befinden sich auf Nikitas Territorium.“
    Der Mann saß auf der Pritsche an einer Seite des Raums und wandte nicht einmal den Kopf. Max versuchte es noch einmal. Dasselbe Ergebnis. Er sah Sophia an und hob eine Augenbraue. Auch sie trat jetzt näher. „Fanatismus“, sagte sie mit klarer Stimme, ganz in Silentium, makellos, „bricht Silentium.“
    Er reagierte nicht, aber sie wusste, dass er zuhörte.
    „Es spricht für diesen Fanatismus, dass Ihr Komplize bei klarem Verstand und unverletzt Selbstmord begangen hat.“
    Der Mann hob den Kopf. „Er könnte es auch getan haben, um dem Feind die Ermittlungen zu erschweren.“
    „Aber Sie sind nicht seinem Beispiel gefolgt“, stellte sie fest. „Das heißt, Sie waren nicht einverstanden mit dieser Entscheidung.“
    „Ich habe nichts zu verbergen.“ Kühl und überlegt. „Es ist kein Verbrechen, sich in einer Wohnung in San Francisco aufzuhalten. Selbst wenn man von dort auf das Gebäude der DarkRiver-Leoparden blickt.“
    Sophia fragte sich, ob der Mann die Konsequenzen seiner Tat bis zum Ende durchdacht hatte. Juristische Spitzfindigkeiten würden ihn nicht retten, wenn es Beweise gab, dass er Teil der Verschwörung gegen Nikita gewesen war. Sie trat einen Schritt zurück und sagte so leise, dass es nur Max hören konnte: „Nikita weiß noch nichts von ihm.“ Das war offensichtlich, sonst wäre sein Gehirn schon Brei gewesen, bevor sie Gelegenheit gehabt hätten, das Wort an ihn zu richten.
    Max schob den Kiefer vor. „Mir scheißegal, wer sie ist – wenn sie das tut, bin ich raus aus dem Fall. Dann kann man sie meinetwegen in die Luft jagen.“
    Nikita würde abwarten, dachte Sophia. Denn im Moment brauchte sie Max noch. „Willst du es mit weiteren Fragen versuchen, während ich –“
    Ein hoher, spitzer Schrei.

Weitere Kostenlose Bücher