Fesseln der Erinnerung
keine Sorgen zu machen brauchte, man würde nichts sehen. Obwohl Max natürlich wusste, dass sie unter dem Hemd nackt war. Sie spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen stieg, nahm ihre eigenen Sachen – und die Handschuhe – und legte sie in einer Ecke zusammen, dann ging sie ins Schlafzimmer.
Es war leer.
Glücklich über den Aufschub ging sie zur Frisierkommode. Ein einfacher schwarzer Kamm lag darauf, daneben eine Brieftasche und die Wohnungsschlüsselkarte. Weiter nichts. Das Karge passt zu ihm, dachte Sophia, denn Max war trotz seiner Schönheit durch und durch Polizist. Sie nahm den Kamm und fuhr sich damit durch das Haar. Es fühlte sich sehr intim an, sich damit zu kämmen, und sie ertappte sich bei der Vorstellung, wie es wäre, wenn seine kräftigen Finger so über ihren Kopf strichen.
„Sophie.“
Aus ihren Gedanken aufgeschreckt, legte sie den Kamm wieder auf die Kommode zurück und wandte sich um. Max lehnte am Türrahmen, in einer verwaschenen Jeans und einem einfachen schwarzen T-Shirt, das locker über den schlanken Oberkörper fiel. „Du siehst so jung aus“, sagte sie. Das Haar fiel ihm in die Stirn, man hätte ihn für einen sorglosen Studenten vom College halten können … wenn da nicht der wissende Ausdruck in seinen leicht schräg gestellten Augen gewesen wäre.
„Das musst gerade du sagen.“ Er stieß sich vom Türrahmen ab und kam mit der ihm eigenen Geschmeidigkeit auf sie zu. „Mein Hemd steht dir gut.“
Sie zog an den Manschetten, die sie bis zu den Handgelenken aufgerollt hatte, konnte sich ihre Nervosität nicht erklären. „Max, ich – “ Die Worte blieben ihr im Hals stecken.
Er ging ein wenig in die Knie vor ihr, und seine fast schwarzen Augen ließen sie nicht mehr los. „Was möchtest du denn?“
Der Damm brach. „Nimmst du mich bitte in deine Arme, Max?“
Er kam noch näher. „Aber natürlich. Bist du auch ganz sicher? Deine Schilde – “
„Bitte.“
Er legte die Arme um sie, tat es so sanft, als fürchte er, er könne sie zerbrechen. Doch als sie ihrerseits die Arme fest um ihn schlang, wurde auch seine Umarmung fester. Wie ein elektrischer Schlag durchfuhr es sie, doch nichts als köstliche Ruhe breitete sich in ihr aus.
Sie seufzte erleichtert, als der Druck einer Unzahl von Gedanken verschwand, sie nicht mehr niederdrückte. Dann legte Max seine Hand um ihren Kopf, und ein Schauer durchlief ihren Körper.
Er erstarrte. „Sophie?“
„Ich spüre nur dich“, flüsterte sie, den Kopf an seiner Brust vergrabend, sie hätte ihr Gesicht an ihm reiben mögen, ihre ganze Haut, bis er ein Teil von ihr wäre. „Nur dich.“
„Willst du mehr?“ Heisere Worte.
„Ja bitte, mehr.“
Er beugte den Kopf vor und küsste ihre Schläfe, legte den Arm um ihre Schultern und streichelte ihr Haar. Sie hatte gedacht, er würde etwas sagen, aber er küsste sie nur auf Wangen und Kinn. Erschaudernd unter den heftigen, beinahe schmerzhaften Empfindungen stellte sie sich auf die Zehenspitzen, um ihm noch näher zu sein. Er lachte auf.
Und dann küsste er sie auf den Mund.
Nicht etwa leicht und sich vortastend. Nein, er nahm ihren Mund so intensiv in Besitz, dass sie unter den Fingerspitzen spürte, wie die Energie in seinem Körper summte und seine Muskeln sich anspannten. Der Tiger war losgelassen.
Als seine Zunge ihre Zungenspitze traf, gaben ihre Knie nach. Sie wurde von etwas Dunklem, Männlichem fortgerissen und griff nach seinen Schultern, um sich daran festzuhalten. Ihr Herz raste, ihr Kopf war ein einziges Chaos. Ihr einziger Halt, die einzige Wirklichkeit war Max. Seine Schultern bewegten sich, seine Hand wanderte auf ihrem Rücken nach unten und schob ihr das Hemd hoch.
Sie spürte den Luftzug an den Oberschenkeln, und ihr fiel ein, dass sie mit dem Rücken zum Spiegel der Frisierkommode stand. Aber schon kurz darauf wurden alle Gedanken ausgelöscht, als er sie noch stürmischer, noch sinnlicher küsste. Feucht und fordernd, noch nie zuvor hatte sie jemand so berührt. Die Brust wurde ihr eng.
„Atme!“ Max löste sich von ihren Lippen.
Sie rang nach Luft, dann drückte sie ihre Lippen auf seinen Mund. Küssen war … wild und aufregend, so schockierend intim, dass sie nicht wusste, ob sie mit dem, was danach kam, umgehen konnte. „Nein!“, brach es aus ihm heraus, als er sich ein zweites Mal von ihr löste, nach ihren Händen griff und sie von sich weg hielt.
Seine hohen Wangenknochen färbten sich rot, und seine Stimme zitterte. „Du
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