Fesseln der Leidenschaft
es nur Verderb sein würde … Doch dann würde er Farring Cross besitzen, sein eigenes Land, mit eigenen Händen erarbeitet, nicht geschenkt, wie sein jüngerer Halbbruder zu seinem Grundbesitz gelangt war. Ranulf hatte immer für das, was er haben wollte, arbeiten müssen, weil seine Mutter nur eine Dorfhure gewesen war, wohingegen die Mutter seines Bruders zu den Damen zählte – nicht verheiratet mit dem Erzeuger der Söhne, aber immerhin eine Dame. Aus diesem einzigen Grunde war ihr Sohn, ein lediges Kind wie Ranulf, zum Erben des Vaters ernannt und mit allen Privilegien eines kostbaren Nachkommens erzogen worden.
Nein, Ranulf vermochte keine Gefühle für diese Lady aufzubringen, die so unschuldig in ihrem keuschen Bett schlief. Es gab zu wenige Möglichkeiten für einen Mann, das Geld, das er brauchte, zu verdienen, ohne es zu stehlen, deshalb konnte er nicht, seinem Gewissen entsprechend, wählerisch sein. Diese junge Frau war nichts anderes als eine der vielen Erbinnen, die besiegt und vom stärkeren Rivalen gewonnen wurden – in diesem Fall von Rothwell, weil er Ranulf angeheuert hatte. Sie bedeutete nur einen Job, und hoffentlich den letzten. Nun zögerte Ranulf nicht länger.
Ihre Augen öffneten sich in dem Moment, als Ranulfs Hand sich auf ihren Mund legte, und sie waren groß und voller Angst. Eine Sekunde lang wurde dem Mann die Weichheit ihrer Lippen bewußt, dann mußte er mehr Druck anwenden, denn Reinas kleine Hand riß an seinem Arm. Ranulf beugte sich über sie, steckte der jungen Frau einen Knebel in den Mund und befestigte ihn mit einem Stoffstreifen. All ihr Sträuben half ihr nichts.
Sie stöhnte, nur, weil Ranulf sie am Haar gezerrt hatte, doch er erstarrte, da er nicht wußte, warum sie diesen Klagelaut ausstieß. Er hatte gedacht, kein Mitleid mit ihr zu haben, doch der leise Ton traf ihn bis ins Mark, und diese seine Sensibilität machte ihn wütend, auf sich selbst, auf Reina und auf das Leben ganz allgemein.
»Kenric!« Der Junge steckte sofort den Kopf durch den Vorhang. »Binde ihr die Hände und Füße zusammen.« Der Junge rührte sich nicht, und Ranulf fluchte kaum hörbar, als er bemerkte, daß die Lady unter der verrutschten Decke nackt war. »Halt sie fest.«
Ärgerlich ging Ranulf zu der Truhe, die er vorher entdeckt hatte, wühlte darin und warf ein ärmelloses Gewand durch den Vorhangspalt.
»Sie wollen, daß ich ihr das anziehe?« hörte er Kenric voller Entsetzen krächzen.
Ranulf knirschte mit den Zähnen. »Mach es, und zwar schnell!«
Kenric sah Reina um Vergebung heischend an, ehe er ihr das Gewand über den Kopf streifte. Weiter kam er nicht. Sie wehrte sich mit beiden Händen, und Kenric konnte sie nur im Bett festhalten. Er war nicht Ranulf.
»Sie läßt mich nicht«, stieß Kenric verzweifelt hervor.
»Sie wird dich lassen, sonst tragen wir sie nackt hinaus.«
Danach herrschte Stillschweigen hinter dem Vorhang.
Ranulf wartete einige Sekunden, bis die Lady vermutlich angezogen war, dann öffnete er den Vorhang weit und warf die Bettdecke auf den Boden. Inzwischen bemühte sich Kenric, der Dame die Hände zusammenzubinden.
»Bist du noch nicht fertig?«
»Sie macht es mir nicht leicht«, zischte Kenric.
Mit einem dumpfen Knurren packte Ranulf Reinas Hände, damit Kenric sie fesseln konnte. Dasselbe geschah mit ihren Füßen, und Ranulf ignorierte die wütenden Blicke der jungen Frau. Anschließend hob er sie hoch.
»Kümmere dich jetzt um den Jungen«, sagte Ranulf zu Kenric und legte Reina auf die Decke. Mit einer Hand direkt unter ihrem Busen drückte er sie nieder. »Seien Sie still, Lady«, befahl er. »Wir wollen Ihnen nichts Böses zufügen.« Unterdrücktes Murmeln klang hinter dem Knebel hervor, das laut genug war, um Ranulf zu weiteren Worten zu bewegen. »Wenn Sie still sind, wird niemandem etwas geschehen. Wenn Sie aber Aufmerksamkeit erregen, wird es ein Blutvergießen geben. Glauben Sie, daß Ihre Männer mich aufhalten können?«
Er war befriedigt, keinen Laut mehr von ihr zu vernehmen, und auch ihr Zappeln unter seiner Hand hörte auf. In einem Augenblick kehrte Kenric zu ihm zurück und kniete sich neben ihn. Gemeinsam rollten sie Reina in die Decke ein. So war sie leichter zu transportieren, und Geräusche, die sie vielleicht von sich geben würde, könnten nur gedämpft nach außen dringen.
»Sollte sie außer diesem Gewand nicht noch ein paar Kleider haben?« meinte Kenric, als Ranulf sich das Bündel über die Schulter
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