Fesseln der Leidenschaft
Lady hätte bei dem Bischof Zuflucht suchen können. Ranulf wunderte sich, daß sie das nicht getan hatte, denn der Gedanke war ihr bestimmt gekommen. Sie konnte doch nicht wirklich den Wunsch haben, ihn zu heiraten – bei der schlechten Meinung, die sie offenkundig von ihm hatte. Doch in Gegenwart des Paters hatte sie in keiner Weise einen zögernden Eindruck erweckt. Sie war überhaupt völlig ruhig und beherrscht, seitdem sie das Kloster betreten hatten.
»Ehe wir die Einzelheiten niederlegen, ist es Ihr Recht zu wissen, was Sie bekommen, Sir Ranulf.«
Er schnaubte, weil sie ihn so förmlich ansprach, und sie lächelte über den komischen Laut, ehe sie fortfuhr. »Da mein Vater tot ist und ich seine einzige Erbin bin, komme ich nicht nur mit einer Mitgift zu Ihnen, sondern mit meinem vollen Vermögen. Es beinhaltet außer Schloß Clydon mit seinem Landgut und der Mühle zwei weitere Anwesen, Brent Tower und Roth Hill. Die beiden sind nicht ganz so groß, aber auch nicht klein. Außerdem besitze ich zwei Bauernhöfe in der Nähe von Roth Hill und drei befestigte Rittergüter mit dazugehörigen Dörfern nahe Shefford.«
Ranulf war beeindruckt, doch Walter dachte weiter und fragte: »Was von alledem möchten Sie als Mitgift anbieten?«
»Ich dachte, ich hätte es deutlich genug gemacht, daß ich den vollen Besitz meines Vaters einbringe. Demnach möchte ich mein halbes Erbe behalten, sollte Sir Ranulf etwas zustoßen, ehe Kinder aus dieser Verbindung hervorgegangen sind. Ist ein Kind als Erbe da, möchte ich für die Dauer meines Lebens nur Clydon behalten, das nach meinem Tod ebenfalls auf das Kind übergeht. Falls ich vor Sir Ranulf sterbe, gehört selbstverständlich alles ihm, denn ich besitze keine Familie, die Ansprüche stellen könnte.«
»Erscheint dir das annehmbar, Ranulf?« fragte Walter seinen Freund.
Es war mehr als annehmbar, da die Lady ihm für die Zeitspanne seines eigenen Lebens tatsächlich alles gab. Da er ihr jedoch nicht traute, vermutete er, sie habe eine Falle eingebaut, die er nur nicht erkennen konnte.
Anstatt Walter zu antworten, sagte er zu Reina: »Sie erklären, daß Sie im Falle meines Todes nur die Hälfte Ihres Vermögens wiederhaben wollen. Wer soll die andere Hälfte bekommen?«
Sie sah ihn an, als sei er blöde. »Gewöhnlich kämpft die Familie des Ehemannes, wenn er stirbt, um den Besitz. Oft wollen die Leute alles haben, was Lord Guy in diesem Fall jedoch verhindern würde. Aber Lord Johns Familie hätte die Hälfte beansprucht, ebenso wie Lord Richards Familie, wenn er zuerst um meine Hand angehalten hätte. Also war ich gewillt, bei jeder Verbindung die Hälfte abzutreten. Das gilt natürlich auch für Sie, wie ich vorher schon sagte. Sie brauchen nur einverstanden sein, mir im Falle Ihres Todes die Hälfte Ihres Besitzes zu vermachen. Die Einzelheiten sollten wir dann anschließend besprechen.«
Ranulf furchte die Stirn. »Sind Sie noch nicht fertig?«
Reina schüttelte den Kopf. »Bisher habe ich nur meine persönlichen Landgüter erwähnt. Doch ich muß hinzufügen, daß ich noch zwei weitere Lehensgüter zurückbekommen habe – von den zwei verstorbenen Vasallen. Der eine hinterließ keine Erben, der andere ein Töchterchen, dessen Vormund ich bin. Tatsächlich fiel noch ein dritter Vasall beim Kreuzzug, ein Mann mit drei Söhnen. Der älteste von ihnen hat mir schon bezüglich seines Besitzes Gefolgschaft geschworen.«
Ranulf ignorierte Walters Stöhnen. Keiner der beiden Freunde hatte geahnt, daß sie so reich war. »Wie viele Vasallen hat Ihr Vater auf den Kreuzzug mitgenommen?«
»Vier«, erwiderte sie. »William de Bruce bleibt bei Lord Guy, ebenso wie unsere Garderitter, obwohl wir auch von ihnen schon zwei verloren haben, wie ich Ihnen bereits sagte, als ich Ihnen ihre Witwen vorstellte. Sir Williams Sohn hat mir im Namen seines Vaters Treue geschworen. Er verwaltet eines meiner Herrschaftshäuser und eine mir gehörende Zollbrücke.«
Ranulf scheute sich fast zu fragen: »Ist das alles?«
Erneut schüttelte sie den Kopf.
»Ich habe noch drei Vasallen, die meinen Vater nicht begleiteten. Sir John betreibt einen Gutshof und vierhundert Morgen Land nahe Bedford; Sir Guiot ein Gut und eine Mühle, die drei Ritter beschäftigen könnten. Und Lord Simon, dessen Tochter Elaine Sie kennengelernt haben, kümmert sich um den Herrschaftssitz Forthwick, eine Mühle und zwei gut ausgestattete Schlösser.«
Walter stöhnte lauter. Ranulf wußte nicht, was er
Weitere Kostenlose Bücher