Fesseln der Leidenschaft
nicht einmal die wenigen stellten sich ihrer Verantwortung«, gab Ranulf zu bedenken.
Sie warf ihm einen unheilvollen Blick zu, ehe sie sagte: »Nur in den vergangenen vierzehn Tagen war ich so knapp dran. Lady Margarets verheiratete Tochter hatte mich besucht und benötigte für ihre Rückkehr nach London zehn Männer als Begleitschutz. Sir Arnulph, ein Garderitter, brauchte weitere zehn für Birkenham, wo er mich vertreten sollte. Und einer meiner Verwalter bat um Hilfe wegen eines Mordes in einem meiner Herrschaftshäuser, also schickte ich ihm erst vor vier Tagen einen Ritter mit fünf Männern. Ich weiß, daß die Anzahl gering ist, aber ich hatte einfach kein Extrageld mehr.«
»Sie hatten doch Ihr Einkommen vom letzten Jahr.«
»Und dieses Jahr mehr Katastrophen, als ich sagen kann. Ein Feuer in Roth Hill zerstörte jedes Gebäude im Außenhof, die gerade erst aufgefüllten Getreidespeicher inbegriffen. Auch die Wälle dort sind seit langem reparaturbedürftig. Mit der Renovierung wurde begonnen, aber sie ist noch nicht beendet. Über hundert Schafe wurden gestohlen, so daß ich keines verkaufen konnte – und meine ganze Viehherde. Ich hege den Verdacht, daß Falkes de Rochefort hier die Hand mit im Spiel hatte. Ich mußte das Vieh ersetzen und auch die Pferde für die Besatzung, obwohl ich bisher noch nicht jeden Mann mit einem Reittier ausstatten konnte. Und … «
»Also brauchen Sie Geld von mir?«
»Ja, aber nicht allzuviel – nur genug, um die Reparaturen in Roth Hill abzuschließen und für eventuelle, vor dem Michaelstag eintretende Notfälle gerüstet zu sein. Sie haben ja bereits Männer, um die Schloßbesatzung zu erweitern, obwohl auch Roth Hill und Brent Tower ein paar zusätzliche Leute vertragen könnten. Und es wäre kein Fehler, wenn wir mehr Pferde hätten. Ist das zuviel von Ihnen verlangt?«
Seine Antwort wurde von einem verdrießlichen Blick begleitet. »Sie wissen bereits, was ich wert bin, und daß das alles mich keineswegs belastet. Doch was ist mit der obligatorischen Zahlung, die Ihre Vasallen bei Ihrer Hochzeit leisten müssen?«
»Die Zahlung ist Pflicht, wenn die älteste Tochter des Lords heiratet, aber das bin ich praktisch nicht mehr. Ich bin nun die Lehnsherrin der Vasallen, und sie müssen nichts beisteuern, wenn ihr Lord oder ihre Lady sich verehelicht. Und diese Bezahlung hätte auch nur die Kosten der Hochzeit aufgewogen, und diese Kosten werden keine Probleme bedeuten. Clydon hat Vorräte und Nahrungsmittel im Überfluß. Die Gefahr des Darbens bestand nie.«
Ranulf war noch immer so unzufrieden, daß er es kaum zu ertragen vermochte. Wie konnte sie ihm all das bieten und fast nichts dafür bekommen? Zugegeben – irgendein Mann mußte der Nutznießer sein, aber zweifellos hätte jener Lord John oder Richard, den die Lady hatte haben wollen, ihr unsagbaren Reichtum und den Einfluß seiner Familie beschert. Hierin lag Reinas Benachteiligung. Er hatte keine Verbindungen, keine Familie als Unterstützung, keine Macht, auf die eine Schloßherrin bauen konnte. Aber das wußte sie nicht, sonst hätte sie nicht erwähnt, sie wolle nach seinem eventuellen Tod die Hälfte ihres Vermögens seiner Familie überlassen.
Bei diesem Gedanken und seiner tatsächlichen Bedeutung erstarrte Ranulf und nahm sich vor, dies mit Reina zu diskutieren, aber nicht im Beisein des Mönchs.
Er sah den Klosterbruder an und fragte: »Sie schreiben doch nicht alles nieder, oder?«
»Nein, mein Lord, nur das Ausmaß des Besitzes, der Ihnen durch die Heirat zufällt, die Abmachungen für den jeweiligen Todesfall und die Summe, die Sie bezahlen wollen. Ich muß jetzt nur noch Ihre Güter aufzählen, dann können Sie zu Pater Geoffrey zurückkehren, um Ihren Eid zu sprechen. Die Gesetzmäßigkeit dieses Vertrages wird später bestätigt, und die vollständigen Kopien werden bis zum Morgen fertig sein.«
Ranulf schwieg. Es widerstrebte ihm zu erwähnen, wie wenig er in diese Ehe einbrachte. Doch der Mönch wartete …
»Sein Heiratsgut sind siebentausend Mark, um eine runde Summe zu nennen«, sagte da Reina ohne das geringste Schwanken in der Stimme. »Die Hälfte seines Besitzes.«
Der Mönch war entsetzt über den geringen Betrag. »Aber … «
»Da gibt es kein Aber«, unterbrach sie ihn ungestüm und fügte dann gemäßigter hinzu: »Sir Ranulf willigt auch ein, mir Kinder zu schenken, meine Leute sowie meinen Besitz nach besten Kräften zu beschützen und … und mich nicht zu schlagen,
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