Fesseln der Leidenschaft
Narren. Nein, laß mich ausreden«, fügte er schnell hinzu, als Fitz Hugh die Stirn furchte. »Kannst du einem Dorfburschen ein Schwert in die Hand drücken und ihn einen Ritter nennen?«
Ranulf knurrte. »So ein Unsinn.«
»Ja, es sind viele Trainingsjahre nötig, um einen Ritter heranzuziehen. Und so braucht es auch Jahre, bis eine Frau zur Lady erzogen ist. Sie bekommt ihre Kenntnisse nicht in die Wiege gelegt, Ranulf. Sie wird für ihre Pflichten erzogen, wie wir für unsere. Willst du jahrelang wie ein Schwein leben, während deine Dorfhure lernt, sich wie eine Dame zu benehmen? Und wer wird ihr alle Kunstfertigkeit beibringen, wenn nicht eine Dame? Und welche Dame würde sich so weit herablassen – für welchen Preis auch immer?«
»Genug, Walter!«
»Ja, genug, de Breaute«, erklang eine weibliche Stimme, und Reina trat in den Schein des Feuers, das die beiden Männer wärmte. Searle und Eric schlichen hinter ihr her. »Wenn Sie bis jetzt keine Einigung erzielt haben, geben Sie es auf. Mich braucht man keinem Mann aufzuzwingen. Es war Ihre Idee, nicht meine, und gewiß nicht seine. Aus einem einzigen Grund stimmte ich zu. Sie malten ein besseres Bild von ihm als von Rothwell. Aber Rothwell ist offenbar der bessere Mann, jedenfalls ein Mann, der sich zutraut, der Herr von Clydon zu sein, wohingegen Ihr Freund seine eigenen Fähigkeiten anzweifelt, so einen großen Besitz zu leiten.«
Walter stöhnte laut. Sie hätte nichts Schlimmeres sagen können. Ranulf mit Rothwell zu vergleichen war schon schrecklich genug, aber zu behaupten, Rothwell sei der bessere Mann! Nicht nur Ranulfs Fähigkeiten, sondern auch seinen Mut in Frage zu stellen und anzudeuten, er habe Angst vor der Herausforderung, die Clydon bedeutete – einfach unfaßbar!
Ranulf sprang auf, noch ehe Reina geendet hatte, und Walter wäre nicht überrascht gewesen, wenn er die Lady wegen dieser neuesten Beleidigungen geschüttelt hätte. Ranulf war momentan sprachlos vor Wut, seine Augen schossen Blitze, und … der Himmel mochte der jungen Frau helfen, sie schien nicht die geringste Furcht zu empfinden. Sie wagte sogar, Fitz Hugh noch weiter zu verhöhnen.
»Wenn ich nicht recht habe, Sir, dann sagen sie es! Oder soll ich glauben, daß Sie Clydon ablehnen, weil ich Sie einschüchtere?«
Ranulf zischte durch die Zähne. »Sattle ein Pferd für sie, Walter! Wir reiten sofort in die Abtei!«
Als Ranulf davonmarschierte, um sein eigenes Reittier zu holen, sah Walter die Lady ungläubig an und bemerkte, daß sie lächelte. »Sie haben das absichtlich getan!«
Sie zuckte mit den Schultern. »Es schien, als bräuchten Sie Hilfe. Wie Sie schon sagten: Besser nehme ich ihn als Rothwell!«
»Aber er wird Ihnen niemals verzeihen, was Sie gerade angedeutet haben, Lady.«
Erneut zuckte sie mit den Schultern. »Wenn er zu dumm ist, um zu erkennen, daß er zu seinem eigenen Wohl angestachelt wurde, die richtige Entscheidung zu treffen, dann ist das sein Problem.«
»Es ist eher Ihr Problem«, meinte Searle leise hinter ihr.
Eric stimmte ihm rasch zu. »Sind Sie sicher, daß Sie ihn haben wollen, Lady?«
»Fragen Sie mich lieber, ob ich Rothwell haben will, dem Sie mich unbedingt ausliefern wollten – Sie alle!«
Sie wandte sich von den drei hochroten Gesichtern ab und ging, um sich selbst ein Pferd zu suchen.
14
Ranulf war es klar, daß er einem Schachzug erlegen war, und er fügte sich auch nur in dem Gedanken, Reina bereuen zu lassen, daß sie ihn derart manipuliert hatte. Doch momentan wollte er seinen Ärger nicht kultivieren. Die Lady war bereit, einen Vertrag mit ihm zu schließen, und ob es ihm paßte oder nicht, wußte er doch, daß es notwendig war. So ein Kontrakt wurde allgemein als wichtigster Teil einer Ehe angesehen.
Die schlaue Lady paßte genau auf, als sie dem jungen Mönch, der ihnen als Schreiber zur Verfügung gestellt worden war, den Wortlaut diktierte.
Ein kleiner Raum war ihnen für die Diskussion zugewiesen worden. Walter und Searle dienten Ranulf als Zeugen, der Mönch Reina. Ranulf hätte lieber zuerst mit ihr allein gesprochen, doch sie hatte auf einer schnellen Abwicklungbestanden, in der Überzeugung, er sei zufrieden, da sie ihm dasselbe bot, was auch Lord John de Lascelles bekommen hätte – nun wußte er endlich den Namen!
Erst als Pater Geoffrey sich einverstanden erklärt hatte, sie zu trauen, kam Ranulf die Idee, daß Walters kleine Intrige auch ein Schuß hätte sei können, der nach hinten losging. Die
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