Fesseln der Leidenschaft
Feuer. Searle und Eric bewachten sie unter dem Vorwand, ihr Gesellschaft zu leisten. Walter bemerkte, daß Ranulfs Blicke während des Gesprächs oft zu ihr hinüberflogen, während sie kein einziges Mal in die
Richtung der Männer schaute. Wenn er angenommen hätte, irgend etwas an Reina hätte Ranulf angezogen, wäre er auf eine andere Taktik verfallen. Doch obgleich er selbst die Lady recht anmutig fand mit ihren hellen Augen und den feinen Zügen, wußte er, daß sein Freund auffällige und robuste Weiber bevorzugte. Vielleicht sollte er seine Taktik doch ändern, aber vorher wollte er noch einiges Positive über Clydon sagen.
»Ich verstehe dich nicht, Ranulf. Ich kenne keinen anderen Mann, der diese unglaubliche Chance nicht sofort wahrnehmen würde, keinen, der die Lady nicht heiraten würde, selbst wenn er sie zwingen müßte, und sie wird dich freiwillig nehmen. Hast du die Macht nicht in Erwägung gezogen, die hinter dem jährlichen Einkommen von Clydon steckt? Der Dienst von hundert Rittern! Bedenke, wie viele Landgüter sie neben Clydon noch besitzen muß, um über solche Einkünfte zu verfügen!«
»Ich bin erstaunt, daß du nicht eine exakte Aufstellung von ihr verlangt hast.«
Walter errötete. Ranulf war gar nicht erfreut gewesen, daß er sich der Lady genähert hatte, vor allem nicht über den Grund seiner Annäherung. Walter hatte ihm Reinas Worte mitgeteilt, ausgenommen ihren Vorschlag, sie nach Clydon zurückkehren zu lassen – aber es half alles nichts. Ranulf hatte einfach kein Interesse.
»Ist dir klar, daß Clydon den Ländereien deines Vaters gleichkommt?« fragte Walter und fuhr schnell fort, ehe Ranulf auf die Erwähnung seines Vaters reagieren konnte: »Und hast du bedacht, daß du nur Shefford Lehenstreue schwören müßtest? Für Farring Cross müßtest du König Richard die Lehenstreue schwören. Ein Graf ist besser als ein König, besonders ein König, der so gern Krieg führt. Die Anforderungen wären viel geringer … «
»Von meinem Oberherrn vielleicht, aber was ist mit den speziellen Anforderungen, die so ein Riesenbesitz an einen stellt? Hast du die Lady gefragt, wieweit er belehnt ist? Wie viele Vasallen sie hat? Für wie viele Leute sie verantwortlich ist? Ich wollte nur ein kleines Gut, Walter. Ich habe nie davon geträumt, so mächtig wie mein Vater zu werden.«
»Weil es nie im Bereich des Möglichen lag. Du könntest deine Kriegsdienste ein Leben lang verkaufen und würdest nie genug gewinnen, um so etwas wie Clydon zu erwerben. Aber jetzt bekommst du es geschenkt – es kostet dich nichts, außer der Kleinigkeit, eine Frau zu nehmen. Du mußt nicht einmal darum kämpfen.«
»Nicht? Glaubst du, Rothwell verzichtet einfach und bleibt in seinem Bau sitzen? Die Schloßherrin hat auch Nachbarn, die ihr mit gezogenen Schwertern Besuche abstatten, falls du das nicht bemerkt hast.«
Walter zuckte die Schultern. »Aber du wirst dann deine eigene Armee haben, und im Notfall kannst du eine weitere von Shefford anfordern. Außerdem ist es leichter, von einem Grafen Hilfe zu erhalten als von einem König.«
»Das mag sein, wie es will. Nichts könnte die Kopfschmerzen aufwiegen, die mir die Lady und ihre Damen bereiten würden. Himmel, Walter, hast du gezählt, wie viele sie unter ihren Fittichen hat?«
»Ist es das, was du ablehnst?«
»Sie ist es, die ich ablehne. Ich mag keine Dame in meinem Leben, und am wenigsten eine winzige, die sich für riesengroß hält und glaubt, einen Mann herumschieben zu können.«
Walter grinste beinahe, denn jetzt wußte er, daß Ranulf umgestimmt werden konnte, daß er nur noch unter den Kränkungen litt, mit denen Reina ihn überhäuft hatte. »Sie mag ein tollkühnes Würmchen sein, aber sie hat lange ihren Hofstaat beherrscht. Sie braucht nur einen Ehemann, der sie auf den richtigen Platz rückt.« Als Ranulf brummte, zog Walter seine letzten Trümpfe hervor. »Hattest du nie die Absicht, dir für Farring Cross eine Frau zu nehmen?«
»Doch, eine kräftige Dorfhure genügt mir vollauf.«
Walter starrte ihn einen Moment entgeistert an, doch nun hatte er die nötige Munition. »Wer sollte sich um deinen Haushalt, die Kleidung, das Putzen und Kochen bekümmern? Meinst du, daß die Dienstboten arbeiten, weil es etwas zu arbeiten gibt, oder daß sie von einer aus ihren Kreisen Befehle entgegennehmen, nur weil du sie zu deiner Frau erhoben hast?«
»Wenn ich sage … «
»Ranulf, mein Freund, da spricht dein Starrsinn aus dem Mund eines
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