Fesseln der Nacht - Feehan, C: Fesseln der Nacht - Predatory Game
Hündchen. Berühre sie nur ganz leicht. Wenn du gewinnen willst, dürfen sie nicht merken, was du machst.
Aber das Hündchen ist gestorben. Das wollte ich nicht. Es war keine Absicht. Tränen traten ihr in die Augen, bevor sie sie zurückhalten konnte.
Sofort zog sich seine Stirn in Falten, und er sah sehr streng aus. Was habe ich dir über das Weinen gesagt? Willst du wieder ins Dunkle? In den Boden, wo die bösen Mädchen hingehören?
Sie hielt mühsam die Tränen zurück, schüttelte den Kopf und fürchtete sich plötzlich sehr. Sie streckte ihre Hand nach Thorns Fußgelenk aus. Das kleine Mädchen schlief tief und fest, und sein Haar war auf dem Kissen ausgebreitet, so weißblond, dass es wie die zarten Fäden an einem Maiskolben aussah. Thorn war erst etwa drei Jahre alt, und Saber mit ihren acht Jahren hatte ihr gegenüber starke mütterliche Gefühle entwickelt. Ihr eigenes Herz schlug vor Sorge zu schnell. Sie musste vorsichtig sein und Thorn vor jeder Gefahr bewahren. Sich in der Gewalt haben. Der Arzt wollte, dass sie Selbstbeherrschung zeigte. Sie feuchtete sich die Lippen an und nahm den Rhythmus von Thorns Körper in ihren eigenen auf.
Saber zwang ihren Körper, sich zu entspannen, das Geräusch dieses winzig kleinen Herzens wahrzunehmen
und ein Gespür dafür zu entwickeln. Sie berührte das kleine Mädchen nur ganz leicht, so leicht, dass Thorn nicht davon aufwachen würde. Die Herzschläge waren zart und doch kräftig. Sie kannte die exakten Pfade in Thorns Körper, die Venen und Arterien und Nervenbahnen, jede Verbindung, die dieses eine Organ speiste oder von ihm gespeist wurde.
Sie atmete für sie beide, und Luft strömte in ihrer beider Lungen und wieder hinaus. Einen Moment lang überkam sie eine eigentümliche Euphorie, als seien sie beide ein und dieselbe Person und steckten in ein und derselben Haut, ihrer beider Herz und Geist in vollkommener Übereinstimmung miteinander. Und dann fügte sie die kleine Unregelmäßigkeit ein. Einen dumpfen Herzschlag. Und dann noch einen.
Thorn rührte sich, und ein Ausdruck von Schmerz huschte über ihr Gesicht. Ihre Lider öffneten sich flatternd, und sie sah Saber mitten in die Augen. Sie wusste es. Und ihr war auch anzusehen, dass sie verstand, was los war. Thorn war schon immer so intelligent gewesen, weit intelligenter, als Whitney ihr zutraute. Aber vielleicht wusste er es ja auch – vielleicht fürchtete er sich vor ihr.
Saber riss ihre Hand von Thorns Fußgelenk zurück. »Ich habe es geschafft. Und diesmal habe ich es nicht verpfuscht.« Sie achtete sorgsam darauf, dass ihre Stimme triumphierend klang und keine Spur von Trotz aufwies. Aber sie berührte Thorn nicht noch einmal. Es würde kein zweites Experiment geben, denn sie schöpfte allmählich den Verdacht, der Arzt wäre froh gewesen, wenn sie Thorn getötet hätte. Als das Hündchen gestorben war, hatte er sich nämlich gefreut. Sie hatte es in seinen Augen gesehen, als er sie streng angeblickt hatte.
Lange Zeit herrschte Stille. Sie hielt den Kopf gesenkt. Schließlich legte er seine Hand auf ihr Haar. »Gut gemacht, Winter. Du bist ein sehr braves Mädchen.«
Saber blinzelte, damit sie ihr Gesicht im Spiegel wieder klar sehen konnte. Sie war jetzt bleich und aufgewühlt von der Erinnerung. Thorn. Seit Jahren hatte sie es sich nicht mehr gestattet, an Thorn oder an ihre Opfer zu denken, aber wenn es ein Mädchen gab, eine Frau, die Whitney überlisten konnte, dann war das Thorn. »Sei noch am Leben«, sagte sie laut vor sich hin. »Bleibe am Leben.«
Sie starrte sich an und suchte nach Schönheitsfehlern. Ihr Gesicht war glatt und faltenlos. Sie hatte wunderschöne zarte Haut und sehr große Augen. Sie sah so jung aus mit ihrem allzu schlanken Körper und ihrem kleinmädchenhaften Gesicht. Niemand würde jemals argwöhnen, sie könnte tödlich sein. Sie zog ihre Schultern zurück und presste die Lippen zusammen. Sie besaß enorme Fähigkeiten, und sie würde ihr Können einsetzen, um Jesse zu beschützen. Wer auch immer seinen Tod wollte, würde sich auf einen Kampf mit ihr einlassen müssen. Falls es Whitney war … Sie hatte schon immer den Verdacht gehabt, er würde sie eines Tages finden, und sie dachte gar nicht daran zuzulassen, dass er Jesse etwas antat oder ihn tötete. Falls es sich jedoch um irgendeinen Bekloppten handelte, der auf ihre Stimme fixiert war, würde sie die Bedrohung für Jesse ein für alle Mal aus dem Weg räumen.
Sie rückte die Kommode zur Seite und
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