Fesseln der Sünde
Ein Einwand. Ein Einspruch.
»Schhh.« Ein zärtliches Lächeln umspielte seine Lippen.
Er senkte den Kopf und küsste sie noch einmal flüchtig.
Immer noch spielte er mit ihr. Trotz seines eigenen Verlangens. Infernalisches Verlangen wütete hinter diesen dunklen Augen. Er verströmte Hitze. Sie versuchte, näher an dieses Feuer zu gelangen, indem sie zu ihm rückte.
Er drückte seine Lippen sanft auf ihre Mundwinkel. Dann ein Kuss auf ihre Nase. Auf ihr Kinn. Zwischen ihre Augenbrauen.
»Küss mich«, sagte sie fast weinerlich. Dieses Hinauszögern war mehr, als sündiges Fleisch ertragen konnte.
»Ich küsse dich doch.«
Sie zitterte vor Ungeduld. Sie wollte Leidenschaft. Sie wollte wissen, wie er sich nach ihr verzehrte. Doch diese Zärtlichkeit war süßer als Zucker. Sie spürte, wie ihre Seele sich öffnete. Er hatte sie zweimal geliebt. Beide Male war er nicht so zärtlich gewesen.
Jetzt behandelte er sie, als ob sie aus bestem venezianischem Glas wäre, das bei der geringsten Berührung zerbrechen könnte.
Sie hob die Hände. Die eine umfasste sein Handgelenk. Die andere lag an der Stelle auf seiner Brust, wo sie ihn heute Morgen berührt hatte. Sie fühlte, wie sein Herz unter ihrer Hand raste.
»Küss mich richtig«, flehte sie ihn an. »Oder ich werde verrückt.«
»Das sind wir doch schon beide«, erwiderte er plötzlich und entschieden. »Gott steh uns bei.«
So unvermittelt, wie er gesprochen hatte, so unvermittelt ging die Welt in einem Meer von Flammen auf. Wild und leidenschaftlich drückte er seinen Mund auf ihren. Er brannte vor Verlangen, doch der Geist seiner früheren Zärtlichkeit schwang noch mit wie die Glut eines aufgetürmten Feuers. Wie Sterne, die bei Sonnenaufgang verblassten.
Sie ergab sich und öffnete ihre Lippen.
Sein unbarmherziger Angriff kannte kein Pardon. Er fuhr mit seiner Zunge über ihre Lippen. Und ließ sie dann in sie hineingleiten. Sie erstarrte bei diesem ungewohnten Eindringen.
Unvermittelt hob er den Kopf.
O nein, nicht aufhören. Ich sterbe, wenn er aufhört.
»Alles ist gut«, sagte er in einem sanften Singsang und küsste wieder ihre Stirn, ihre Wangen und ihr Kinn. Und hielt bei seinen Liebkosungen ihren Kopf in seiner Hand.
Sie stöhnte und schmiegte sich an ihn. »Küss mich, Gideon.« Ihre Stimme bebte vor Verlangen.
»Ich vergesse …« Er unterstrich seine Worte mit weiteren Küssen, die jeden Zentimeter ihres Gesichtes bedeckten. Nur nicht ihre Lippen. Da, wo sie von ihm geküsst werden wollte.
»… wie unschuldig …« Noch mehr Küsse.
»… du bist.«
Die Hand, die auf seinem wie verrückt pochenden Herzen ruhte, glitt hinauf, um sich in seinen Nacken zu schmiegen. Ihre Finger spielten mit seinem Haar, das über den hohen Kragen seines Mantels strich.
»Du überraschst mich«, sagte sie zitternd. »Es ist nicht so, als würde es mir nicht gefallen.«
Noch mehr flüchtige Küsse. »Was bist du doch für eine süße kleine Ehefrau.«
»Du quälst mich«, sagte sie anklagend und drehte den Kopf, um ihre Lippen auf seine zu pressen.
»Du hast mich tagelang gequält. Ich habe nie gedacht, ich würde dich einmal so berühren können.«
»Aber du wolltest es?« Sie wusste die Antwort, doch sehnte sie sich immer noch danach, sie von ihm zu hören.
»Du bringst mein Blut zum Kochen«, sagte er mit rauer Stimme.
Seine Hände wanderten ihren Rücken hinab, und er zog sie an sich. Er drückte seinen geöffneten Mund auf ihren. Zärtlicher als vorher. Dieses Mal war sie auf das Eindringen seiner Zunge vorbereitet.
Ein kurzer Vorstoß. Dann Rückzug. Eine gründlichere Erforschung.
In ihrem Kopf entbrannte ein Feuer. Unbändige Lust schoss zuckend durch ihre Adern. Sie spürte nichts außer diesen brennenden Mund, der von ihr Besitz nahm. Sie rang nach Luft, drückte sich noch dichter an ihn und öffnete ihren Mund weiter.
Er strich mit seinen Händen über ihren Rücken und fuhr dabei über ihr Rückgrat. Wo immer er sie berührte, entfachte er neues Feuer. Die Flammen züngelten auf ihrer Haut. Seine Zunge befand sich immer noch auf dem dunklen, genüsslichen Raubzug in ihrem Mund.
Zaghaft ließ sie ihre Zunge gegen seine gleiten. Sie vernahm ein knurrendes Geräusch der Zustimmung von ihm, und seine Hände strafften sich.
Sie traute sich, ihre Zunge weiter zu bewegen, bis der Kuss nicht länger ein Angriff, sondern ein ekstatischer Tanz war.
Sie gab ein nicht zu definierendes Geräusch von sich, rückte noch näher und rutschte
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