Fesseln der Sünde
nippte an seinem Bordeaux und fragte sich, wann er das letzte Mal einen Abend mit einer schönen Frau verbracht hatte in dem Wissen, mit ihr im Bett zu landen.
Sie schaute ihn von ihrem Platz aus an, tat so, als läse sie ein Buch, und lächelte ihn verschwörerisch an. Sie wusste ebenfalls, wie die Nacht enden würde.
Gideon holte tief Luft, als sich die Tür hinter dem letzten Dienstmädchen schloss. Jetzt waren nur noch er und Charis im Raum, und plötzlich schien die Luft klarer, reiner zu sein. Er überging die Ermahnung seines Gewissens, nicht das Recht zu haben, seine Frau zu berühren, wo er doch eine solche Katastrophe war.
Sein Blick hing an Charis, während sie das Buch beiseitelegte. Er blieb, wo er war, und freute sich an der wachsenden Spannung. Es juckte ihn in den Fingern, sie an sich zu ziehen und leidenschaftlich zu küssen. Zu entdecken, welche Wunder sich unter ihrem hübschen roten Abendkleid verbargen.
Sie schritt auf ihn zu und nahm das Weinglas aus seiner behandschuhten Hand, wobei ihre Finger ihn streiften. Selbst diese kleine Berührung hätte ihn früher erzittern lassen und zum Schwitzen gebracht. Jetzt rief sie nur heißes Verlangen hervor. Der Nelkenduft, den sie verströmte, hielt flüsternd das Versprechen des Paradieses.
»Würdest du etwas für mich tun, Gideon?«, fragte sie leise. Eine dunkle Warnung erklang. Er schenkte ihr in seinem Zustand der berauschten Benommenheit kaum Beachtung. »Das kommt darauf an.«
Ihre Mundwinkel zogen sich nach oben, während sie das Glas auf dem Kaminsims abstellte. »Das ist aber nicht sehr höflich von dir. Ein wahrer Gentleman würde mir jeden noch so kleinen Wunsch von den Augen ablesen.«
»Tja, dann kann ich nur sagen, dass dieser Gentleman dich noch nicht sehr gut kennen kann.«
Sie lachte leise auf, und der heisere Ton ließ das Verlangen in ihm auflodern. Trotz all seiner tapferen Worte - bäte sie ihn, sich hinzulegen und zu sterben, er würde es tun.
»Was bist du doch misstrauisch.«
»Misstrauen hat mir bei zahlreichen Gelegenheiten das Leben gerettet und ist eine viel zu unterschätzte Charaktereigenschaft.« Er schaute sie forschend an. »Was möchtest du, Charis?«
Sie holte Luft, um sich zu wappnen, und er bemerkte die Nervosität unter ihrem koketten Auftreten. Der warnende Klang wurde eindringlicher. »Ich hätte gerne, dass du mir erlaubst, mit dir zu tun, was ich möchte.«
Charis widerstand dem Bedürfnis, ihre Hände zu wringen. Sie musste Gideon davon überzeugen, eine selbstbewusste Frau zu sein, kein dummes Mädchen. Sich wie ein aufgeregter Kanarienvogel vor einer hungrigen Katze zu verhalten, würde ihr Vorhaben nicht weiterbringen.
Er zog eine seiner schwarzen Augenbrauen hoch. »Und das würde was beinhalten?«
Sie biss sich auf die Unterlippe, bis ihr wieder einfiel, lässig und sicher erscheinen zu wollen. Sie hob das Kinn und zwang sich, in seine argwöhnischen dunklen Augen zu sehen. »Nun, zuerst einmal, dich auszuziehen.«
Sie wurde rot. Lockere Selbstsicherheit war nicht gerade ihre Stärke. Selbst zusammenhängende Sätze zu sagen schien ihr im Moment ein unerreichbares Ziel zu sein. Sie rieb verstohlen ihre Handflächen an ihren Röcken.
»Ach so, ich verstehe«, sagte er langsam.
Sie erwartete mehr. Wut. Protest. Ein laut vernehmbares Nein. Doch er blieb still. Sie beeilte sich zu sagen: »Es hat nichts mit lüsterner Neugierde zu tun.«
Seine Lippen zuckten leicht, obwohl sie zunehmenden Widerstand in seinen Augen las. »Das freut mich zu hören.«
»Das ist kein Witz, Gideon«, sagte sie mit leiser, eindringlicher Stimme. »Es ist wichtig, dass du angezogen geblieben bist, wann immer wir …«
»Uns liebten?«
»Ja«, antwortete sie kaum hörbar. Ihr Herz flatterte wie ein gefangener Vogel gegen ihre Rippen. Und zwar nicht wie ein kleiner Spatz, sondern so groß und heftig wie ein Geier.
Er stand mit seinem langen, eleganten und kraftvollen Körper angelehnt am Kaminsims. Die Flammen des Feuers warfen eigenartige, flackernde Schatten über sein Gesicht. Einen Moment lang sah er teuflisch aus. Sie fuhr vor Nervosität mit der Zungenspitze über ihre trockenen Lippen. Gefesselt folgte sein Blick der Bewegung. Sein offensichtliches Interesse erinnerte sie daran, dass sie bei diesem Krieg nicht ganz machtlos war. Sie streckte den Rücken durch.
Eine seiner behandschuhten Hände lag zur Faust geballt auf dem Kaminsims. Seine Stimme klang samtig und beherrscht.
»Ich überlasse mich also
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