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Fesseln der Sünde

Fesseln der Sünde

Titel: Fesseln der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Campbell
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würde er nur ohne sie leben können?
    Die Erinnerung an die vergangenen strahlenden Tage würde ihn mit Bedauern erfüllen. Seine Leidenschaft hatte Charis dazu verleitet, zu glauben, sie hätten zusammen eine Chance. Er hatte einen Blick auf einen leuchtenden Himmel erhascht, der ihn nun verspottete.
    Doch da er nun einmal ein selbstsüchtiger Bastard war, konnte er das, was er auf Jersey getan hatte, nicht bereuen.
    Nach ihrem Streit hatten sie das erste Mal seit mehr als einer Woche getrennt voneinander geschlafen. Nicht, dass er geschlafen hätte. Vielmehr hatte er im Salon gesessen und zugeschaut, wie aus der Nacht ein trostloser Tag wurde. Er hatte sich wie ein Straßenköter gefühlt, in die Gosse geworfen, um zu verhungern. Und so fühlte er sich immer noch. O Gott, sollte es etwa so für den Rest seines Lebens bleiben?
    Er schob die Fragen, die Schuld und den Schmerz, die ihn plagten, beiseite. Seine behandschuhten Hände nahmen die Zügel auf, und er trieb das klobige Pony zu einem schnelleren Schritt an. Das Gig rumpelte den steinigen Weg entlang. Er konnte nicht langsamer fahren. Der Himmel zog sich zu, und der Regen würde sie durchweichen, sollte er hier auf der Heide auf sie niedergehen.
    Charis hielt sich mit ihrer behandschuhten Hand an dem ruckelnden Einspänner fest. Er war das einzige Gefährt gewesen, das sie in dem kleinen Fischerdorf hatten bekommen können, in dessen Hafen sie heute Morgen sicher eingelaufen waren. Sie hatten versucht, in Penrhyn Cove an Land zu gehen, doch das Meer war zu stürmisch gewesen.
    Das Wetter wurde mit jeder Sekunde schlimmer. Es blies ein scharfer Wind. Der Himmel war bedrohlich dunkel, und in der Ferne grollte Donner. Er musste seine Frau ins Warme und in Sicherheit bringen. Wo sie ihn dann in behaglicher Umgebung weiter ignorieren konnte.
    Er schlug die Zügel gegen die dicke Ponykruppe. Sie waren immer noch Meilen vom Haus entfernt. Er gab einen missmutigen Laut von sich und sah nach Charis.
    Sie beobachtete ihn. Ihre Augen waren, betont durch dunkle Kreise, eher braun als grün. Sie sah stolz, kühl, unglücklich und … wunderschön aus.
    In dem eigenartigen grauen Licht zog sie ihre feinen Augenbrauen mit, wie er fand, herablassender Neugierde hoch. »Geht es dir gut, Gideon?«
    »Ja, natürlich«, sagte er knapp.
    Sie verzog verwirrt die Lippen. »Du bist ganz unruhig und gibst eigenartige Töne von dir.«
    »Ich mache mir Sorgen um das Wetter.«
    Sie blickte sich auf der offenen Hochebene um. Ganz oben im Himmel zogen Vögel vorüber, um vor dem nahenden Sturm zu fliehen. Der Wind stand im Wettstreit mit dem Geratter des Gigs und dem Klappern der Ponyhufe.
    Ihre Hand griff nach der Kette, die er ihr am Morgen kurz vor der Abreise nach Penrhyn überreicht hatte. Die reichste Erbin Englands besaß bestimmt Tresore voller atemberaubender Schmuckstücke. Doch als er diese Kette aus Bernstein und Gold vor einer Woche im Schaufenster eines Juweliers in St. Helier gesehen hatte, hatte er sofort an Charis gedacht. Die unglaubliche Intensität der gelben Steine hatte ihn an das helle Leuchten ihrer Augen erinnert, wenn sie glücklich war.
    Das heute, verflucht noch mal, merklich fehlte.
    Obwohl sie sich nur zurückhaltend bedankt hatte, schien ihr die Kleinigkeit zu gefallen. Zumindest trug sie sie.
    Nicht zum ersten Mal war Gideon, was seine Frau betraf, ratlos. Die Ehe war schon ein schwieriges und kompliziertes Unterfangen. Vielleicht war es deshalb gar nicht so schlecht, dass seine nur von kurzer Dauer sein würde, zumindest hinsichtlich der Belange, die bedeutsam waren.
    Und wurde seine Laune dadurch nicht direkt viel besser?
    Mürrisch starrte er an den Ohren des Ponys vorbei auf den ausgefahrenen Weg. Es fiel ihm schwer, die Einöde um ihn herum und den bedrohlichen Himmel nicht als Omen seiner Zukunft zu betrachten.
    »Wir sind doch nicht mehr weit von zu Hause weg, oder?«, fragte sie, ohne ihn anzusehen.
    Zu Hause. Gideon vermutete, sie betrachtete Penrhyn als ihr Zuhause. Sie war von dem Ort, an den sie rechtmäßig gehörte, vertrieben worden. Und jetzt traf er Vorbereitungen, sie erneut zu vertreiben. Er wusste, dass er das Richtige tat, indem er sie freigab. Doch in diesem Moment fühlte es sich nicht so an.
    »Nein, sind wir nicht. Hoffentlich schaffen wir es noch vor dem Regen.«
    Die Straße führte hinunter in ein kleines bewaldetes Tal. Äste, die über der Straße ineinander gewachsen waren, ließen den düsteren Nachmittag zur Nacht werden.

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