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Fesseln der Sünde

Fesseln der Sünde

Titel: Fesseln der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Campbell
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niemand würde je erfahren, dass Gideon in Schwierigkeiten steckte.
    Sie versuchte, die grässlichen Stimmen zu ersticken, doch mit jedem Schritt wurde ihr Geschrei lauter.
    Dann hörte sie über den heulenden Wind und den peitschenden Regen hinweg ein dumpfes Stampfen. Es kam näher und näher.
    Ihr müdes Hirn wunderte sich über das Geräusch. War es das Blut, das in ihren Ohren pochte? Donner? Schüsse? Aber wer könnte bei dieser Nässe schon aus einem Gewehr abfeuern?
    Als das große, schwarze Pferd aus der Regenwand herausgaloppierte, als entstiege es dem Schlund der Hölle, blieb Charis regungslos stehen. Ihr verwirrter Verstand konnte nicht begreifen, nicht länger alleine zu sein. Oder erkennen, ob die Person Gefahr oder Rettung bedeutete.
    »Lady Charis?«
    Der Reiter hielt abrupt vor ihr an, so dass sich sein Pferd aufbäumte. Die Gefahr, der sie sich ausgesetzt hatte, bei dieser Dunkelheit in der Mitte der Straße zu stehen, hatte sie nicht weiter wahrgenommen. Ihr Pferd zog teilnahmslos an den Zügeln, war aber zu müde, sich loszureißen.
    Sie blinzelte benommen den Mann an, der über ihr aus dem Sattel ragte. Ihr lief das Wasser in Sturzbächen das Gesicht herunter, sodass sie nichts sehen konnte. Sie schluckte und versuchte, einen Gruß herauszubekommen. Außer einem leisen, kurzen Wimmern drang ihr kein Ton über die Lippen.
    »Lady Charis?« Er stieg leichtfüßig ab und kam ihr entgegen. »Lady Charis, ich bin es, Akash.«
    »Akash …«, krächzte sie, ohne sich zu bewegen.
    »Gideon schrieb von Jersey, dass Sie spätestens heute Abend hier eintreffen würden.«
    »Das Wetter …« Dann wurde ihr mit einem Schlag die Bedeutung von Akashs Auftauchen bewusst, und sie begann vor benommener Erleichterung zu taumeln. Plötzlich fuhr wieder Energie durch sie. Blut, das eingefroren gewesen war, fing unvermittelt wieder an zu fließen. In ihrem Verstand brannte wieder neue Hoffnung und Entschlossenheit auf. »Akash, wir müssen Gideon helfen. Er ist in der Gewalt meiner Stiefbrüder.«
    Sie drehte sich in die Richtung, aus der sie gekommen war. Akash würde helfen. Akash würde Gideon retten. Alles würde gut werden.
    »Warten Sie.« Akash griff nach ihrem Arm. Ihr war so kalt, dass sie es kaum spürte. »Sie können so nicht gehen.«
    Verwirrt drehte sie sich zu ihm um. Das machte keinen Sinn. Akash war Gideons Freund. Er hatte ihn schon einmal gerettet. Er würde ihn auch jetzt retten.
    »Haben Sie mich nicht gehört? Gideon steckt in Schwierigkeiten.« Ihre Stimme wurde eindringlicher, als sie sich bemühte, über den kreischenden Wind hinweg gehört zu werden. »Wir dürfen keine Zeit verlieren.«
    Er fuhr mit der Hand über sein Gesicht in dem zwecklosen Versuch, den Regen aus seinen Augen zu wischen. »Charis, Penrhyn ist nur ein paar Minuten entfernt. Kommen Sie wenigstens mit, um sich zu trocknen. Wir werden dort dann einen Plan schmieden.«
    Hatte sie es fast nach Hause geschafft? Es schien zu schön, um wahr zu sein. Eine ganze Lawine an Reaktionen brach daraufhin in ihr aus. Ihre Knie drohten, unter ihr nachzugeben. Sie sah zurück auf ihr kleines, tapferes Pferd. Es hatte sie bis hierher getragen, doch mehr würde es heute Nacht nicht schaffen.
    Sie holte schluchzend Luft, und alles Kämpferische schwand aus ihr. So wie sie war, war sie für Gideon nicht von Nutzen. Wenn sie ihm helfen wollte, musste sie sich erst aufwärmen, etwas essen und ihre Kräfte sammeln.
    Doch der Gedanke, seine Rettung zu verzögern, quälte sie, selbst als sie die Notwendigkeit erkannte, Schutz finden zu müssen, bevor sie zusammenbrach.
    »Ja, bringen Sie mich nach Hause«, sagte sie dumpf und stand zitternd und zustimmend vor Akash, der seinen Mantel, der um einiges trockener war, um sie schlug.

    Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als Charis in den braunen Winterfarn kroch und den überwucherten Eingang der stillgelegten Zinnmine beobachtete. Es hatte vor ein paar Stunden aufgehört zu regnen, und der Morgen dämmerte grau.
    Sie trug einen der Reitanzüge von Gideons Mutter, und der Boden unter ihr war nass und matschig. Neben ihr kauerte Akash, der zwei wunderschön ziselierte, silberne Pistolen hielt und den Mineneingang genauso aufmerksam beobachtete wie sie. Hinter ihnen im Farn hatten sich zehn treu ergebene Männer von Penrhyn versteckt. Die gleichen Männer, die bereitwillig in die ungemütliche Nacht hinausgestürmt waren, um Gideon zu finden.
    Bei dem Anblick der Mine drehte sich ihr der Magen um. Sie

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