Fesseln der Sünde
Schuld bewusst, sie zu ängstigen und zu verwirren. Erklärungsversuche und Entschuldigungen schossen in ihm hoch, doch er unterdrückte sie wütend. Sein Stolz wehrte sich, seinen beschämenden Zustand in Worte zu fassen.
Als sie nicht sofort zu sprechen begann, wagte er es, in ihr aschfahles Gesicht zu schauen. Mit einer Geste, die ihn schmerzhaft an das verlorene, verwahrloste Mädchen in Winchester erinnerte, wiegte sie ihr Handgelenk vor ihrer Brust.
Ihre Stimme klang fast normal. »Sie haben mir das Leben gerettet. Wie kann ich Ihnen das je vergelten?«
Das war das Letzte, was er brauchte. Sie starrte ihn an, als wäre er der heilige Georg, der sie gerade vor dem Drachen gerettet hätte. Die uneingeschränkte Bewunderung und Dankbarkeit in ihren haselnussbraunen Augen nagten an seinem Gewissen. Auch wenn er geplant hatte, ihr das Interesse an ihm auszureden, waren seine guten Vorsätze durch das, was gerade passiert war, zunichte gemacht worden.
»Sie können es mir dadurch vergelten, in Zukunft vorsichtiger zu sein«, erwiderte er barsch. Und hasste sich sofort dafür, als er sah, wie das Leuchten aus ihren Augen langsam verschwand. In Wahrheit war er über sie nicht so sehr verärgert wie über die gesamte, verdammte unmögliche Situation. Er hatte kein Recht, sich in ihrem Beifall zu sonnen, selbst wenn er gerade ihr Leben gerettet hatte.
Ihre Wangen, die bis dahin weiß wie die Wand gewesen waren, wurden rot. Sie antwortete leise. »Es tut mir leid, ich habe nicht aufgepasst. Meine Dummheit hat Sie wieder einmal in Gefahr gebracht.«
Sein Ton wurde sanfter. »Es ist nichts passiert.«
Was verdammt noch mal nicht wahr war. Mit jeder Sekunde, die er in ihrer Gesellschaft verbrachte, schloss sich das heimtückische Band fester um sie, als würden Seidenkordeln zusammengezogen werden. Seine jüngsten Versuche, Sarah aus dem Weg zu gehen, hatten rein gar nichts gebracht. Er war unwiderruflich mit ihr verbunden.
Sie richtete sich auf und zuckte bei der Bewegung zusammen. Der am Morgen noch feste Zopf hatte sich gelockert, und unzählig viele kleine Locken rahmten ihr Gesicht. Er unterdrückte das Verlangen, sie zu bändigen.
Ihre Blicke trafen sich für einen Augenblick voller Intensität, dann senkte sie mit flatternden Wimpern die Lider. Sie nagte mit ihren weißen Zähnen an ihrer vollen Unterlippe, und ihr stockte hörbar der Atem.
Wie aus dem Nichts flammte in einem leuchtenden Moment sexuelles Verlangen in ihm auf. Sein Glied wurde steif. Sein Herz brach in einen wilden Rhythmus aus. Aus seinem Mund wich sämtliche Feuchtigkeit.
Die Übelkeit, die er verspürte, wenn er sie berührte, ging in einen hellen Blitz über, und etwas nahm von ihm Besitz, was noch schlimmer war, denn er konnte rein gar nichts tun, um seine Begierde zu stillen.
Der überraschende Anfall von Verlangen ließ ihn taumeln und machte ihn schwindelig. Er hatte sein mangelndes Interesse an Frauen seit Rangapindhi als einen Segen empfunden. Den einzigen Segen. Er hatte vermutet, seine Gleichgültigkeit wäre von Dauer. Worin lag der Sinn, etwas haben zu wollen, was er nicht länger haben konnte? Er tat besser daran, es nicht mehr zu wollen.
O Gott, bitte lass sie nicht an mir herunterschauen. Lass sie nicht sehen, wie erregt ich bin. Er versuchte, sich davonzustehlen, doch der schmale Pfad ließ ihm wenig Raum.
Wie zur Hölle sollte er die nächsten Wochen nur überstehen?
Er konnte sie nicht berühren. Das verbaten ihm sowohl Anstand und Moral als auch Ritterlichkeit.
Als ob nur Grundsätze ihn zögern ließen.
Er konnte sie nicht berühren. Das war die wahre verdammte Tragödie.
Sie sprach noch immer. Er bekämpfte den Lärm in seinem Kopf und versuchte, sich darauf zu konzentrieren, was sie sagte.
»… ein paar Blutergüsse.«
Zum Teufel noch mal, er musste seine Reaktionen in den Griff bekommen. Über das Brummen in seinen Ohren hinweg rang er um seine Konzentration und bemerkte, wie sie mit ihrer unverletzten Hand verlegen am Ärmel ihres einfachen Kleides zupfte. »… es reparieren.«
Er riss den Blick von ihrem sanften, feuchten, verführerischen Mund los und schaute hinunter auf ihr Kleid. Er musste ihren Ärmel eingerissen haben, als er sie von der Kante weggezogen hatte. In dem abgewetzten braunen Stoff klaffte ein Riss.
Das war endlich einmal ein Problem, das er mit Sicherheit lösen konnte. Zitternd holte er Luft und sprach über ihre stotternd vorgetragenen Erklärungen hinweg. »Ich bringe Sie zurück
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