Fesseln der Sünde
Gemälde, das sie zuvor genau betrachtet hatte. »Er könnte Ihr Zwillingsbruder sein.«
»Wie bitte?« Gideon bemühte sich, sich auf das, was sie gesagt hatte, zu konzentrieren.
»Der Mann in dem Porträt.«
Er blinzelte, damit sein Blick scharf wurde, und bemerkte, dass sie vor dem Bild von Black Jack Trevithick stand. Er starrte ziemlich lange in gemalte Augen, die seinen ungemein glichen. Black Jack lächelte nicht, doch sein breiter, sinnlicher Mund zuckte, als lachte er gleich los.
»Das ist Black Jack. Insgesamt betrachtet ein schneidigerer Kerl als ich.«
»Aus seinen Augen spricht der Teufel.«
»Sollten die Geschichten wahr sein, beschränkte sich das nicht nur auf seine Augen.«
»Sie meinen auch in Bezug auf Frauen? Seinem Blick nach zu urteilen, sind die Geschichten wohl wahr.« Sie schaute Gideon unvermittelt an. »Sie müssen sie mir erzählen.«
Er trat verlegen von einem Fuß auf den anderen. Ein Gespräch über die amourösen Eroberungen seines verruchten Vorfahren hatte ihm gerade noch gefehlt, fiel es ihm doch selbst schwer genug, seinen unbändigen sexuellen Appetit zu zügeln. »Die meisten sind für die Ohren einer Dame nicht geeignet.«
Sie lachte leise und schenkte ihm ein leuchtendes Lächeln. Ihre vollen Lippen beschrieben einen hinreißenden Bogen, und er erhaschte einen Blick auf ihre kleinen, weißen Zähne. Wieder fuhr ein Blitz der Erregung durch ihn und ließ ihn schwanken. Ihre Wärme winkte ihm verführerischer zu als ein Feuer an einem Winterabend.
Er neigte das Kinn in Black Jacks Richtung. »In der Tat gibt es eine Geschichte, die Ihnen gefallen könnte.«
»Nur eine?«
»Die einzige, die ich beabsichtige Ihnen zu erzählen.«
»Spielverderber.« Ihre Mundwinkel zuckten auf eine Weise, die ihm einen weiteren Schauer den Rücken hinunterjagte.
Er bemühte sich, so zu klingen, als würde er nicht gerade vor Leidenschaft zu Asche verbrennen. »Black Jack war hier vor Ort als wilder Kerl verschrien. Er konnte mit allem segeln, was sich über Wasser hielt, jedes Pferd reiten, das galoppierte, und sich mit seinen Verführungskünsten jedes Mädchen gefügig machen. Laut Familiensage soll auch die keusche Königin Elisabeth seinem Charme erlegen sein.«
Das hinreißende Lächeln umspielte immer noch Sarahs Lippen. »Was für ein Mann.«
»Genau.« Er versuchte, sich auf die Geschichte zu konzentrieren und nicht auf Sarahs Reize. Was schier unmöglich war, so verlockend, wie sie waren. »Bei einem seiner Raubzüge auf dem offenen Meer erbeutete er eine spanische Galeone.«
Ihr Gesicht war Feuer und Flamme vor Interesse. »Vollgepackt mit Schätzen, sodass die Trevithicks für immer ausgesorgt hatten.«
»Wer erzählt hier bitte die Geschichte?«
»Na, Sie. Bitte, fahren Sie fort.«
»Vollgepackt mit Schätzen, sodass Black Jack nach Cornwall zurückkehrte, um dieses Haus umzubauen, das heute immer noch so steht.«
»Wenn er dieses Haus gebaut haben soll, dann war er ein Künstler. Was war noch auf der Galeone?«
Er gab die bekannte Geschichte genau so wieder, wie er sie als Kind von seinem Kindermädchen, einer von Polletts Schwestern, gehört hatte. »Die Tochter eines Granden namens Doña Ana, die schönste Frau in König Philipps Reich.«
»Hat sie sich auf den ersten Blick in Black Jack verliebt?«
»Nein, sie hat sich mit Händen und Füßen gegen ihn gewehrt, doch Black Jack wollte sie und brachte sie als seine Braut hierher nach Penrhyn.«
»Erzählen Sie mir jetzt bloß nicht, sie habe sich nach Spanien gesehnt und sei vor Schwermut, so weit weg von allem zu sein, was sie liebte, gestorben.«
»Was für eine Art romantische Sage ist das denn?«
»Die, die ich nicht hören möchte.«
Er stieß einen Laut der Belustigung hervor. Es war gefährlich, sich mit ihr zu entspannen, aber süßer als das köstlichste Konfekt, das er von den Basaren kannte. »Nach anfänglichen Auseinandersetzungen verliebte sie sich in den kornischen Piraten und gebar ihm zehn gesunde Kinder. Er wurde sehr alt und lebte als treuer und hingebungsvoller Ehemann.«
In Sarahs Lächeln zeigte sich sorglose Freude. Er hatte das Gefühl, als stünde er in einem Strahl sommerlichen Sonnenlichtes, und dabei war es doch ein kalter Februartag. »Das ist wunderschön.«
Ihre Antwort überraschte ihn nicht. Er wusste, dass sie eine Romantikerin war. Was sich allein schon darin ausdrückte, in welch romantischem Licht sie ihn sah.
»Ich vermute, in Wahrheit war ihre Ehe so wie die meisten
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