Fesseln der Sünde
beschränkte sich lediglich auf seinen Aufenthalt in der Hauptstadt vor kurzem. Diese Wochen waren für ihn ein peinlicher Schandfleck.
Seine Krankheit vor der begeisterten Meute zu verbergen war fast unmöglich gewesen. Die meiste Zeit hatte er einfach nur das überwältigende Verlangen gehabt, zu fliehen.
Und natürlich würden Sarahs Stiefbrüder auch einen anderen Familiennamen haben. Darauf kam es nun aber kaum noch an. Egal ob Sarah die Tochter eines Herzogs oder eines Ladenbesitzers war, sie war für ihn gänzlich unerreichbar. Ein Mann wie er sollte sich mit dem Gedanken, eine Frau zu nehmen, erst gar nicht beschäftigen.
Sein sehnsüchtiger Blick blieb an ihr haften, während sie stehen blieb, um einen Kieselstein aufzuheben und ihn ins Meer zu werfen. Ihre Stiefbrüder gingen davon aus, ihrem Mündel fehlte es an mächtigen Freunden. Vielleicht sollte es sich am Schluss doch noch als nützlich erweisen, der Held von Rangapindhi zu sein. Diese Dreckskerle würden, so sicher wie das Amen in der Kirche, für ihre Verbrechen zahlen.
Das wäre sein Abschiedsgeschenk für Sarah.
Er würde sie in Sicherheit und glücklich wähnen. Das Netteste, was er dann tun könnte, wäre, sie zu verlassen. Mit einem grausamen Totengeläut in seinem Herzen stapfte er den Strand hinauf zu der Stelle, wo sie schweigend über die Wellen starrte.
8
Nach so vielen Stunden in Sarahs Gesellschaft träumte Gideon unweigerlich von ihr. Viele fürchterliche Phantasien quälten ihn, dabei konnte er sie im wahren Leben nicht einmal berühren. Er erwachte bei Morgendämmerung, schwitzend, ruhelos und schmerzhaft erregt. Er musste dringend aus dem Haus, auch weil er Sarahs klaren Blick nicht ertragen und daran erinnert werden wollte, welch unersättlicher Satyr er doch war.
Zumindest in seinen Träumen.
Er nahm ein frühes Frühstück ein und brach danach zu einem langen Ritt entlang der Klippen mit einem ihm unbekannten Pferd auf, denn Akash war mit Khan und den anderen Pferden noch nicht auf Penrhyn eingetroffen. Jetzt war er zurück und ging entlang der Galerie in Richtung seiner Gemächer, um sich schnell zu waschen und dann die Geschäftsbücher des Anwesens durchzusehen. Hoffentlich ohne störende Gedanken an eine Jungfrau mit haselnussbraunen Augen.
Seine Ahnen blickten von beiden Seiten auf ihn herunter. Er konnte mit ihrer Anerkennung nicht rechnen. Wieso auch? Sie mussten es ihm einfach verübeln, dass all ihre Arbeit, ihr Ehrgeiz und ihre Hoffnungen mit ihm begraben werden würden.
Nur Gott allein wusste um das Schicksal des Anwesens, wenn er einmal nicht mehr wäre. Bis dahin würde er sein Leben dem Wiederaufbau Penrhyns widmen. Und das nicht den finster dreinblickenden Ahnen zuliebe, sondern den Menschen, die hier lebten. Düstere, verschlossene, schweigsame Menschen. Den Trevithicks treu ergeben bis zu ihrem Tod.
Gideon hatte nicht geglaubt zu überleben und sein Heimatland noch einmal zu sehen. Doch er hatte es - um bei seiner Rückkehr zu erfahren, dass Harry tot war. Welche Ironie des Schicksals. Sein Vater und sein Bruder waren viel zu jung im sicheren, friedvollen England gestorben, während er zahllose Gefahren fern der Heimat überstanden hatte.
In diese dunklen Gedanken versunken, ging Gideon in der Galerie um die Ecke und stieß fast mit Sarah zusammen.
»Sir Gideon!«
Er griff nach ihr, als sie stolperte, besann sich dann aber und zog seine behandschuhte Hand schnell wieder zurück. Das Blut schoss ihm in primitivem Verlangen durch die Adern. Er war im Nu aufs Äußerste erregt. Die Bilder aus seinen Träumen schwirrten sofort in seinem Kopf umher. Sein Körper, wie er sich in ihrem bewegt. Ihr bronzefarbenes Haar, das sich wie Wildseide über sie ergießt. Ihr sanftes Stöhnen der Lust.
Einen Augenblick lang stand er ihr so nahe, dass er ihren Duft einatmen konnte. Eine Spur Nelkenseife. Genau das war sie, Sarah durch und durch. Sie fand ihr Gleichgewicht wieder und rückte - ein Segen - von ihm ab.
Er holte tief Luft und machte einen Schritt zurück. Die zusätzliche Entfernung half nicht, den Sturm in seinem Innern zu bremsen. »Sarah …«
Als sie bemerkte, wie er sich zurückzog, wurden ihre Augen vor Kränkung dunkler. Er wollte ihr noch einmal sagen, dass sie nicht der Grund für sein Verhalten war, doch ließ dann davon ab. Es war besser, sie würde nichts von seinen schmutzigen Geheimnissen erfahren. Er durfte sie damit nicht belasten.
Sie biss sich auf die Lippe und schaute auf das
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